Menü
Suche

Paul Hermann Müller


Paul Müller, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 933.
Paul Müller im Bühnenkostüm, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 934.

Paul Hermann Müller

Schauspieler, * 18. August 1876 Hannover, † 7. Juli 1964 Karlsruhe, ev., ∞ 1911 Johanna Karolina Rosalie Röhle, 1 Sohn.

Nach Abschluss der Schule begann Paul Müller 1890 wie sein Vater eine kaufmännische Lehre. 1898 wurde er kaufmännischer Korrespondent in Frankfurt a. M. Müllers Leidenschaft galt jedoch der Schauspielerei, weswegen er neben dem Beruf eine Bühnenausbildung bei dem bekannten Schauspiellehrer Carl Friedrich Peppler absolvierte. Nachdem er diese erfolgreich abgeschlossen hatte, schlug er eine Theaterlaufbahn ein. 1903 debütierte Müller am Kurtheater in Bad Harzburg. 1903-1906 trat er als jugendlicher Liebhaber und Naturbursche am Stadttheater Eisenach auf. Nach einem Engagement in Stettin 1906/07 arbeitete Müller 1907/08 als Oberspielleiter am Schauspielhaus Iserlohn. Es folgten Anstellungen am Deutschen Theater Hannover, wo er bis 1913 als jugendlicher Bonvivant und Charakterdarsteller wirkte, und am Kleinen Theater Berlin, das ihn bis 1915 für die Darstellung komischer Rollen verpflichtete.

Enttäuscht von der Monotonie des dortigen Spielbetriebs und dem Verbot, Auslandsgastspiele und Filmangebote anzunehmen, sagte Müller sofort zu, als er 1915 vom damaligen Generalintendanten August Bassermann das Angebot erhielt, am Großherzoglichen Hoftheater in Karlsruhe Erster Charakterdarsteller zu werden. Fast drei Jahrzehnte spielte Müller unzählige Theater-, Operetten- und Opernrollen: Darunter die Schiller-Figuren Franz Moor aus Die Räuber, den Sekretär Wurm in Kabale und Liebe, Lanzelot Gobbo in Der Kaufmann von Venedig von Shakespeare, auch den Theaterdirektor Emanuel Striese im Schwank Der Raub der Sabinerinnen der Brüder Franz und Paul von Schönthan, den Müller rund einhundert Mal verkörperte. Zu seinem Operetten-Repertoire gehörten der König Menelaos in Die schöne Helena von Jacques Offenbach oder der Berliner Fabrikant Wilhelm Giesecke aus dem Weißen Rößl von Ralph Benatzky. Im Opernfach sang Müller Tenor-Rollen wie unter vielen anderen den Zirkusdirektor Springer in Bedřich Smetanas Die verkaufte Braut.

Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1944 gehörte Paulchen Müller, wie er von seinen Bewunderern liebevoll genannt wurde, zu den herausragenden Ensemblemitgliedern des Badischen Staatstheaters. Als unangefochtener Publikumsliebling - er wurde 1924 Staatsschauspieler und 1931 von den Lesern einer Karlsruher Tageszeitung zum populärsten lebenden Karlsruher gewählt - konnte nur Marie Genter an seine Beliebtheitswerte heranreichen.

Neben seinem Hauptberuf betätigte sich Müller auch als Autor von Erzählungen und Gedichten. Letztere gab er an Rezitationsabenden beim Karlsruher Gesangverein Liederkranz-Liederhalle 1841/42 oder beim Volksbildungsverein Conradin-Kreutzer-Bund gern zum Besten. 1949 wurde er zum Ehrenmitglied des Badischen Staatstheaters ernannt. Für den damaligen Generalintendanten des Badischen Staatstheaters Hans-Georg Rudolph war Müller einer der Besten, die je auf der Karlsruher Bühne gestanden hatten.

René Gilbert 2015

Quelle

Im Rampenlicht – und ohne Maske. Aus den Jugendjahren eines Schauspielers, in: Badische Neueste Nachrichten (BNN) vom 4., 11., 18., 25. Juli 1959 und vom 1. 8., 15., 22. August 1959, StadtAK 8/Ze 15.

Literatur

Wilhelm Kosch (Begr.): Artikel Müller, Paul, in: Deutsches Theater-Lexikon, Bd. 2, Klagenfurt 1960, S. 1559; Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (Hrsg.): Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1965, Hamburg 1965, S. 109; Franz Josef Wehinger: Paul Müller. Zum 100. Geburtstag des Karlsruher Staatsschauspielers (1876-1964), in: Badische Heimat 57 (1977), S. 101-106; Horst Ferdinand: Müller, Paul, in: Badische Biographien NF, Bd. III, hrsg. von Bernd Ottnad, Stuttgart 1990, S. 192 f.