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Paul Pietsch


Paul Pietsch

Automobilrennfahrer, Verleger, * 20. Juni 1911 Freiburg i. Br., † 31. Mai 2012 Karlsruhe, ∞ 1. N. N.; 2. 1951 Dolores Pietsch (1925-1991), 1 Tochter, 1 Sohn.

Paul Pietsch war der Sohn eines Bierbrauers, der die Fürstenbergische Brauerei in Donaueschingen leitete. Nach dem Tod des Vaters 1925 wuchs er bei seiner Mutter auf, die auch die Führung des Unternehmens übernahm. Im Alter von 15 Jahren bekam Pietsch sein erstes Motorrad, das er durch eine Ausnahmegenehmigung bereits mit 16 Jahren "für Kundenbesuche" fahren durfte. Nach dem Abitur absolvierte Pietsch eine kaufmännische Lehre, die ihm einen halbjährigen Aufenthalt in England ermöglichte. Nachdem er bereits zum Abitur ein Auto geschenkt bekommen hatte, das in ihm den Wunsch weckte, Rennfahrer zu werden, verließ Pietsch 1931 den elterlichen Betrieb und kaufte sich im Folgejahr von seinem Erbe einen Bugatti Type 35 B. Als Teil der Renngemeinschaft PiLeSi (Hans Lewy aus Dresden, Hans Simons aus Berlin) belegte er mit seinem neuen Auto einige vordere Platzierungen bei Flugplatz- und Bergrennen in Deutschland und der Tschechoslowakei. Nach einem Überschlag beim Grand Prix auf dem Nürburgring, den er ohne schwere Verletzungen überstand, wechselte Pietsch das Fahrzeug und fuhr nun einen Alfa Romeo 8 C 2300 Spider Corsa, den er zum Monoposto umbaute.

Mehrere Siege bei Bergrennen in den Jahren 1933 und 1934 brachten Pietsch Werbeverträge mit Zulieferern und Angebote als Werksfahrer für Daimler-Benz und Auto Union ein. 1935 wechselte Pietsch als Nachwuchsfahrer zu Auto Union. Wegen erheblicher Gewöhnungsschwierigkeiten an den neuartigen V 16-Mittelmotor Grand-Prix Wagen gelangen ihm nur Platzierungen im Mittelfeld. Nach einer Rennpause 1936 wurde Pietsch 1937 bis 1939 einer der wenigen Maserati-Fahrer, die in der Silberpfeil-Ära Erfolge verbuchen konnten. Nach einem fünften Platz beim deutschen Grand Prix 1938 und einem zweiten Platz bei der Coppa Acerbo, erreichte Pietsch beim legendären Grand Prix von Deutschland 1939 auf dem Nürburgring trotz Problemen mit Bremse und Zündung nach anfänglicher Führung hinter den Silberpfeilen den dritten Platz. Im Zweiten Weltkrieg leistete Pietsch Kriegsdient als Fahrer bei Luftwaffen-Bodenverbänden.

1946 gründete Pietsch mit Ernst-Dietrich Troeltsch und Josef Hummel die Süddeutsche Renngemeinschaft Pietsch-Troeltsch-Hummel-Wimmer, die eine Renn- und eine Verlagsabteilung (Motor Presse Stuttgart) umfasste. Ende 1946 erschien die erste Ausgabe von Das Auto, die später als auto motor und sport die führende Fachzeitschrift für Automobilrennsport in Europa werden sollte. 1950 kehrte Pietsch auf die Rennstrecke zurück, wobei er überwiegend Sportwagen- und Formel-2-Rennen in Deutschland fuhr. In jenem Jahr gewann er beim Eifelrennen auf dem Nürburgring und im selben Jahr wurde er auf Veritas RS Deutscher Meister in der Sportwagenklasse bis 1500 cm³. 1951 folgten Siege beim Eifelrennen auf dem Nürburgring und beim Bergrennen am Schauinsland. Außerdem wurde Pietsch mit Veritas Meteor Deutscher Rennwagenmeister in der Formel-2. Zweimal startete er in diesem Jahr auch bei der Formel-1-Weltmeisterschaft. Da ihm seine verlegerische Tätigkeit immer weniger Zeit zum Motorsport ließ, beendete Pietsch seine aktive Zeit als Rennfahrer nach einem schweren Trainingsunfall bei einem Formel-2-Rennen auf der AVUS im September 1952.

In der Folge leitete Pietsch bis 1976 die Vereinigten Motorverlage Stuttgart. Anschließend übernahm er die Geschäftsführung des Verlags Motor Presse Stuttgart, der alle Firmen der Verlagsgruppe umfasst und heute mehr als 140 Magazine herausgibt. Für seine Verdienste wurde ihm 1991 die Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg verliehen. Seinen Lebensabend verbrachte Pietsch in Rüppurr bei seiner Schwägerin Jola Koelsch. Seit 1989 wird jährlich der International Paul Pietsch Award für innovative technische Entwicklungen im Automobilbereich verliehen.

René Gilbert 2017

Literatur

Erich Kahnt: Die Deutschen in der Formel 1, Bonn 2005, S. 10-15; Mike Riedner: Doppelsieg. Paul Pietsch – der Rennfahrer und Verleger, Stuttgart 2011.