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Naphtali Epstein


Naphtali Epstein, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS III 318.

Naphtali Epstein

Sekretär und Oberrat des Oberrats der Israeliten Badens, * 11. August 1782 Karlsruhe, † 14. Oktober 1852 Karlsruhe, jüd., ledig.

Epstein wurde als Sohn des Bruchsaler Landesrabbiners Pelta Eppstein (1745-1821) und der Bürgerstocher Veilchen Wormser aus Karlsruhe geboren. Aufgewachsen ist er seit 1790 in Bruchsal, wo er von seinem Vater, einem Hauslehrer und von fürstbischöflichen Geistlichen eine umfassende höhere Ausbildung erhielt, die ihn auch zum Rabbiner befähigt hätte. Nach einer Reise nach Norddeutschland und Amsterdam unterstützte er seinen Vater bei dessen Amtsgeschäften, zu denen auch die innerjüdische Gerichtsbarkeit zählte. Mit einem Stipendium des mit dem Judenedikt von 1809 neu geschaffenen Oberrats der Israeliten Badens betrieb er bis 1811 als einer der ersten jüdischen Studenten an der Universität Heidelberg staatswissenschaftliche, juristische und pädagogische Studien. Bis 1816 arbeitete Epstein danach als Aktuar in Bruchsal und Karlsruhe, um sich Staatsverwaltungskenntnisse anzueignen. Seit 1814 nebenberuflich und ab 1816 bis zu seinem Tod hauptberuflich führte er dann die ihm schon 1809 zugesprochene Stelle als Oberratssekretär. Damit übernahm Epstein eine halbstaatliche Funktion und führte letztlich die eigentlichen Geschäfte des Oberrats.

In einer Zeit des Umbruchs galt er bei Vertretern des Judentums wie bei Hofe und den staatlichen Behörden dank seiner theologischen und administrativen Qualifikationen sowie seines Vermittlungsgeschicks als Glücksfall. An den auf das Judenedikt folgenden Debatten um die staatsbürgerliche Gleichstellung (Judenemanzipation) nahm er mit Denkschriften an den Großherzog und die Badische Ständeversammlung teil. Dabei erwies er sich als standhaft gegenüber der Zwangs- wie Selbstaufgabe jüdischer Traditionen. Er setzte sich dafür ein, dass Juden die neuen Möglichkeiten zur Erlernung handwerklicher Berufe nutzten und initiierte 1822 in Karlsruhe den "Verein zur Förderung des Ackerbaus unter den Israeliten", um Juden landwirtschaftlich auszubilden. Zu seinen großen Leistungen zählt die Schaffung eines öffentlichen jüdischen Schulwesens in Baden, verbunden mit einer besseren Lehrerqualifikation, die anderen deutschen Staaten als Vorbild diente. Ebenso gelang ihm die im Edikt von 1809 vorgesehene verwaltungsmäßige Hierarchisierung vom Oberrat über Provinz- und Bezirksebenen bis hinunter zu den Einzelgemeinden und 1827 die Reformierung des Oberrats. 1830 wurde er unter Beibehaltung seiner Aufgaben als Sekretär zum Oberrat ernannt.

Epstein selbst war beeinflusst von der jüdischen Aufklärung, der Haskala, von Moses Mendelssohn und David Friedländer. In seiner amtlichen Funktion nahm er jedoch immer eine Vermittlerrolle zwischen Traditionalisten und Reformern ein. Daraus erwuchs ihm aber auch Kritik von beiden Seiten. Sein Nachfolger Joseph Altmann vertrat eine strengere orthodoxe Richtung.

Der 1852 gegründete „Naphtali Epstein Verein“ oder "Hilfsverein für israelitische Lehrer in Baden und ihre Hinterbliebenen" beruht auf einer Spende jüdischer badischer Lehrer als Dank für die Verdienste von Epstein um Kultus und Unterricht. Er bestand bis zur Zerschlagung des jüdischen Lebens in Baden 1939/40. Epsteins Grab befindet sich auf dem jüdischen Friedhof an der Kriegsstraße.

Jürgen Schuhladen-Krämer 2014

Quelle

GLA 206/2979 (zur Naphtali-Epstein-Stiftung).

Werk

Gehorsamste Vorstellung an die hohe Zweite Kammer der Ständeversammlung des Großherzogtums Baden, betreffend die bürgerlichen und politischen Rechte der Badener israelitischer Religion, Karlsruhe 1832; Die Rechtsverhältnisse der öffentlichen israelitischen Schulen im Großherzogthum Baden, Karlsruhe 1843.

Literatur

Meir Heimerdinger: Naphtali Epstein, in: Badische Biographien, hrsg. von Friedrich von Weech, Bd. 1, Heidelberg 1875, S. 229 f. https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/pageview/249471 (Zugriff am 30. September 2022); Friedrich von Weech: Epstein, Naphtali, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 6, Leipzig 1877, S. 158 f.; Sigmund Reichenberger: Oberrat Naphtali Epstein, ein Lebensbild, in: Gedenkbuch zum hundertfünfundzwanzigsten Bestehen des Oberrats der Israeliten Badens, Frankfurt a. M. 1934, S. 105-123.