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Hermann Zimmer


Hermann Zimmer

Direktor der Großherzoglichen Verkehrsanstalten, * 1. Dezember 1814 Baden-Baden, † 14. November 1893 Karlsruhe, kath., später ev., ∞ 1. 1846 Maria Schlosser, 2. 1867 Elise Gerard.

Hermann Zimmers Vater, ein ehemaliger österreichischer Offizier, hatte sich im Großherzogtum Baden niedergelassen, um eine Stelle als Postexpeditor anzunehmen. Als er im ersten Lebensjahr seines Sohnes starb, übernahm Zimmers Mutter mit Erlaubnis des Großherzogs den Postbetrieb bis zur Volljährigkeit eines ihrer Söhne. Als einziger Sohn, der das Erwachsenenalter erreichte, trat Zimmer, der das Baden-Badener Pädagogium besucht und von einem Privatlehrer Unterricht erhalten hatte, 1831 als Aspirant in den Postdienst ein und übernahm als geprüfter Postpraktikant die Führung des Postexpeditions- und Posthaltereidienstes bis 1836. Anschließend wurde er Postoffizial beim Oberpostamt Karlsruhe und 1840 an die Oberpostdirektion Karlsruhe berufen. Aufgrund seiner Leistungen wurde er im selben Jahr Vorstand der Eisenbahnstation Heidelberg. Da Baden mit dem Bau und Betrieb von Eisenbahnen keine Erfahrung hatte, eignete sich Zimmer in Belgien die notwendigen Kenntnisse an. Hierbei kamen ihm seine französischen Sprachkenntnisse zugute, die er sich an einer Privatschule in Neuchâtel erworben hatte. Der sowohl technisch als auch organisatorisch mustergültige Betrieb der Bahnstrecke Mannheim-Heidelberg brachte Zimmer mit 27 Jahren einen Sitz im Kollegium der für den Eisenbahnbetrieb verantwortlichen Oberpostdirektion, wo er das Referat für Eisenbahnangelegenheiten leitete. Hier hatte er maßgeblichen Anteil am Bau der Main-Neckar-Bahn, zu deren Direktionsmitglied er berufen wurde.

1852 kehrte Zimmer als Oberpostrat zur Oberpostdirektion Karlsruhe zurück und wurde 1854, noch nicht 40-jährig, zum Direktor der Großherzoglichen Verkehrsanstalten ernannt. Als Organisationstalent mit hohem Sachverstand, rhetorischer Gewandtheit und bemerkenswertem Arbeitsethos gelang es Zimmer sowohl die technischen Schwierigkeiten eines durchgehenden Bahnverkehrs (Betriebsvorschriften, Spurweite) als auch die formalen Hindernisse (Tarifrecht, Fahrplanabsprache, Frachtbriefvereinheitlichung, Kartierung) zwischen einzelnen Linien, den deutschen Staaten sowie den benachbarten Ländern Frankreich und Schweiz zu beseitigen. Das in dieser Zeit eingegangene Angebot, Generaldirektor der Eisenbahnlinie Wien-Budapest zu werden, lehnte er wegen des in ihn gesetzten Vertrauens und aus Heimatverbundenheit ab.

Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 zeichnete Zimmer für den nahezu störungsfreien parallelen Betrieb der Badischen Bahn als Kriegsbahn zum Transport von Soldaten, Munition, Verpflegung, Verwundeten und Gefangenen und als Privatbahn für den Zivilverkehr verantwortlich. Darüber hinaus hatte Zimmer in seiner Funktion als Direktor der Verkehrsanstalten auch die Leitung der Postverwaltung inne. Obgleich er auf diesem Gebiet wenig Akzente setzte, gehen der Ausbau des deutsch-österreichischen Postwesens sowie die Reformen im Tax-, Post-, Kurs- und Landpostwesen auf ihn zurück. Zimmer, seit 1872 Generaldirektor der Badischen Staatseisenbahnen, reichte im Januar 1876 sein Pensionierungsgesuch ein, nachdem er infolge einer Verwaltungsreform organisatorische Zuständigkeiten abgeben musste. 1866 zum Geheimrat Zweiter Klasse ernannt, erhielt Zimmer für seine Dienste von Großherzog Friedrich I. 1876 das Kommandeurkreuz mit Eichenlaub des Ordens vom Zähringer Löwen. Außerdem ernannte der Monarch den ansonsten politisch nicht aktiven Zimmer für die Landtagssession 1885/86 zum Mitglied der Ersten Kammer der badischen Ständeversammlung.

Im Ruhestand arbeitete Zimmer in gemeinnützigen Einrichtungen und in der Privatwirtschaft. Auch befasste sich der fromme Katholik mit religiösen Themen und fand seine konfessionelle Heimat gegen Ende seines Lebens im Protestantismus.

Bereits zwei Jahre nach seinem Tod wurde 1895 in der Südstadt die Zimmerstraße nach ihm benannt.

René Gilbert 2016

Quellen

StadtAK 7/Nl Zollner 768; GLA 76/8929-8931.

Literatur

Emil Zittel: Hermann Zimmer, in: Badische Biographien Bd. 5, hrsg. von Friedrich von Weech und Albert Krieger, Heidelberg 1906, S. 840-849 https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/titleinfo/246264 (Zugriff am 23. Dezember 2020).