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Jakob Ettlinger


Jakob Ettlinger

Rabbiner, Mitglied im Oberrat der Israeliten Badens, * 17. März 1798 Karlsruhe, † 7. Dezember 1871 (Hamburg-)Altona, jüd., ∞ 1. Nanette Wormser (1809-1842), 2. Sophie Mayer, 7 Töchter.

Ettlinger war Sohn des Karlsruher Stiftsrabbiners Aron Ettlinger (1769-1849) und der Rachel geb. Ettlinger. Er besuchte zwischen 1811 und 1816 die Jeschiwa von Ascher Löw, wurde dann vom Oberrat der Israeliten Badens für drei Jahre nach Würzburg zu Oberrabbiner Abraham Bing (1752-1841) geschickt. Daneben besuchte er als Gasthörer die Universität Würzburg und gilt damit als einer der ersten Rabbiner in Deutschland mit akademischer Bildung. 1819 erlebte er in Würzburg die dortigen antijüdischen Hep-Hep-Ausschreitungen, floh nach Fürth und kam im selben Jahr zurück nach Karlsruhe. Der Gemeindevorsteher Kaufmann Wormser sicherte ihm 1819 die Rabbinerstelle der Stiftung seines verstorbenen Bruders Elias Wormser zu, die er in der Wahl knapp gegen Seligmann Reiss gewann. Aber erst nach einer Beschwerde gegen die Einsetzung von Reiss durch Rabbiner Ascher Löw 1820 konnte er die Stelle einnehmen. 1825 heiratete er die Tochter Kaufmann Wormsers, nachdem er zur Leitung der bedeutenderen Lemle Moses’schen Klausstiftung in Mannheim berufen worden war. Der Stifter hatte 1708 verfügt, dass mit den Mitteln ständig zehn Rabbiner in Forschung und Lehre dort tätig sein sollten. Zudem übertrug man ihm die Stelle des Bezirksrabbiners in Ladenburg. 1827 wurde er erster Konferenzrabbiner (Mitglied der Religionskonferenz beim Oberrat) und erhielt die großherzogliche Erlaubnis zur Bildung eines Rabbinerseminars.

Durch seine kompromisslose Strenggläubigkeit geriet er in zunehmenden Konflikt mit dem Oberrat, der sich den staatlichen Modernisierungsmaßnahmen auch mit Einfluss auf das jüdische Leben, unter anderem mit der Gottesdienstreform, nicht verschloss. Ettlinger bemühte sich lange Jahre erfolglos um Anstellung außerhalb Badens, ehe er 1836 die Oberrabbinerstelle für Schleswig-Holstein in Altona übernehmen konnte. An seiner dortigen Jeschiwa lernten als seine bedeutendsten Schüler auch Samson Raphael Hirsch (1808-1888) und Esriel Hildesheimer (1820-1899), die der Schule der Neo-Orthodoxie zum Durchbruch verhalfen. Ettlinger machte sich national und international einen Namen durch seinen Aufruf gegen die erste Rabbinerversammlung Deutschlands in Braunschweig 1844 mit ihrer reformerischen Tendenz sowie durch sein Bibel- und Palästinawerk. 1845 gründete er mit der bis 1854 erscheinenden Zeitung „Der treue Zions-Wächter, Organ zur Wahrung der Interessen des orthodoxen Judenthums“ das erste Presseorgan der Neo-Orthodoxie. Alle Reformen in Kultus und Ritus wurden darin abgelehnt, moderne Einflüsse der Zeit als schädlich für das Judentum gebrandmarkt.

Ettlinger hat Bedeutung bis in das gegenwärtige orthodoxe Judentum. Sein Grab befindet sich auf dem jüdischen Friedhof an der Königstraße in Hamburg-Altona.

Jürgen Schuhladen-Krämer 2013

Werk

Predigten, gehalten in den Synagogen zu Karlsruhe und Bühl von den Rabbinats-Kandidaten Jakob Aron Ettlinger, Elias Willstätter und Benjamin Dispecker, Karlsruhe 1824; Aruch la-Ner, Altona 1850 (Talmudkommentare); Binjan Zijon, Altona 1868 (Aufbau Zions); Responsen, hrsg. von Juda Aron Horowitz, Jerusalem 1989.

Literatur

Jüdischer Biographischer Index und Jüdisches Biographisches Archiv, Neue Folge 1 (JBI); Carsten Wilke (Bearb.): Biographisches Handbuch der Rabbiner, Teil 1, Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen Ländern 1781−1871, Bd. 1. München 2004; Carsten Wilke: Jakob Ettlinger, in: Jüdisches Leben in Baden 1809 bis 2009. 200 Jahre Oberrat der Israeliten Badens, Festschrift hrsg. von dem Oberrat der Israeliten Badens, Ostfildern 2009, S. 225 f. Judith Bleich: Jacob Ettlinger, his life and work. The emergence of modern Orthodoxy in Germany, Michigan 1978.