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Mir Mohammad Mir Mohammedi


Mir Mohammad Mir Mohammedi, um 2001, Foto: Stadtarchiv.

Mir Mohammad Mir Mohammedi

Elektroingenieur, * 4. Februar 1931 Liwerdshan/Iran, † 13. Dezember 2003 Karlsruhe, musl.

Geboren in der Grenzregion zwischen Aserbeidschan und dem Iran, musste Mir Mohammedi für den Schulbesuch in Täbris erst Persisch lernen, da seine Muttersprache Azeri dort nicht gesprochen werden durfte. Nach dem Abitur 1954 wurde er 1955 Lehrer an einer Grundschule in Täbris. Wegen der Repressionen des Schah-Regimes emigrierte der Perser 1957 nach Deutschland. Nach einem Praktikum in Hamburg-Altona kam er 1958 nach Karlsruhe, um an der Technischen Hochschule Elektrotechnik zu studieren.

In Karlsruhe begann der Gegner des repressiven Schah-Regimes rasch ein weitgreifendes gesellschaftliches und politisches Engagement. Er arbeitete in der studentischen Selbstverwaltung mit, wurde Mitglied der iranischen Studentenvereinigung CISNU und initiierte 1963 die erste Demonstration gegen die Schah-Herrschaft im Iran. Seit 1974 war er Mitglied der IG-Metall, er gehörte dem Menschenrechtszentrum e.V. an, unterstützte das von der Caritas und der Diakonie etablierte Beratungszentrum für Flüchtlinge und wurde 1992 Mitglied des Ausländerbeirats der Stadt Karlsruhe. Oft nahm er sich auch persönlich traumatisierter Flüchtlinge an. Mir Mohammedi engagierte sich zudem im christlich-jüdischen Dialog und gehörte seit 1988 zu den Mitveranstaltern des Gedenkens an die Reichspogromnacht vom 9. November 1938. Mir Mohammedis politisches und soziales Engagement galt Demokratie wie Menschenrechten und richtete sich gegen Fremdenfeindlichkeit, Gewalt und Unterdrückung.

Seine Zulassung zur Prüfung als Diplom-Ingenieur, die er 1970 ablegen konnte, musste sich Mir Mohammedi gegen einen rechtsnationalen und fremdenfeindlichen Professor vor Gericht erstreiten. Gegen seine drohende Abschiebung in den Iran, wo ihm zumindest eine lange Haftstrafe drohte, formierte sich eine große Solidaritätskampagne, die von der überparteilichen Anerkennung seines gesellschaftlichen Engagements zeugte. Das Oberverwaltungsgericht verhinderte letztlich 1974 die Abschiebung. Getroffen hätte sie einen Mann, dessen Integration in die deutsche Gesellschaft längst gelungen war. So war er 1962 geschätztes Gründungsmitglied des Kleingartenvereins Kuhweide. Zudem bereicherte er zahllose private und öffentliche Feste in Karlsruhe als Koch auch mit iranischen Gerichten. Deutscher Staatsbürger konnte Mir Mohammedi wegen bestehender Abkommen mit der islamischen Republik Iran erst 2000 werden.

Der "Aktionskreis Miteinander Leben" verlieh Mir Mohammedi 1997 einen Anerkennungspreis für seinen Einsatz bei der Integrationsförderung. Seine Wertschätzung in der Stadt zeigten 800 Gäste bei seinem 70. Geburtstag im Tollhaus wie auch hunderte von Trauergästen bei seiner Beerdigung knapp drei Jahre später. Im Menschenrechtszentrum wurde ein Raum nach ihm benannt und seit 2005 existiert die Mir-Mohammedi-Stiftung in Karlsruhe: Sie unterstützt Projekte und Einrichtungen, die sich für Menschenrechte, Völkerverständigung und für die Integration ausländischer Mitbürger einsetzen.

Manfred Koch 2015

Quelle

StadtAK 8/ZGS Persönlichkeiten.

Literatur

Mathias Christ: Bildungsmigration in der Fächerstadt, in: Manfred Koch/Sabine Liebig (Hrsg.): Migration und Integration in Karlsruhe, Karlsruhe 2010, S. 170-172 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 31); Heidi Meier-Menzel/Bahman Mobasheri: Integration als Lebensaufgabe. Mir Mohammad Mir Mohammedi, in: Manfred Koch (Hrsg.): Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge, Nr. 108 vom 25. September 2015, S. 2 f., https://stadtgeschichte.karlsruhe.de/stadtarchiv/blick-in-die-geschichte/ausgaben/blick-108/mohammedi (Zugriff am 28. Oktober 2022).