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Gesellschaft zum Haarenen Ring


Aquarell eines Treffens der Gesellschaft zum Haarenen Ring, 1792, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS IV 189.

Gesellschaft zum Haarenen Ring

Der Karlsruher Gesellschaftsverein "Gesellschaft zum Haarenen Ring" wurde 1792 in einer Mischung aus Salon- und Lesegesellschaft ins Leben gerufen und hatte im Gegensatz zu anderen Vereinen ihrer Art einen weniger förmlichen Charakter. So wurde sie nicht offiziell als Verein gegründet, sondern entstand aus einer privaten Einladung, bei der sich drei befreundete Paare im Haus des badischen Hofbibliothekars Johann Wilhelm Hemeling zu einem Vorleseabend trafen.

Das Erkennungszeichen des Vereins war ein aus den Haaren aller Mitglieder geflochtener Ring. Diesen trugen die Mitglieder als Symbol der Unzertrennlichkeit bei ihren einmal wöchentlich in den Abendstunden im Haus eines jeweils anderen Mitglieds stattfindenden Treffen. Im Mittelpunkt der Vereinstätigkeit standen die Pflege von Freundschaften und der kurzweilige Zeitvertreib in angenehm anregender Gesellschaft. Die Unterhaltungen drehten sich daher vornehmlich um neue literarische Werke. Gespräche über Politik und Beruf waren nach den Statuten, die in einem so genannten Gesetzbuch festgelegt waren, verboten. Regelverstöße wurden mit einem Bußgeld zwischen sechs und 24 Kreuzern belegt. Gesellschaftsspiele und Vorträge ergänzten die Zusammenkünfte. Gelegentlich fanden auch Ausflüge ins Stephanienbad oder gemeinsame Mahlzeiten im Freien (Picknicks) statt.

Die Mitglieder der Gesellschaft zum Haarenen Ring vertraten liberale Umgangsformen und redeten sich ungeachtet ihres sozialen Rangs mit Bruder und Schwester an. Dies und spezielle Funktionen, die jede Person im Verein einnahm, rückten die Gesellschaft in die Nähe der zur damaligen Zeit weit verbreiteten Logengesellschaften. Verstärkt wurde dieser Eindruck durch Hofbibliothekar Hemeling, der selbst Freimaurer war und 1785 zu den Mitbegründern der Karlsruher Loge Carl zur Einigkeit (heute Leopold zur Treue) gehörte.

Die Gesellschaft zum Haarenen Ring war ein sehr kleiner Verein. 1793 hatte sie zwölf Mitglieder, darunter fünf Ehepaare. Ihr Höchststand betrug 36 Mitglieder. Zu den bekanntesten gehörten August Vierordt und Wilhelm Christian Griesbach. 1813 löste sich die Gesellschaft wegen fehlender neuer Interessenten auf.

René Gilbert 2015

Quellen

StadtAK 7/Nl Griesbach 221-240, 267.

Literatur

Claudine Pachnicke: "Geschlossene Gesellschaft", Lesegesellschaft und Museum, in: Baden und Württemberg im Zeitalter Napoleons, hrsg. vom Württembergischen Landesmuseum, Stuttgart 1987 Bd. 2, S. 1038; Olivia Hochstrasser: Hof, Stadt, Dörfle – Karlsruher Frauen in der vorbürgerlichen Gesellschaft, in: Karlsruher Frauen 1715-1945, eine Stadtgeschichte, Karlsruhe 1992, S. 19-101, hier S. 94-97 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 15), Buch zum Download (PDF); Christina Wagner: Von der Stadtgründung zur großherzoglich badischen Haupt- und Residenzstadt 1715-1806, in: Susanne Asche/Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt/Christina Wagner: Karlsruhe – Die Stadtgeschichte, Karlsruhe 1998, S. 148 f., Buch zum Download (PDF) (Zugriff jeweils am 2. September 2022).