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Richard Horter


Richard Horter

Maurer, Gewerkschaftsfunktionär, Landtagsabgeordneter, * 10. April 1868 Rothwasser/Bezirk Jesenik/heute Tschechien, † 13. Mai 1942 Legelshurst/Ortenaukreis, ev., ∞ 1907 Emma Käppler, 3 Kinder.

Wie sein Vater erlernte Richard Horter ab 1883 das Maurerhandwerk. Als 18-Jähriger kam er nach Mannheim, leistete 1889 bis 1891 den Militärdienst und trat 1890 in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ein. Nach dem Militärdienst ging er als Geselle auf Wanderschaft durch Deutschland, die Schweiz, Frankreich und Österreich. Zurück in Mannheim engagierte er sich in der Partei und der Gewerkschaft. 1901 erhielt der rhetorisch begabte und organisatorisch befähigte Maurer eine Ausbildung an der Berliner Parteischule und wurde dann in Mannheim Bezirksleiter des Bauarbeiterverbandes. In dieser Funktion übersiedelte er 1912 nach Karlsruhe und setzte hier seine parteipolitische Aktivität fort. Er trat bei 1. Mai-Veranstaltungen als Redner auf und gelangte in den Vorstand des SPD-Ortsvereins. In der mehrheitlich reformistisch orientierten Karlsruher Organisation galt er als dem linken Parteiflügel zugehörig. Mit seiner von Zeitgenossen bezeugten nüchtern-ruhigen Art und Sprechweise erwarb er sich großes Vertrauen in der Arbeiterbewegung. Dieses fand auch Ausdruck in der Nominierung als Kandidat bei den Reichstagswahlen 1903, 1907 und 1912, die alle erfolglos blieben.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde Horter im November 1918 Vorsitzender des Karlsruher Volksrates, dem von ihm mit initiierten Zusammenschluss von Arbeiterrat und Soldatenrat. Als badischer Delegierter gehörte er dem Berliner Rätekongress an und war ab Dezember 1918 Mitglied des Zentralrats der Deutschen Sozialistischen Republik. Dieser fungierte bis zum Zusammentritt der Deutschen Nationalversammlung im Februar 1919 als Ersatzparlament, wirkte bei den wichtigsten politischen Entscheidungen der Reichsregierung und der preußischen Regierung mit und besaß das Recht, Volksbeauftragte zu ernennen und abzuberufen. Im April 1919 war er Delegierter des Reichskongresses der Arbeiter- und Soldatenräte in Berlin. 1919 bis 1921 gehörte Horter als Vertreter des Wahlkreises Karlsruhe der Badischen Nationalversammlung und dann bis 1925 dem Landtag an. Außerdem bestimmte ihn die SPD als Arbeitnehmervertreter des Handwerks von 1920 bis 1933 zu einem ihrer Vertreter im Reichswirtschaftsrat. Dieser Rat blieb ein weitgehend bedeutungsloses Gremium, das unter Beteiligung aller wirtschaftlichen Berufsgruppen grundlegende sozial- und wirtschaftspolitische Gesetzentwürfe begutachten sollte. Nach dem Ausscheiden aus dem Landtag übernahm Horter 1925 die Leitung des Bezirksverbands sozialer Baubetriebe in Karlsruhe. 1929/30 war er Vorsitzender des Karlsruher SPD-Ortsvereins.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) setzten die Nationalsozialisten Horter und seine Familie zahlreichen Schikanen aus bis hin zur Verhängung einer Schutzhaft im Mai 1933. Im Mai 1933 verlor er mit der Auflösung seines Verbandes im Zuge der Gleichschaltung seinen Arbeitsplatz. Um sich dem Druck der NS-Behörden zu entziehen, übersiedelt Horter mit der Familie aus der Rüppurrer Gartenstadt, Im Grün 24 nach Legelshurst bei Kehl. Unbeachtet von der Öffentlichkeit starb dort 1942 der Mann, der sich um die Arbeiterbewegung und die friedliche Neuordnung des Staatswesens 1918/19 Verdienste erworben hatte.

Manfred Koch 2022

Literatur

Peter Brandt/Reinhard Rürup: Volksbewegung und Demokratische Neuordnung in Baden 1918/19. Zur Vorgeschichte und Geschichte der Revolution, Sigmaringen 1991; Manfred Koch (Hrsg.): Im Mittelpunkt der Mensch. Parlamentsreden Karlsruher SPD-Abgeordneter, Karlsruhe 2001, S. 84-88; ders.: Richard Horter, in: Blick in die Geschichte. Karlsruher Stadthistorische Beiträge, 3, 1998-2003, Karlsruhe 2004, S. 289-290, Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 13. September 2022); Landtag Baden Württemberg - Horter, Richard (landtag-bw.de) (Zugriff am 15. August 2022).