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Gottfried Fuchs

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Ausschnitt aus einem Mannschaftsfoto des KFV von 1911, Stadtarchiv Karlsruhe 8/SpoA 5316.

Gottfried Erik Fuchs

Fußballspieler, Kaufmann, * 3. Mai 1889 Karlsruhe, † 25. Februar 1972 Montreal-Westmont/Kanada, jüd., ∞ 1923 Eugenia Steinberg, 3 Kinder.

Der Sohn des jüdischen Kaufmanns Gustav Fuchs besuchte in Karlsruhe die Volksschule und dann bis 1905 das Realgymnasium. Seine Fußballkarriere begann er danach beim Düsseldorfer FC 1899, mit dem ihm 1907 die Meisterschaft von Nordrhein und Westdeutschland gelang. Von Düsseldorf aus ging Fuchs aus beruflichen Gründen für ein Jahr nach England, spielte aber nach wie vor für den Düsseldorfer FC. Nach der Rückkehr aus London leitstete er seinen Militärdienst beim Badischen Feldartillerie Regiment Nr. 14.

Bereits 1908 wurde Fuchs 1. Spielfüher beim Karlsruher Fußballverein (KFV), mit dem er 1910 Deutscher Meister wurde. Legendär sind die zehn Tore, die Fuchs während der Olympischen Spiele in Stockholm gegen Russland am 1. Juli 1912 schoss. Dieser Rekord blieb lange unerreicht, und es dauerte auch bis 1930, ehe der Dresdner Richard Hoffmann seine insgesamt 14 Länderspieltore übertraf. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem der Leutnant viermal verwundet und mehrfach mit Orden, 1914 mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse, 1917 mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse, ausgezeichnet wurde, spielte Fuchs noch kurze Zeit für den KFV, bevor er 1920 seine Karriere beendete. 1921 wurde er Ehrenspielführer des KFV.

Beruflich war Fuchs in den von seinem Großvater Hirsch Fuchs 1877 begründeten Familienbetrieb H. Fuchs Söhne eingestiegen, 1921 übernahm er die Geschäftsführung der H. Fuchs Söhne Außenhandelsgesellschaft mbH, deren Sitz 1934 von Karlsruhe nach Berlin verlegt wurde. Bis 1928 wird er im Karlsruher Adressbuch als Fabrikant und Mitinhaber der Holzhandlung Fuchs Söhne geführt. Als Gesellschafter der Firma schied er aber erst 1935 aus. 1928 zog die fünfköpfige Familie nach Berlin, da ihnen Karlsruhe „zu provinziell“ geworden sein soll, in erster Linie aber wohl, weil dort die Filiale der Firma Fuchs gegründet worden war. In Berlin gehörte Fuchs dem Tennisclub Nikolassee bis 1935 an, als dieser festlegte, dass Mitglieder nur noch Personen „arischer Abstammung“ sein konnten. Auch der KFV hatte 1933 zu den Vereinen gehört, die 1933 Juden ausgeschlossen hatten. In den 1920er-Jahren hatte Fuchs nach seiner Fußballkarriere auch schon in Karlsruhe Tennis gespielt beim Karlsruher Eislauf- und Tennisvereins 1911 (KETV), für den er auch etliche Turniere organisiert hatte.

1937 entschloss Fuchs sich zur Flucht, erst in die Schweiz, dann nach Frankreich, von wo aus die Familie mit der Mutter kurz vor der französischen Niederlage über Großbritannien 1940 nach Kanada ausreiste. Fuchs, der in Kanada in der Textilbranche und als Investor tätig war, kehrte nach dem Krieg einige Male wegen zu klärender Rechtsfragen nach Deutschland zurück, aber immer „mit sehr gemischten Gefühlen“, wofür es viele Gründe gab, darunter den, dass seine einzige Schwester ermordet worden war. Auch den Kontakt zum KFV mied er in Erinnerung an das Schicksal seines Stürmerkollegen Julius Hirsch, der wegen seiner jüdischen Herkunft 1943 in Auschwitz ermordet worden war.

Seit dem 15. Mai 2010 erinnert beim ehemaligen KFV-Stadion am Karlsruher Weg eine Stele an die Fußball­tra­­di­tion in Karlsruhe mit dem Gewinn der Deutschen Meister­­schaft des KFV sowie seinen jüdischen Fußball­na­tio­nal­­spie­­lern Julius Hirsch und Gottfried Fuchs. Am 14. Mai 2013 beschloss der Karlsruher Gemeinderat die Benennung eines kleinen Platzes am Karlsruher Weg (heute Julius-Hirsch-Straße) in Gottfried-Fuchs-Platz.

Ernst Otto Bräunche 2012/16

Quelle

Karlsruher Zeitungen 1900-1940, https://digital.blb-karlsruhe.de/topic/view/7756828; Stele zu den jüdischen Fußballern des KFV, https://stadtgeschichte.karlsruhe.de/erinnerungskultur/erinnerungskultur-im-oeffentlichen-raum/stele-des-kfv (Zugriffe am 4. März 2025).

Literatur

Ernst Otto Bräunche: Fußballhochburg Karlsruhe, in: Sport in Karlsruhe. Von den Anfängen bis heute, hrsg. vom Stadtarchiv Karlsruhe durch Ernst Otto Bräunche und Volker Steck, Karlsruhe 2006, S. 168-218 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 28); Karl-Heinz Schwarz-Pich: Fuchs, Gottfried, in: Baden-Württembergische Biographien V, hrsg. von Fred L. Sepaintner, Stuttgart 2013, S. 107-109.