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Joseph Groß


Joseph Groß, 1969, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A18/80/7/19.

Joseph Groß

Diplom-Kaufmann, Landrat des Landkreises Karlsruhe, * 29. Oktober 1909 Karlsruhe, † 25. Juli 1993 Karlsruhe, kath., ∞ 1938 Pia Maria Zeitler, 2 Söhne, 1 Tochter.

Joseph Groß, Sohn eines Buchbindermeisters und Kaufmanns, besuchte das Bismarck-Gymnasium Karlsruhe, an dem er 1930 das Abitur ablegte. Anschließend absolvierte er ein Studium an den Wirtschaftshochschulen Mannheim und Berlin und schloss dieses 1934 mit der Diplom-Prüfung ab. Groß arbeitete zunächst als Bankangestellter bei der Landesbank für Südwestdeutschland und anschließend bis Kriegsbeginn als Sachgebiets- und Abteilungsleiter beim Oberfinanzpräsidium Baden und als Prokurist für Steuer-, Devisen-, Zoll- und Finanzangelegenheiten bei der Färberei Schetty GmbH in Weil am Rhein. Am Zweiten Weltkrieg nahm er bis 1945 als Soldat teil. Ab Ende Juli 1945 war Groß als Referent und Abteilungsleiter im Landwirtschaftsamt Nordbaden tätig. Am 28. Oktober 1946, einen Tag vor seinem 37. Geburtstag, wurde Groß als erster Nichtjurist seit 1803 vom Kreistag auf zwei Jahre kommissarisch zum Landrat des Landkreises Karlsruhe gewählt.

Als Mitglied der Christlich Demokratischen Union (CDU) übernahm Groß eine zum damaligen Zeitpunkt fast arbeitsunfähige Kreisverwaltung, die viele verstreut liegende Standorte aufwies. Zu seinen wichtigsten Aufgaben der ersten Jahre gehörten die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung für die Bevölkerung und die Bekämpfung der allgemeinen Wohnungsnot, die durch die Unterbringung von 31.000 Vertriebenen im Landkreis noch verschärft wurde. In den 1950er-Jahren sorgte Groß mit Forderungen wie einer geordneten Müllentsorgung, dem Bau von Großkläranlagen und Kreiswasserwerken zur Sicherung der Trinkwasserversorgung für seinen Ruf als weitsichtiger Verwaltungsfachmann. Dieser sicherte ihm auch die Anerkennung aus dem politisch gegnerischen Lager und daher 1948, 1954 und 1965 die dreimalige Wiederwahl.

Wichtige Leistungen seiner 25-jährigen Amtszeit waren der Siedlungsbau in Neureut-Kirchfeld und Bretten, der Wiederauf- und Ausbau des Kreisstraßennetzes, der Bau der Kreisberufsschulen in Bretten und Ettlingen und des Kreiskrankenhauses Bretten (Rechbergklinik) sowie des Verwaltungsgebäudes am Schlossplatz. Führend beteiligt war Groß außerdem am Bau des Kernforschungszentrums Karlsruhe und an der Gründung der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG). Unter seiner Verantwortung entstanden im Landkreis 42 neue Volksschulen, ein Gymnasium, eine Realschule, fünf Schwimmhallen und 50 Kindergärten, 75 Schulen wurden erweitert.

In gemeinnütziger Tätigkeit engagierte sich Groß beim Aufbau des Landeswohlfahrtverbands Baden, dem er als Gründungsvorsitzender 1964-1971 vorstand. Am 31. Oktober 1971, zwei Tage nach seinem 62. Geburtstag, trat Groß als dienstältester Landrat Badens auf eigenen Wunsch vorzeitig in den Ruhestand. Er war damit erster und letzter Landrat des „alten“ Landkreises Karlsruhe. Im selben Jahr wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz und der Deutschen Feuerwehrmedaille ausgezeichnet. 1982 erhielt er die Goldene Nadel der Europa-Union. 2000 wurde in Neureut-Kirchfeld der Joseph-Groß-Platz nach ihm benannt.

René Gilbert 2016

Quellen

KreisAK 514/1992 Nr. 16/31; StadtAK 8/ZGS Persönlichkeiten – Groß, Joseph.

Werk

Der Landkreis Karlsruhe, in: Der Kreis Karlsruhe, hrsg. von Konrad Theiss und Hermann Baumhauer, Aalen 1960, S. 15-26.

Literatur

Bernd Breitkopf: Die alten Landkreise und ihre Amtsvorsteher: die Entstehung der Ämter und Landkreise im heutigen Landkreis Karlsruhe – Biographien der Oberamtmänner und Landräte von 1803 bis 1997, Ubstadt-Weiher 1997, S. 122-124 (= Beiträge zur Geschichte des Landkreises Karlsruhe Bd. 1); Bernd Breitkopf (Bearb.): 25 Jahre im Landkreis Karlsruhe 1973-1998. Rückblick und Ausblick, Wahlen und Abgeordnete, Struktur und Aufgaben, hrsg. vom Kreisarchiv des Landkreises Karlsruhe, Ubstadt-Weiher 1998, S. 142-148, S. 144-146 (= Beiträge zur Geschichte des Landkreises Karlsruhe Bd. 2).