Menü
Suche

Wolfgang Otto Martin Rutschke


Wolfgang Rutschke, September 1969, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A18/75/4/10.

Wolfgang Otto Martin Rutschke

Verwaltungsjurist, Politiker, * 27. November 1919 Heegermühle/heute zu Eberswalde/Lkr. Barnim, † 12. August 1996 Sankt Augustin, ev., ∞ 1. 1949 Elfriede Martin o|o; 2. 1952 Ruth Lindovsky, 1 Kind aus erster Ehe, 2 Kinder aus zweiter Ehe.

Wolfgang Rutschke war der Sohn des späteren Rektors der Stadtschule Königs Wusterhausen bei Berlin. Nach dem Besuch der Volksschule (1925-1929), dem Reformrealgymnasium und dem Köllnischen Gymnasium Berlin (1929-1939) begann Rutschke ein Jurastudium an der Universität Berlin, das er wegen seines Kriegsdiensts 1940/41 unterbrechen musste. Nach Wiederaufnahme des Studiums an der Universität Breslau legte Rutschke 1941 beim Oberlandesgericht Breslau das erste juristische Staatsexamen ab. Daran schloss sich 1941/42 ein Einsatz als Flakhelfer an. Als Schwerkriegsbeschädigter mit Gehbehinderung wurde Rutschke 1943 wegen Dienstunfähigkeit aus der Wehrmacht entlassen.

Er absolvierte anschließend das Referendariat in Stuttgart, Karlsruhe und Liegnitz und legte Anfang Februar 1945 die Große Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst vor dem Reichsprüfungsamt in Berlin ab. Bis 1948 folgten Tätigkeiten als Regierungsassessor im Landratsamt Halle/Saale, in der Landesdirektion des Innern in Karlsruhe, als Vertreter des Landrats in Sinsheim, im Landratsamt des Landkreises Mannheim in Weinheim sowie im Landratsamt Mosbach. Mit 29 Jahren wurde Rutschke 1948 zum Regierungsrat befördert, dem jüngsten in Württemberg-Baden, und zunächst zur Stadtverwaltung Mannheim abgeordnet, wo er die Leitung des Wohnungs- und Gewerbeamts übernahm. Im selben Jahr erfolgte seine Promotion zum Doktor beider Rechte an der Universität Heidelberg bei dem Staatsrechtler Walter Jellinek und seine Ernennung zum stellvertretenden Leiter des Landesamts für Soforthilfe Württemberg-Baden in Karlsruhe. Außerdem amtierte Rutschke als Vorsitzender des Beschwerdeausschusses beim Landesausgleichsamt. Zeitweilig war er als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter zum Verwaltungsgerichtshof Württemberg-Baden, Außenstelle Karlsruhe abgeordnet.

Ab 1950 arbeitete Rutschke als Referent im Landesamt für Soforthilfe. Unterbrochen wurde diese Tätigkeit 1950/51 durch einen neunmonatigen Studienaufenthalt in Los Angeles. Seit 1953 war Rutschke in der Lastenausgleichsverwaltung in Karlsruhe tätig. Seine jahrelange Erfahrung auf diesem Gebiet machte ihn in Deutschland zu einem der besten Kenner dieser komplexen Materie. Unter Ernennung zum Ministerialdirektor nahm Rutschke 1971 das Angebot von Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher an, Leiter der Abteilung Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte im Bundesinnenministerium zu werden. Noch im selben Jahr stieg er zum beamteten Staatssekretär auf. Seit 1973 Mitglied des Vorstands, übernahm Rutschke 1974 den Vorstandsvorsitz der Lastenausgleichsbank in Bonn (bis 1984).

Parteipolitisch betätigte sich Rutschke in der Freien Demokratischen Partei/Deutsche Volkspartei (FDP/DVP), in die er 1951 eingetreten war. 1953 bis 1963 amtierte er als Vorsitzender des FDP-Kreisverbands Karlsruhe-Land, anschließend bis 1971 als Vorsitzender des FDP-Kreisverbands Karlsruhe-Stadt. Außerdem war er Mitglied des Landesvorstands der FDP-Baden-Württemberg und seit 1956 stellvertretender Vorsitzender des FDP-Bezirksverbands Nordbaden. Als Europafreund betätigte sich Rutschke zudem als Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarats und der Westeuropäischen Union (WEU, 1964-1971).

1957 bis 1970 war Rutschke Bundestagsabgeordneter für den Wahlbezirk Karlsruhe-Land, danach bis zu seiner Mandatsniederlegung im Januar 1971 für den Wahlbezirk Karlsruhe-Stadt. Besondere Aktivität entfaltete er als Fraktionssprecher im Bundestag in allen Bereichen der sozialen Kriegsfolgefragen, wie des Lastenausgleichs, des Kriegsopferrechts, der Heimatvertriebenen, der Fliegergeschädigten sowie der DDR-Flüchtlinge und deren gerechter gesetzlicher Regelung. Für dieses Engagement erhielt Rutschke 1966 das Goldene Versehrtensportabzeichen, 1971 die Goldene Ehrennadel des Verbands der Kriegsgeschädigten sowie 1979 das Große Bundesverdienstkreuz (1984 mit Stern).

René Gilbert 2017

Werk

Das Wahlmanöver in rechtlicher Beleuchtung, Diss., Heidelberg 1948.

Literatur

Horst Ferdinand: Wolfgang Otto Martin Rutschke, in: Baden-Württembergische Biographien NF Band III, hrsg. von Bernd Ottnad und Fred L. Sepaintner, Stuttgart 2002, S. 333-336, https://www.leo-bw.de/detail/-/Detail/details/PERSON/kgl_biographien/106488112/Rutschke+Wolfgang+Otto+Martin (Zugriff am 12. Mai 2022).