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De:Lexikon:ins-0299: Unterschied zwischen den Versionen

 
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=Zum Ochsen Durlach=
=Zum Ochsen Durlach=


1664 wird die Schildwirtschaft Zum Ochsen in <lex id="top-0558">Durlach</lex> erstmals urkundlich erwähnt. Sie lag im Endreßviertel der Pfinzvorstadt, heute <lex id="top-2173">Pfinzstraße</lex> 64, und erhielt vermutlich von dem ihr gegenüber liegenden <lex id="top-2171">Ochsentor</lex> ihren Namen. 1666 soll ein Pastetenbäcker die Wirtschaft betrieben haben, 23 Jahre später ist der Metzger Christof Zachmann als Wirt belegt. Nach der Zerstörung Durlachs durch die Franzosen 1689 baute Zachmann den Ochsen wieder auf und betrieb ihn bis zu seinem Tod 1714. Der Ochsen blieb im Besitz der vermögenden Familie Zachmann, wurde aber verpachtet. Das Grundstück der Gastwirtschaft stieß mit der Rückseite an die <lex id="top-2170">Pfinz</lex>, links daneben befand sich die <lex id="ins-0065">Fayencemanufaktur</lex>.
1664 wird die Schildwirtschaft Zum Ochsen in <lex id="top-0558">Durlach</lex> erstmals urkundlich erwähnt. Sie lag im Endreßviertel der Pfinzvorstadt, heute <lex id="top-2173">Pfinzstraße</lex> 64, und erhielt vermutlich von dem ihr gegenüber liegenden <lex id="top-2171">Ochsentor</lex> ihren Namen. Das Grundstück der Gastwirtschaft stieß mit der Rückseite an die <lex id="top-2170">Pfinz</lex>, links daneben befand sich die <lex id="ins-0065">Fayencemanufaktur</lex>.


1666 soll ein Pastetenbäcker die Wirtschaft betrieben haben, ab 1680 ist der Metzger Christof Zachmann als Wirt belegt. Nach der Zerstörung Durlachs durch die Franzosen 1689 baute Zachmann den Ochsen wieder auf und betrieb ihn bis zu seinem Tod 1714. Der Ochsen blieb im Besitz der vermögenden Familie Zachmann, wurde aber verpachtet.
1746 heiratete der aus Münzesheim stammende Küfer Johann Jakob Koch die Witwe des letzten Pächters Sebastian Krieg. Nach einem gründlichen Umbau und einer kompletten Renovierung erhielt das Gebäude sein bis heute unverändertes Aussehen. Über der Tür ließ Koch neben der Jahreszahl auch seinen Namen anbringen. Nach dem Umbau des Ochsen befanden sich die Gasträume im Obergeschoss, während das aus einem Zimmer, einer Kammer und einer Küche bestehende Erdgeschoss von den Wirtsleuten bewohnt wurde. Mitte des 18. Jahrhunderts lief die Gastwirtschaft schlecht und wurde 1771 nicht betrieben. Auf Grund der Lage vor der Stadtmauer und den Stadttoren wurde die Gastwirtschaft hauptsächlich von Fuhrleuten und Knechten, später von Arbeitern der benachbarten Fayence besucht. Dass die Wirtschaft nicht sonderlich florierte, musste Koch nicht sorgen, da er zugleich in größerem Maß als Landwirt tätig war. Nach Kochs Tod 1771 führte sein Schwiegersohn Georg Christian Renck den Ochsen von 1773 bis 1814 weiter.


1740 galt die Wirtschaft "als schlecht gegend". Sechs Jahre später heiratete der aus Münzesheim stammende Küfer Johann Jakob Koch die Witwe des letzten Pächters Sebastian Krieg. Nach einem gründlichen Umbau und einer kompletten Renovierung erhielt das Gebäude sein bis heute unverändertes Aussehen. Über der Tür ließ Koch neben der Jahreszahl auch seinen Namen anbringen. Nun befanden sich die Gasträume im Obergeschoss, während das aus einem Zimmer, einer Kammer und einer Küche bestehende Erdgeschoss von den Wirtsleuten bewohnt wurde. Auf Grund der Lage wurde die Gastwirtschaft hauptsächlich von Fuhrleuten, Knechten und später von Arbeitern der benachbarten Fayence besucht. Dass die Wirtschaft nicht sonderlich florierte, musste Koch nicht sorgen, da er zugleich in größerem Maß als Landwirt tätig war. Nach einer Schließung 1771 und Kochs Tod führte sein Schwiegersohn Georg Christian Renck den Ochsen von 1773 bis 1814 weiter.
Eine entscheidende Neuerung veranlasste der Pächter Michael Kramer 1839. Er kam den neu entstehenden Bedürfnissen der Stadtbewohner nach Natur und Unterhaltung mit einer Gartenbewirtung, musikalischer Unterhaltung und der Eröffnung einer Kegelbahn nach. Damit erschloss er dem Ochsen ein bürgerliches Publikum. Das blieb dem Lokal auch unter mehreren Pächtern der Familie Feser um die Jahrhundertwende bis 1927 erhalten.


Eine entscheidende Neuerung veranlasste der Pächter Michael Kramer 1839. Er kam den neu entstehenden Bedürfnissen der Stadtbewohner nach Natur und Unterhaltung mit einer Gartenbewirtung, musikalischer Unterhaltung und der Eröffnung einer Kegelbahn nach. Damit erschloss er den Ochsen einem bürgerliches Publikum, das dem Lokal auch unter mehreren Pächtern der Familie Feser um die Jahrhundertwende bis 1927 erhalten blieb.
Der Aufschwung kam mit Karl Karl Christian Zoller, der in diesem Jahr mit seiner Frau Anita den Ochsen erwarb und ihn 1953 an seinen Sohn Hans übergab. Von diesm übernahmen 1980 seine Tochter Anita und deren Mann Gérard Jollit. Beide Ehepartner hatten in internationalen Häusern in Frankreich der Schweiz und England eine Ausbildung im Hotelgewerbe absolviert. Sie ließen das Haus zunächst renovieren und umbauen: Die Sandsteingewände der Fenster wurden restauriert, das Fachwerk der Giebelwände sichtbar gemacht und Gästezimmer eingerichtet. Dann eröffnete 1981 der Ochsen neu als eines der ersten französischen Gourmets-Restaurants in Deutschland. 1990 erhielt der Ochsen, dessen Küche Anita Jollit als Autodidaktin führte einen Michelin Stern.


Der Aufschwung kam mit Karl Christian Zoller, der 1927 mit seiner Frau Anita den Ochsen erwarb. Seitdem wurde das beliebte Speiselokal von Mitgliedern der Familie Zoller geführt. 1953 übernahm Sohn Hans. Ihm folgten 1980 seine Tochter Anita und deren Mann Gérard Jollit. Beide Ehepartner hatten in internationalen Häusern in Frankreich, der Schweiz und England eine Ausbildung im Hotelgewerbe absolviert. Sie ließen das Haus zunächst renovieren und umbauen: Die Sandsteingewände der Fenster wurden restauriert, das Fachwerk der Giebelwände sichtbar gemacht. der Restauranteingang von der Straßenfront in die Hofeinfahrt verlegt und Gästezimmer eingerichtet. Dann eröffnete 1981 der Ochsen neu als eines der ersten französischen Gourmets-Restaurants in Deutschland. 1990 erhielt der Ochsen, dessen Küche Anita Jollit als Autodidaktin führte einen Michelin Stern.
Ende des Jahres 2020 ging das Ehepaar Jollit nach dem Verkauf des Anwesens in den Ruhestand. Da sich die Pläne zur Fortführung des Restaurants nicht realisieren ließen, endete nach 358 Jahren die Geschichte des Gasthauses zum Ochsen. Er und später sein Sohn Hans machten den Ochsen zu einem beliebten Speiselokal, das auch über eine Kegelbahn verfügte. <div style="text-align:right;">''Anke Mührenberg 2012/Manfred Koch 2024''</div>

Ende des Jahres 2020 ging das Ehepaar Jollit nach dem Verkauf des Anwesens in den Ruhestand. Da sich die Pläne zur Fortführung des Restaurants nicht realisieren ließen, endete nach 356 Jahren die Geschichte des Gasthauses zum Ochsen. Das Wirtshausschild wurde dem Pfinzgaumusuem überlassen. <div style="text-align:right;">''Anke Mührenberg 2012/Manfred Koch 2024''</div>


==Quellen==

Badische Neueste Nachrichten (BNN) vom 21. Dezember 2020 https://bnn.de/karlsruhe/karlsruhe-stadt/das-edel-restaurant-zum-ochsen-hat-in-karlsruhe-durlach-eine-zukunft (Zugriff am 13. Mai 2024), 9. Januar 2021, 19. Februar 2021 und 13. März 2021.


==Literatur==
==Literatur==
Karl Gustav Fecht: Geschichte der Stadt Durlach, Heidelberg 1869 (Nachdruck Karlsruhe-Durlach 1969; Lisa Brackmann/Anke Mührenberg: Gastwirtschaften in Durlach vom Mittelalter bis heute, Karlsruhe 2008; Peter Güss mit Fotos von Klaus Epple: Durlacher Häusergeschichten, hrsg. vom Freundeskreis Pfinzgaumuseum – Historischer Verein Durlach e.V., Neulingen 2022, S. 110 f. (= Beiträge zur Geschichte Durlachs und des Pinzgaus Bd. 1).
Karl Gustav Fecht: Geschichte der Stadt Durlach, Heidelberg 1869 (Nachdruck Karlsruhe-Durlach 1969); Lisa Brackmann/Anke Mührenberg: Gastwirtschaften in Durlach vom Mittelalter bis heute, Karlsruhe 2008; Peter Güss mit Fotos von Klaus Epple: Durlacher Häusergeschichten, hrsg. vom Freundeskreis Pfinzgaumuseum – Historischer Verein Durlach e.V., Neulingen 2022, S. 110 f. (= Beiträge zur Geschichte Durlachs und des Pinzgaus Bd. 1).

Aktuelle Version vom 16. Mai 2024, 10:46 Uhr


Postkarte Gasthaus zum Ochsen, 1930er-Jahre, Pfinzgaumuseum Durlach U I 122,5.

Zum Ochsen Durlach

1664 wird die Schildwirtschaft Zum Ochsen in Durlach erstmals urkundlich erwähnt. Sie lag im Endreßviertel der Pfinzvorstadt, heute Pfinzstraße 64, und erhielt vermutlich von dem ihr gegenüber liegenden Ochsentor ihren Namen. Das Grundstück der Gastwirtschaft stieß mit der Rückseite an die Pfinz, links daneben befand sich die Fayencemanufaktur.

1666 soll ein Pastetenbäcker die Wirtschaft betrieben haben, ab 1680 ist der Metzger Christof Zachmann als Wirt belegt. Nach der Zerstörung Durlachs durch die Franzosen 1689 baute Zachmann den Ochsen wieder auf und betrieb ihn bis zu seinem Tod 1714. Der Ochsen blieb im Besitz der vermögenden Familie Zachmann, wurde aber verpachtet.

1740 galt die Wirtschaft "als schlecht gegend". Sechs Jahre später heiratete der aus Münzesheim stammende Küfer Johann Jakob Koch die Witwe des letzten Pächters Sebastian Krieg. Nach einem gründlichen Umbau und einer kompletten Renovierung erhielt das Gebäude sein bis heute unverändertes Aussehen. Über der Tür ließ Koch neben der Jahreszahl auch seinen Namen anbringen. Nun befanden sich die Gasträume im Obergeschoss, während das aus einem Zimmer, einer Kammer und einer Küche bestehende Erdgeschoss von den Wirtsleuten bewohnt wurde. Auf Grund der Lage wurde die Gastwirtschaft hauptsächlich von Fuhrleuten, Knechten und später von Arbeitern der benachbarten Fayence besucht. Dass die Wirtschaft nicht sonderlich florierte, musste Koch nicht sorgen, da er zugleich in größerem Maß als Landwirt tätig war. Nach einer Schließung 1771 und Kochs Tod führte sein Schwiegersohn Georg Christian Renck den Ochsen von 1773 bis 1814 weiter.

Eine entscheidende Neuerung veranlasste der Pächter Michael Kramer 1839. Er kam den neu entstehenden Bedürfnissen der Stadtbewohner nach Natur und Unterhaltung mit einer Gartenbewirtung, musikalischer Unterhaltung und der Eröffnung einer Kegelbahn nach. Damit erschloss er den Ochsen einem bürgerliches Publikum, das dem Lokal auch unter mehreren Pächtern der Familie Feser um die Jahrhundertwende bis 1927 erhalten blieb.

Der Aufschwung kam mit Karl Christian Zoller, der 1927 mit seiner Frau Anita den Ochsen erwarb. Seitdem wurde das beliebte Speiselokal von Mitgliedern der Familie Zoller geführt. 1953 übernahm Sohn Hans. Ihm folgten 1980 seine Tochter Anita und deren Mann Gérard Jollit. Beide Ehepartner hatten in internationalen Häusern in Frankreich, der Schweiz und England eine Ausbildung im Hotelgewerbe absolviert. Sie ließen das Haus zunächst renovieren und umbauen: Die Sandsteingewände der Fenster wurden restauriert, das Fachwerk der Giebelwände sichtbar gemacht. der Restauranteingang von der Straßenfront in die Hofeinfahrt verlegt und Gästezimmer eingerichtet. Dann eröffnete 1981 der Ochsen neu als eines der ersten französischen Gourmets-Restaurants in Deutschland. 1990 erhielt der Ochsen, dessen Küche Anita Jollit als Autodidaktin führte einen Michelin Stern.

Ende des Jahres 2020 ging das Ehepaar Jollit nach dem Verkauf des Anwesens in den Ruhestand. Da sich die Pläne zur Fortführung des Restaurants nicht realisieren ließen, endete nach 356 Jahren die Geschichte des Gasthauses zum Ochsen. Das Wirtshausschild wurde dem Pfinzgaumusuem überlassen.

Anke Mührenberg 2012/Manfred Koch 2024


Quellen

Badische Neueste Nachrichten (BNN) vom 21. Dezember 2020 https://bnn.de/karlsruhe/karlsruhe-stadt/das-edel-restaurant-zum-ochsen-hat-in-karlsruhe-durlach-eine-zukunft (Zugriff am 13. Mai 2024), 9. Januar 2021, 19. Februar 2021 und 13. März 2021.

Literatur

Karl Gustav Fecht: Geschichte der Stadt Durlach, Heidelberg 1869 (Nachdruck Karlsruhe-Durlach 1969); Lisa Brackmann/Anke Mührenberg: Gastwirtschaften in Durlach vom Mittelalter bis heute, Karlsruhe 2008; Peter Güss mit Fotos von Klaus Epple: Durlacher Häusergeschichten, hrsg. vom Freundeskreis Pfinzgaumuseum – Historischer Verein Durlach e.V., Neulingen 2022, S. 110 f. (= Beiträge zur Geschichte Durlachs und des Pinzgaus Bd. 1).