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Guido Schreiber

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Guido Schreiber, Lithographie nach Franz Epple, um 1840, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS III 1412.
Füsilierbataillon Durlach 1796, Illustration von Lucian Reich in Schreibers Werk "Der badische Wehrstand seit dem 17. Jahrhundert bis zu Ende der französischen Revolutionskriege", Karlsruhe 1849.

Guido Schreiber

Mathematiker, * 17. Januar 1799 Rastatt, † 16. Februar 1871 Karlsruhe, kath., ∞ 1853 Friederike Wehrer, 1 Sohn, 1 Tochter.

Guido Schreiber wurde als einer von sechs Söhnen des Schriftstellers und späteren Heidelberger Professors und Karlsruher Hofhistorikers Aloys Schreiber geboren. Bereits 1813 trat er in den badischen Militärdienst ein und wurde 1817 zum Unterleutnant der Artillerie ernannt. 1824 wechselte er als Leutnant zur badischen Infanterie, bevor er 1827 als Leutnant der Reserve entlassen wurde, um die Stelle eines Lehrers für darstellende Geometrie am neu gegründeten Polytechnikum in Karlsruhe anzutreten. Für diese Tätigkeit hatte er sich durch seinen Unterricht an der Artillerieschule qualifiziert. Zudem veröffentlichte er nun in der Folge mehrere Lehrbücher auf der Grundlage der Erkenntnisse französischer Mathematiker, unter anderem des Gründers der école polytechnique in Paris Gaspard Monge, und führte sein Fachgebiet damit erstmals umfassend in deutscher Sprache ein.

Als wissenschaftlicher Sachverständiger fungierte Schreiber bei der Organisation der Gewerbeschulen in Baden. Er zählte zu den treibenden Kräften bei der Errichtung der Karlsruher Gewerbeschule und war wohl auch der Urheber und Verfasser des technischen Teils der Gewerbeschulverordnung. Schreiber wurde 1829 am Polytechnikum zum Professor für Geometrie und im November 1834 zum Vorstand der Gewerbeschulkommission ernannt. Zu seinen Aufgaben gehörten die Beratung der Kreisregierungen und der Städte bei Errichtung der Schulen, hinsichtlich der Gestaltung des Unterrichts sowie der Auswahl der Lehrkräfte.

Schreibers Unterricht an der polytechnischen Schule umfasste auch die Schattenlehre, den Steinschnitt und die "malerische Perspektive", zu der er 1854 ein weiteres Lehrbuch veröffentlichte. Seine Schüler rühmten nach der Darstellung seines Nachfolgers Christian Wiener seinen "klaren und anregenden Vortrag und sein geselliges Wesen, dem er durch guten Humor und eine Fülle gesunden Witzes besonderen Reiz verlieh". Tatsächlich war Schreiber von 1842 bis 1845 einer der Hauptinitiatoren der Karlsruher Fastnacht und Mitgründer des Narrenvereins von Pfannenstielhausen sowie Redakteur von Narrenzeitungen, die auch die Monarchie und das badische Parlament verulkten. Diese Umstände mögen neben dem in seiner Dienerakte kritisierten Verhalten in der Öffentlichkeit als Zechkumpan seiner Studenten zu seiner 1851 vorzeitig erfolgten Pensionierung beigetragen haben. Schon zwei Jahre vorher hatte Schreiber sich mit der militärhistorischen Publikation Der Badische Wehrstand, die von Lucian Reich, Feodor Dietz und Moritz von Schwind prächtig illustriert wurde, seinen beruflichen Anfängen zugewandt. 1857 publizierte er noch über Geodäsie. Anleitung zum geometrischen Theilen der Grundstücke und von 1861 bis 1869 brachte er eine damals gut nachgefragte Veröffentlichungsreihe über Technisches Zeichnen heraus. Erst spät heiratete er seine fast 30 Jahre jüngere Frau, mit der er zwei Kinder hatte.

Peter Pretsch 2022

Quellen

Dienerakten im GLA Karlsruhe 206/917-919.

Werk (Auswahl)

Lehrbuch der darstellenden Geometrie nach Monge's Géométrie descriptive, Karlsruhe 1828; Geometrisches Portfolio. Die darstellende Geometrie und ihre Anwendungen, Karlsruhe 1838 - 1843; Der badische Wehrstand seit dem 17. Jahrhundert bis zu Ende der französischen Revolutionskriege, 1849; Malerische Perspektive, Karlsruhe 1854; Die Schattenlehre. Für Architekten, Techniker, Mechaniker und Bauhandwerker, insbesondere für Bau-, polytechnische, höhere Gewerb- und Realschulen. Mit 116 in den Text gedruckten Abbildungen und 7 Tondrucktafeln, nach Zeichnungen des Verfassers, Leipzig 1868.

Literatur

Christian Wiener: Guido Schreiber, in: Badische Biographien II (1875), S. 280-281, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/titleinfo/6541092 (Zugriff am 21. Februar 2022); Moritz Cantor: Schreiber, Guido, in: Allgemeine Deutsche Biographie 54 (1908), S. 185-186 [Online-Version]; https://www.deutsche-biographie.de/pnd117040487.html#adbcontent (Zugriff am 21. Februar 2022); Jenny Dopita: Der Maler und Schriftsteller Lucian Reich (1817-1900), Ubstadt-Weiher 2007, S. 294-310 (= Stadtgeschichtliche Reihe der Stadt Rastatt Bd. 10); Georg Rothe: Die Gewerbeschule des Großherzogtums Baden als frühes Modell einer Teilzeitschule im dual-alternierenden System: Einfluss der Polytechnischen Schule Karlsruhe auf die Entwicklung der badischen Gewerbeschule. KIT Scientific Publishing, Karlsruhe 2011, S. 72, 108, 113 ff.; Nadine Benstein: Zwischen Zeichenkunst und Mathematik. Die darstellende Geometrie und ihre Lehrer an den Technischen Hochschulen in ausgewählten Ländern im 19. Jahrhundert, Wuppertal 2019, S. 293-295, http://elpub.bib.uni-wuppertal.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-9028/dc1917.pdf (Zugriff am 21. Februar 2021).