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Johann Christoph Döll


Johann Christoph Döll, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS III 259.

Johann Christoph Döll

Bibliothekar, Lehrer und Botaniker, * 21. Juli 1808 Mannheim, + 10. März 1885 Karlsruhe, ev., ledig.

Als nach dem Tode Friedrich Molters 1842 die Stelle des Vorstands der Großherzoglichen Hofbibliothek wieder zu besetzen war, entschied man sich in Karlsruhe unter mehreren namhaften Bewerbern für den am 21. Juli 1808 in Mannheim geborenen Gelehrten Johann Christoph Döll. Dieser unterrichtete seit 1832 in seiner Heimatstadt als Gymnasialprofessor und besaß schon damals einen Ruf als renommierter Wissenschaftler, namentlich auf dem Gebiet der Pflanzenkunde. Er verfasste zeit seines Lebens nicht nur Lehrbücher zur lateinischen und englischen Sprache, sondern gewann mit seinen botanischen Werken, darunter die Rheinische Flor und die dreibändige Flora des Großherzogtums Baden (1857-1862), höchste Anerkennung. 1865 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Zwei Pflanzengattungen wurden nach ihm benannt.

Über die Frage, ob er realistische Vorstellungen vom Zustand der Hofbibliothek und von den auf ihn wartenden Aufgaben hatte, lässt sich nur spekulieren. Als er 1843 sein Amt antrat, galt es, die aus den aufgehobenen badischen Klöstern übernommenen Handschriften und Drucke sachgerecht unterzubringen und das trotz des sehr geringen Erwerbungsetats kontinuierliche Anwachsen der Bibliotheksbestände zu bewältigen. Die räumliche Enge, die im Laufe der folgenden Jahrzehnte die Benutzbarkeit der Bibliothek überhaupt in Frage stellte, ließ sich letztlich nur auf baulichem Wege beheben und lag insoweit nicht in Dölls Hand. Er unternahm jedoch verschiedene Reisen, um sich über zeitgemäße Bibliotheksarchitektur zu informieren.

Sein zögerliches, wenig tatkräftiges Handeln in bibliothekspraktischen Fragen, beispielsweise hinsichtlich der dringlichen Aufgaben, einen neuen Realkatalog anzulegen oder das Problem der vielen Dubletten zu lösen, lässt indes erkennen, dass die Verwaltungstätigkeit ihm nicht lag oder ihn nicht interessierte. Besonders unglücklich war sein Agieren in der Frage des Pflichtexemplars für Baden; in der Entgegennahme sah er nur eine Last. Nicht zuletzt aufgrund seiner negativen Stellungnahme hob der Großherzog zur Genugtuung der badischen Verleger 1869 die Pflichtexemplarverordnung von 1825 auf – und bei dieser Gesetzeslücke blieb es bis zur Neufassung des Gesetzes 1936. Es war nicht Dölls Verschulden, dass die großherzogliche Verwaltung die mehrmonatige Vakanz in der Bibliotheksleitung dazu genutzt hatte, 1843 ein äußerst restriktives Benutzungsstatut für die Hofbibliothek durchzudrücken. Aber es war Döll, der sich in besonderer Pflichttreue eng an die Auslegung der Benutzungsvorschriften hielt und damit insbesondere auswärtige Wissenschaftler verärgerte.

Erschöpft und gezeichnet von vielen Krankheiten, unter denen auch die Arbeit im Münzkabinett litt, das damals noch Bestandteil der Hofbibliothek war, ging Döll 1872 in Pension, um sich fortan seinen botanischen Forschungen zu widmen.

Ludger Syré 2023

Werk

Lehrbuch der englischen Sprache nach Hamilton‘schen Grundsätzen. Mit einer sammlung von Musterstücken der englischen Literatur und einen dazugehörigen Wörterbuche, Mannheim 1836; Rheinische Flora. Beschreibung der wildwachsenden und cultivirten Pflanzen des Rheingebiets vom Bodensee bis zur Mosel und Lahn, mit besonderer Berücksichtigung des Grossherzogthums Baden, Frankfurt 1843; Elementarbuch der lateinischen Sprache; Mannheim1844, 2., verb. Aufl. 1847; Der Erzähler. Ein belehrendes Lesebuch für Jedermann, Karlsruhe 1850: Flora des Großherzogthums Baden, 3 Bde., Karlsruhe 1857-1862.

Literatur

Paul Weihnacht: Johann Christoph Döll als Vorstand der Karlsruher Hofbibliothek 1843-1872, in: Otto Glaunig zum 60. Geburtstag. Festgabe aus Wissenschaft und Bibliothek, hrsg. von Heinrich Schreiber, Bd. 2., Leipzig 1938, S. 150-159; Engelbert Strobel: Johann Christoph Döll (1808-1885), in: Badische Heimat 49 (1969), S. 199-201.