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David Hugo Mayer


David Hugo Mayer, Bild aus: Vom jüdischen Kinderheim zur Luisenklinik [...], hrsg. von Sven Wahl und Uwe Schellinger, o. O., o. J.

David Hugo Mayer

Jurist, Mitglied des Oberrats der badischen Israeliten, * 25. Juli 1854 Müllheim/Lkr. Breisgau-Hochschwarzwald, † 22. Juni 1931 Karlsruhe, israelitisch, ∞ 1904 Marie Mayer, 2 Söhne, Ernst (1882 - 1900), Paul (1884 - 1942).

Im südbadischen Müllheim wurde David Mayer als eines von vier Kindern des jüdischen Weinhändlers Jakob Mayer und seiner Frau Lea geboren. Nach der Grund- und Höheren Bürgerschule besuchte er ab dem 14. Lebensjahr in Karlsruhe das humanistische Gymnasium, untergebracht war er in einer orthodoxen Pension. Anschließend studierte er Jura, je drei Semester in Heidelberg und in Straßburg, das er mit dem Ersten Juristischen Staatsexamen abschloss. Es folgten Stationen an Amts- und Kreisgerichten in Emmendingen und Konstanz, bei der Staatsanwaltschaft Waldshut und dem Großherzoglich Badischen Oberschulrat. Nach dem Zweiten Juristischen Examen wurde er nach Albert Gutmann erst der zweite jüdische Sekretär (Abteilungsleiter) im Badischen Ministerium des Innern. Er wurde Sachberater für jüdische Angelegenheiten und persönlicher Referent des Ministers. 1881 promovierte ihn die juristische Fakultät der Universität Jena, im selben Jahr heiratete er in Müllheim seine Jugendliebe und Cousine Marie Mayer, zwei Söhne wurden in den folgenden Jahren geboren. Ab 1884 gehörte David Hugo Mayer dem Badischen Verwaltungshof an, ab 1899 als Geheimer Regierungsrath. 1904 war er Vorsitzender Rat des Verwaltungshofs, 1906 wurde ihm der Titel Geheimer Oberregierungsrat verliehen. Nach seinem 65. Geburtstag 1919 bat er um seine Zurruhesetzung.

Am 25. August 1883 war dem gerade 29-jährigen Mayer nebenamtlich die Stelle eines Mitglieds des Badischen Oberrats der Israeliten übertragen worden. Er rückte für den verstorbenen Rechtsanwalt Adolf Strauß nach. Neben umfassenden Kenntnissen des israelitischen Kirchenrechts brachte er seine eigenen Erfahrungen im Widerstreit zwischen Tradition und Moderne aus der israelitischen Gemeinde seiner Geburtsstadt Müllheim und auch aus dem eigenen Elternhaus mit. Seine tiefe Religiosität mit liberaler Ausrichtung, verbunden mit dem Gedanken der Assimilation prädestinierte ihn trotz seines noch jungen Alters zum Reformer und Vermittler zwischen den Glaubensrichtungen. Ein frischer Zug habe sich bald bemerkbar gemacht, hieß es später. 1884 erschien, von ihm angeregt und bis 1929 als Redakteur verantwortet, das Verordnungsblatt des Großherzoglich Badischen Oberrats der Israeliten, das in einem nichtamtlichen Teil zu allgemein interessierenden jüdischen Themen Stellung nahm. Fast zeitgleich entstand mit einer Sammlung älterer, noch gültiger Gesetze und Verordnungen eine Grundlage des badisch-israelitischen Kirchenrechts. Das Voranschlags- und Rechnungswesen von Gemeinden und Bezirkssynagogen wurde geordnet, die Qualifizierung der Lehrer und die Besetzung der Rabbinatsstellen geregelt. Federführend arbeitete Mayer zudem an seinem wichtigsten Werk, der badischen Synodalverfassung, mit der die Wahl und die Rechte der Vertretung der Badischen Juden reglementiert wurden. Im Oberrat stießen seine Vorstellungen zur Assimilation in manchen Punkten auf den Widerstand der orthodoxen Mitglieder. So scheiterte 1908 Mayers Versuch, ein deutschsprachiges Gebetbuch, an dem er selbst mitgearbeitet hatte, einzuführen. Nach 37-jähriger Tätigkeit nahm er 1920 eine Wiederwahl nicht mehr an.

Noch 1904 war der überzeugte Vertreter der Emanzipation optimistisch, was die völlige Chancengleichheit von Deutschen jüdischen Glaubens in Wirtschaft und Gesellschaft anbelangte. Rund ein Jahrzehnt später war er aber zur Überzeugung gekommen, dass seine Gegner aus dem Lager der Orthodoxie den richtigen Weg gingen. Auch unter dem Eindruck des offenen Antisemitismus nach 1918 in Karlsruhe wandelte er sich zum Zionisten, der die Zukunft in der Errichtung eines jüdischen Staates sah. Sein Neffe Hugo Marx schrieb anlässlich seines 100. Geburtstags über ihn: „Er, der mit dem Ehrgeiz, einer der Vollender der jüdischen Emanzipation zu sein, in die jüdische Arena eintrat, endete als überzeugter Nationaljude“.

Unvergessen ist Mayers Wirken in Bad Dürrheim. Anlässlich der Goldenen Hochzeit des Großherzogpaares im September 1906 beschlossen Oberrat und Synodalausschuss der Badischen Israeliten, in Bad Dürrheim, dem höchstgelegenen Solekurort Europas ein Hospiz für israelitische Kinder und minderbemittelte (weibliche) Erwachsene zu errichten, dessen Grundlage eine Stiftung bildete. Nach den Plänen des Mannheimer Architekten Arthur Lehmann errichtet, konnte der Bau am 28. Juli 1912 eröffnet werden. Mayer hielt als Vorsitzender der Verwaltungskommission die Eröffnungsrede. Er war treibende Kraft für das Projekt und zusammen mit seiner Ehefrau Marie unermüdlicher Werber bis seine Kräfte versagten.

David Hugo Mayer starb am 22. Juni 1931 in Karlsruhe in seinem Haus in der Amalienstraße 40. Beigesetzt wurde er auf dem jüdischen Friedhof in Karlsruhe.

Christa Koch 2019

Quellen

Geburtsregister Mülheim; GLA 235/12637; 236/18325-18327; 466/2386; Verordnungsblatt des Oberrats der Israeliten Badens vom 30. Juni 1931, S. 9 f. (Nachruf); Allgemeine Wochenzeitung der Juden in Deutschland vom 27. August 1954 (Würdigung zum 100. Geburtstag); Adressbücher der Stadt Karlsruhe 1878-1931; http://www.alemannia-judaica.de/bad_duerrheim_friedrich-luisen-hospiz.htm (Zugriff am 6. Juli 2009).

Literatur

Juden in Baden 1809-1984. 175 Jahre Oberrat der Israeliten Badens, hrsg vom Oberrat der Israeliten Badens, Karlsruhe, Bearbeitung Dr. Jael B. Paulus, Karlsruhe 1984; Jüdisches Lexikon. Ein enzyklopädisches Handbuch des jüdischen Wissens in vier Bänden, hrsg. von Georg Herlitz und Bruno Kirschner, Bd. 3, Berlin 1929; S. Winninger: Große Jüdische Nationalbiographie mit nahezu dreitausend Lebensbeschreibungen namhafter jüdischer Männer und Frauen aller Zeiten und Länder. Ein Nachschlagewerk für das jüdische Volk und dessen Freunde, Bd. 7, Cernăuți 1936; Vom jüdischen Kinderheim zur Luisenklinik. Die Geschichte des Friedrich-Luisen-Hospizes in Bad Dürrheim 1912-12012, hrsg. von Sven Wahl und Uwe Schellinger, o. O., o. J.