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Kraichgaubahn


Lok der Kraichgaubahn auf der Pfinzbrücke bei Grötzingen vor der Eröffnung, 1879, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS 245/3.

Kraichgaubahn

Die 65 Kilometer lange Kraichgaubahn beginnt heute am Karlsruher Albtalbahnhof und verläuft zunächst durch die Karlsruher Innenstadt, führt anschließend über die Bahnhöfe Durlach und Grötzingen weiter nach Bretten und Eppingen bis nach Heilbronn.

Ihren Anfang nahm die Kraichgaubahn im Herbst 1876, als die Karlsruher Stadtverwaltung mit dem Ziel der besseren Verbindung des Umlandes mit der Stadt von der badischen Regierung die Konzession zum Bau einer Eisenbahnstrecke von Durlach nach Eppingen erhielt. Nach rund drei Jahren Bauzeit wurde die eingleisige Strecke Karlsruhe – Heilbronn im Herbst 1880 durch die Firma Holzmann & Cie. fertig gestellt. Als erster und einziger Schnellzug verkehrte auf der Kraichgaubahn von 1906-1914 der Paris-Karlsbad-Express, ein Luxuszug, der als sogenannter Flügelzug des Orientexpress fungierte und Wagen von Calais und Paris über Straßburg nach dem tschechischen Kurort Karlsbad überführte. Wie geplant spielte die Bahnlinie für die wachsende Zahl der Fabrikarbeiter aus dem Kraichgau und die Lebensmittelversorgung der Stadt lange Zeit eine Rolle.

Durch die zunehmende Motorisierung der Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die Kraichgaubahn ab den 1960er-Jahren allmählich als Verbindungsstrecke zwischen Heilbronn und Karlsruhe an Bedeutung. 1976 plante die Deutsche Bundesbahn daher die Kraichgaubahn stillzulegen, was jedoch zu Protesten in der Bevölkerung führte und schließlich abgewendet werden konnte.

Ein neues Kapitel in der Geschichte der Kraichgaubahn ergab sich einige Jahre später, als 1983 unter Federführung der Verkehrsbetriebe Karlsruhe ein Forschungsvorhaben für die Verknüpfung von Straßenbahn- und Eisenbahnstrecken (Tram-Train-System) entwickelt wurde, wofür die Kraichgaubahn als Demonstrationsstrecke dienen sollte. Nach mehreren Versuchsfahrten mit Zweisystem-Stadtbahnwagen im Karlsruher Raum wurde im September 1992 die weltweit erste Zweisystem-Stadtbahnstrecke zwischen Karlsruhe und Bretten (Linie B) in Betrieb genommen. Dieser Schritt sollte entscheidend sein für das Gelingen des sogenannten Karlsruher Modells, einem Verkehrssystem, das die Mitnutzung des Eisenbahnnetzes für Stadtbahnen ermöglicht, um umsteigefreie und damit attraktive Stadt-Umlandverbindungen zu schaffen. Mit der Gründung des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV) 1994 kam es zur Umbenennung der Linie B in die neue Linie S4, deren Fahrstrecke in beiden Richtungen inzwischen bis nach Öhringen und Achern ausgeweitet wurde. Ab 1994 pachtete die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) in mehreren Schritten die gesamte Strecke der Kraichgaubahn bzw. der Linie S4.

René Gilbert 2015

Quellen

StadtAK 1/H-Reg Nr. 1600-1608.

Literatur

Bundesbahndirektion Karlsruhe/Bundesbahn-Betriebsamt Heidelberg (Hrsg.): 100 Jahre Kraichgaubahn 1879-1979, Heidelberg 1979; Albtal-Verkehrs-Gesellschaft mbH (Hrsg.): Die Kraichgaubahn: Schienenverkehr zwischen Karlsruhe und Eppingen von den Anfängen bis heute, Ubstadt-Weiher 2004.