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Wilhelm Brambach


Wilhelm Brambach, um 1935, Foto: privat.

Wilhelm Brambach

Altphilologe, Leiter der Großherzoglichen Hofbibliothek Karlsruhe, * 17. Dezember 1741 Bonn, † 26. Februar 1932 Karlsruhe, kath., ∞ 1869 Marie Genick, 1 Tochter.

Mit dem Altphilologen Wilhelm Brambach, Sohn des Klavierstimmers und Orgelbauers Franz Jacob Brambach, wurde 1872 ein Mann an die Spitze der Großherzoglichen Hof- und Landesbibliothek berufen, von dem die badische Regierung nichts Geringeres erwartete als die komplette Reorganisation des Bibliotheksbetriebs – hatte Vorgänger Johann Christoph Döll doch einen Zustand hinterlassen, den man heute Reformstau nennen würde. Brambach, der 1866 in Freiburg i. Br. Leiter der Universitätsbibliothek geworden war und zugleich als Professor für Klassische Philologie an der Universität lehrte, gehörte zu denjenigen, die erkannten, dass große Bibliotheken einen hauptberuflichen Leiter brauchten, dass das Zeitalter nebenamtlicher Professorenbibliothekare zu Ende ging.

Effizient packte Brambach seine erste große Aufgabe an, den Umzug von 122.000 Büchern aus dem sogenannten Apothekenflügel des Schlosses in das am Friedrichsplatz frisch errichtete Sammlungsgebäude, in dem neben der Hofbibliothek auch die anderen großherzoglichen Sammlungen untergebracht wurden. Er ließ die Bücher so in Umzugskisten verpacken, dass sie vor Ort gleich in der richtigen Reihenfolge in die Regale einsortiert werden konnten. Im Vorfeld hatte er eine moderne Aufstellungssystematik entworfen und jedem Buch eine daraus abgeleitete neue Signatur verpasst.

Mit der Überführung der Bibliothek von der Hof- in die Staatsverwaltung und mit der Erweiterung ihres Namens verbanden die politischen Entscheidungsträger der Haupt- und Residenzstadt die Erwartung, eine nicht nur von den Bewohnern Karlsruhes, sondern von allen Landesangehörigen "in freiester Weise" zu gebrauchende Büchersammlung zu schaffen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, entwarf Brambach ein neues Statut, das den Kreis der zur Ausleihe berechtigten Benutzer gegenüber der bisherigen Regelung deutlich erweiterte und die Öffnungszeiten großzügig ausdehnte. Mit der Eröffnung des Lesesaales, der Einrichtung eines Handschriftenzimmers, der transparenten Buchaufstellung und der verbesserten Erschließung des Bestandes durch ein ganzes Paket neuer Kataloge und Verzeichnisse wie beispielsweise gedruckter, im Handel erhältlicher Bestands- und Zugangsverzeichnisse, begann für die Verwaltung wie für die Benutzung der Bibliothek ein neues Zeitalter. Brambachs Reformen und Erneuerungen blieben über seine Pensionierung 1904 und über seinen Tod am 26. Februar 1932 hinaus wirksam. Sie legten den Grundstein dafür, dass aus einer ehemaligen Adelsbibliothek eine moderne wissenschaftliche Gebrauchsbibliothek werden konnte, die im Konzert der badischen und württembergischen Universitätsbibliotheken mitspielen konnte und deutschlandweit unter Fachleuten wie unter Wissenschaftlern Reputation erlangte.

Ludger Syré 2023

Werk

Die Großherzogliche Hof- und Landesbibliothek in Carlsruhe 1875, Karlsruhe 1875, https://digital.blb-karlsruhe.de/urn/urn:nbn:de:bsz:31-16220 (Zugriff am 10. Februar 2023); Die Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe. Bd. 1: Geschichte und Bestand der Sammlung. Karlsruhe: Groos 1891. Neudr. mit bibliograph. Nachtr. Wiesbaden: Harrassowitz 1970, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/content/titleinfo/3272 (Zugriff am 10. Februar 2023).

Literatur

Ulrich Weber: Brambach, Wilhelm, in: Bernd Ottnad (Hrsg.): Badische Biographien. NF Bd.1, Stuttgart 1982, S. 78-79; Ulrich Weber: Wilhelm Brambach und die Reorganisation der Grossherzoglichen Badischen Hof- und Landesbibliothek in Karlsruhe (1874–1904) (= Arbeiten aus dem Bibliothekar-Lehrinstitut des Landes Nordrhein-Westfalen, Bd. 3), Köln: Bibliothekar-Lehrinstitut 1954; Ludger Syré (Hrsg.): Zwischen Bibliothek und Wissenschaft. Wilhelm Brambachs Briefe an Karl Dziatzko und weitere Kollegen. Berlin: Logos Verlag 2008 (= Berliner Arbeiten zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft, 24).