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Gerhard Caemmerer


Gerhard Caemmerer, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger B11/S. 12/Bild 3.

Gerhard Caemmerer

Jurist, Gegner des Nationalsozialismus, * 12. August 1905 Durlach, † 8. Januar 1961 Karlsruhe, kath., ∞ 1932 Grete Meier (Witwe), 1 Stiefsohn, 3 Töchter.

Der Sohn eines Ingenieurs und an der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe lehrenden Professors legte 1924 am Markgrafen-Gymnasium in Durlach das Abitur ab. Anschließend begann Caemmerer ein Jura-Studium in Köln, das er 1928 in Heidelberg mit dem ersten Staatsexamen und 1932 mit dem Assessorenexamen abschloss. 1931 wurde er in Heidelberg promoviert. Aus seiner Anstellung im badischen Justizministerium wurde er nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 entlassen und als Amtsgerichtsrat zum Amtsgericht Durlach versetzt. In der Folgezeit stieg Caemmerer bis zum Oberlandesgerichtsrat auf.

Als sein befreundeter jüdischer Kollege Karl Eisemann aus dem badischen Staatsdienst entlassen wurde und daraufhin in finanzielle Schwierigkeiten geriet, versorgte Caemmerer ihn und weitere Juden bis Kriegsende mit Lebensmitteln. 1939 initiierte Caemmerer in Durlach einen widerständischen Gesprächskreis, dem neben Karl Eisemann verschiedene Rechtsanwälte angehörten. In diesem Kreis wurden Informationen über die Vorgänge in Konzentrationslagern und über die Kriegslage weitergegeben sowie Überlegungen zum politischen Neubeginn in Deutschland nach Kriegsende angestellt. Um keinen Verdacht auf sich zu ziehen, trat Caemmerer im selben Jahr in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein. Im Februar 1945 erfuhr Caemmerer von einem befreundeten Durlacher Kriminalkommissar von der unmittelbar bevorstehenden Deportation aller in Karlsruhe verbliebenen Juden in das Konzentrationslager (KZ) Theresienstadt. Daraufhin versteckte er Eisemann, der seit 1940 als Leiter der Bezirksstelle Baden-Pfalz der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland amtieren musste, und das jüdische Geschwisterpaar Rudolf und Renate Kahn in einer Gartenhütte auf dem Turmberg. Sie hausten dort, von den Töchtern Caemmerers mit Lebensmitteln versorgt, bis zur Besetzung Durlachs durch französische Truppen am 5. April 1945.

Nach Kriegsende wurde Caemmerer wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft von der amerikanischen Besatzungsmacht aus seinem Amt als Richter entlassen und inhaftiert. Durch die Intervention zahlreicher namhafter Karlsruher Bürger, darunter die von ihm geretteten Juden, wurde Caemmerer, freigelassen und wieder in den Justizdienst eingesetzt. 1947 eröffnete er eine eigene, schnell erfolgreiche Kanzlei. Seinen aufsehenerregendsten Fall übernahm Caemmerer 1954 gemeinsam mit seinem Stiefsohn Hans mit der Verteidigung des wegen Landesverrats angeklagten Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Otto John.

René Gilbert 2015

Quellen

GLA 507/11942, 11919; KIT-Archiv 28002/540.

Werk

Der Artikel 153 der Reichsverfassung in Rechtswissenschaft und Rechtsprechung des Reichsgerichts, Diss. Heidelberg 1931.

Literatur

Josef Werner: Karlsruhe 1945 – Unter Hakenkreuz, Trikolore und Sternenbanner, Karlsruhe 1985, S. 185; Detlev Fischer: Rechtshistorische Rundgänge durch Karlsruhe, 2., erw. Aufl., Karlsruhe, 2011, S. 29; Clara Hertz/Stefan Nüesch/Julian Reitermann/Johanna Scheib/Nadine Wühl: Gerhard Caemmerer - Biographie. Eine Projektarbeit, Karlsruhe 2014 (= Schriftenreihe Caemmerer Lenz 2).