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Hedwig Friederike Karoline Auguste Kettler (geb. Reder)


Hedwig Kettler, um 1905, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 1575.

Hedwig Friederike Karoline Auguste Kettler (geb. Reder)

Frauenrechtlerin, Bildungsreformerin, * 19. September 1851 Harburg/heute Hamburg-Harburg, † 5. Januar 1937 Berlin, ev., ∞ 1880 Julius Kettler (1852-1921), 2 Töchter.

Hedwig Kettler, deren Vater Eisenbahnbetriebsdirektor in Osnabrück war, erhielt dort die damals für Mädchen aus diesen Kreisen übliche Ausbildung an der Höheren Töchterschule. Eine weitere schulische Ausbildung blieb ihr verwehrt. Als Reaktion darauf gründete die frisch verheiratete Kettler 1881 und 1887 die Zeitschriften "Frauenberuf, Zeitschrift für die Interessen der Frauenfrage" und "Bibliothek der Frauenfrage", in denen sie in zahlreichen Artikeln den gleichen Zugang zu Bildungseinrichtungen für Frauen forderte. Konkret ging es ihr dabei um die Einrichtung von Mädchengymnasien, und in der Konsequenz um die Zulassung von Frauen zum Abitur und Universitätsstudium. Um den Frauen mit den erworbenen Abschlüssen den Zugang zu einem adäquaten Beruf zu erleichtern, gründete Kettler 1888 in Weimar den Deutschen Frauenverein Reform (seit 1891 Verein Frauenbildungsreform), der für die gymnasiale Schulbildung und die Öffnung wissenschaftlicher Berufe für Frauen eintrat.

Nach Jahren des intensiven Werbens in allen Staaten des Deutschen Reichs stieß Kettler 1893 im Großherzogtum Baden und in der Stadt Karlsruhe auf Sympathie für ihr Anliegen. Mit ihrem Verein war sie maßgeblich für die Eröffnung des ersten deutschen Mädchengymnasiums (heute Lessing-Gymnasium) am 16. September 1893 in Karlsruhe verantwortlich. 1899 legten im Gebäude des heutigen Fichte-Gymnasiums die ersten vier Schülerinnen ihr Abitur ab. Dieser Erfolg führte in der Folge zur Einrichtung weiterer Mädchengymnasien, darunter in Berlin, Breslau, Köln und Hannover (ihrem Wohnort), die fast ausschließlich von Kettler und ihrem Verein finanziert wurden.

Da sich Kettler bei ihren anschließenden Bemühungen für die völlige Gleichstellung von Jungen- und Mädchengymnasien vom Verein Frauenbildungsreform nicht unterstützt fühlte, gab sie 1901 den Vereinsvorsitz ab und gründete 1902 das Komitee für vollständige Mädchengymnasien. Als sie mit diesem Komitee nicht an den Erfolg früherer Tage anknüpfen konnte, beendete Kettler ihr Engagement in der Frauenbildung. Von 1905-1922 war sie literarisch und publizistisch tätig. Sie schrieb Beiträge für Zeitschriften wie Westermanns Monatshefte und veröffentlichte Alltagsgeschichten unter dem Pseudonym Gotthard Kurland. Zuletzt arbeitete sie als Lektorin und Redakteurin für den Berliner Flemming-Verlag. Nach dem Tod ihres Mannes lebte Kettler zurückgezogen in Berlin.

René Gilbert 2016

Quelle

Nachlass im Stadtarchiv Hannover.

Werk

Was ist Frauen-Emanzipation? – Vortrag, gehalten in Berlin auf der zweiten Generalversammlung des "Deutschen Frauenvereins Reform", Weimar 1891; Was wird aus unsern Töchtern?, Weimar 1891; Das erste deutsche Mädchengymnasium, Weimar 1893; Ihre eigne Schuld, Stuttgart 1903.

Literatur

Hugo Willich: Kettler, Hedwig, geborene Reder, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Bd. 11, Berlin 1977, S. 558; Marion Bock: Hedwig Kettler (1851-1937), Gründerin des ersten deutschen Mädchengymnasiums, in: Angela Dinghaus (Hrsg.): Frauenwelten, biographisch-historische Skizzen aus Niedersachsen, Hildesheim 1993, S. 210-220; Eva Hirtler: Karlsruhe 1893 – Das erste deutsche Mädchengymnasium, in: Leonhard Müller/Manfred Koch (Hrsg.): Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge 1988-1993, Karlsruhe 1994, S. 9-12, Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 28. Oktober 2022); Viktoria Scherr: Hedwig (Johanna) Kettler (1851-1937), in: Hans-Ulrich Grunder/Karin de la Roi-Frey (Hrsg.): Reformfrauen in der Schule. Ein Lesebuch, Baltmannsweiler 2005, S. 37-47.