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Roland Scholl


Roland Scholl

Chemiker, * 30. September 1865 Zürich, † 22. August 1945 Mörtitz/Gde. Doberschütz/Lkr. Nordsachsen, ev.

Roland Heinrich Scholl war der Sohn eines badischen Kaufmanns und legte das Abitur am Gymnasium Zürich ab. 1883 begann er ein Studium der Chemie und Physik an der Universität Würzburg, wo er auch Lehrveranstaltungen seines Onkels Johannes Wislicenus besuchte. Nach Ableistung des Militärdiensts bei einem bayerischen Regiment setzte Scholl sein Studium 1885 bis 1887 am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich fort. Anschließend arbeitete er bis 1893 als Assistent in Zürich und wurde 1890 an der Universität Basel promoviert. Nach seiner Habilitation am Polytechnikum in Zürich hielt Scholl als Privatdozent dort und an der Universität Zürich seit 1893 Vorlesungen für Chemie. Zusätzlich erhielt er 1895 Lehraufträge für Chemie an der Tierarzneischule und für Warenkunde an der Schweizer Handelsakademie in Zürich. 1896 nahm Scholl einen Ruf der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe an und wurde 1897 außerordentlicher Professor für anorganische Chemie und stellvertretender Leiter des chemischen Labors. 1902 wechselte er als leitender Assistent zur organischen Chemie. Trotz einer 1906 erfolgten Beförderung zum Leiter der Abteilung für organische Chemie und einer planmäßig außerordentlichen Professur für organische Chemie wechselte Scholl 1907 als Ordinarius für Chemie an die Universität Graz. 1914 bis 1916 leistete er freiwillig Kriegsdienst. Anschließend ging Scholl an die TH Dresden, wo er bis zu seiner Emeritierung 1934 ordentlicher Professor und Direktor des Instituts für organische Chemie und organisch-technische Chemie war. Im November 1933 gehörte Scholl zu den Unterzeichnern des Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler.

Bereits zu Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn mit einer Untersuchung über die Struktur der Knallsäure bekannt geworden, arbeitete Scholl in seiner Karlsruher Zeit vor allem zur Chemie der hochkondensierten aromatischen Kohlenwasserstoffe, wofür er in enger wissenschaftlicher Verbindung zur BASF stand. Technischen Neuerungen stets aufgeschlossen, verwendete Scholl nach der Veröffentlichung der Mikroanalyse durch Fritz Pregl als einer der ersten die Mikrowaage. Später beschäftigte er sich mit der Chemie der Küpenfarbstoffe, Indanthren und Flavanthren. Bei der Arbeit über die Flavanthrensynthese gelang ihm die Herstellung des Pyranthron, dem ersten stickstoff- und schwefelfreien Küpenfarbstoff. Wegen eines Augenleidens, das zur fast vollständigen Erblindung führte, wurde Scholl gegen Ende seiner Forschungstätigkeit in seiner Arbeit stark behindert.

Scholl, der als hervorragender Lehrer galt und vor allem Experimente beispielhaft durchführte, veröffentlichte etwa 180 wissenschaftliche Abhandlungen. Zu seinen Auszeichnungen gehören die Aufnahmen als korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien 1916 und als ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften in Leipzig 1920. 1930 wurde Scholl Auswärtiges Ausschussmitglied der Deutschen Chemischen Gesellschaft in Berlin sowie Ehrenmitglied der von ihm mitbegründeten Chemischen Gesellschaft in Karlsruhe. 1944 erhielt er die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft. Scholl starb in einem Flüchtlingslager, in dem er nach den Bombenangriffen auf Dresden zuletzt gelebt hatte.

René Gilbert 2017

Quelle

KIT-Archiv 28002/435.

Werk

Ueber die Tautomerie der Anthrachinon-α-carbonsäure-chloride und die Konstitution der sog. Aroyl-exanthronyle, Helsinki 1927; Weitere Untersuchungen über Veränderungen der Reaktionslage des Birnbaumes (Pirus communis L.) gegenüber der Mistel (Viscum album L.), Berlin 1956 [Diss.].

Literatur

Alois Zinke/Otto Dischendorfer: Roland Scholl zum 60. Geburtstag, in: Zeitschrift für Angewandte Chemie 38 (1925), S. 901-903; Friedrich Raab: Die Technische Hochschule Fridericiana Karlsruhe, Festschrift zur 125-Jahrfeier, Karlsruhe 1950, S. 144; Alois Kernbauer: Scholl, Roland (Heinrich), in: Österreichisches Biographisches Lexikon, Bd. 11, hrsg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1999, S. 119 f.