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Otto Wacker


Otto Wacker

NS-Politiker, Minister, * 6. August 1899 Offenburg, † 14. Februar 1940 Karlsruhe, kath., später Austritt, ∞ 1931 Mercedes Frida Carlota Heinrich, 2 Söhne, 1 Tochter.

Otto Wacker, Sohn eines Architekten, besuchte das humanistische Gymnasium Offenburg und legte 1917 in Donaueschingen das Abitur ab. Als Soldat der Westfront (Flandern) nahm er 1917/18 am Ersten Weltkrieg teil. 1919 begann Wacker ein Architektur-Studium an der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe, das er 1921 nach dem Vorexamen abbrach. Anschließend studierte er als Werkstudent, nach dem Tod des Vaters musste er für sich und seine Mutter den Lebensunterhalt verdienen, bis 1926 Germanische Philologie, Literatur- und Kunstgeschichte in Freiburg. 1927 wurde er mit einer literaturgeschichtlichen Arbeit promoviert.

Seit 1923 beteiligte sich Wacker aktiv und engagiert am Aufbau der nationalsozialistischen Bewegung. 1924 gründete er zunächst unter dem Decknamen Deutsche Partei die Ortsgruppe Offenburg der NSDAP. Ende 1925 trat er der im Frühjahr wieder zugelassenen NSDAP bei. 1929 wurde er Mitglied der SA, im Dezember 1933 der SS. 1937 wurde er SS-Oberführer im Stab des Reichsführers SS.

Zum 1. April 1928 übernahm Wacker in Karlsruhe die Hauptschriftleitung der NS-Zeitung Der Führer. Unter seiner Verantwortung entwickelte sich das NS-Organ von der Wochen- zur Tageszeitung mit stetig steigender Auflage. Dabei hatte Wacker als Schriftleiter zahlreiche verleumderische und aufhetzende Artikel gegen Regierung, Parteien und ihre Vertreter sowie das Parlament zu verantworten. Dafür stand er mehr als 30-mal vor Gericht und wurde fünfmal verurteilt, darunter einmal wegen übler Nachrede zu einer mehrmonatigen Haftstrafe. 1931-1933 leitete Wacker zudem die NS-Presseabteilung des Gaus Baden in Karlsruhe.

Nach der NS-Machtübernahme wurde Wacker am 11. März 1933 in Baden kommissarischer Leiter des Ministeriums für Kultus und Unterricht und am 17. April kommissarischer Justizminister. Beide Ministerien wurden ihm am 6. Mai regulär übertragen und zwei Tage später übernahm der 33-jährige auch das Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten. Justizminister blieb er bis zum Übergang der Justizhoheit auf das Reich am 1. Januar 1935. Außerdem wurde er ab 1933 Mitglied des Reichstages und 1933/34 des Reichsrats.

Als badischer Kultusminister trieb Wacker zügig die nationalsozialistische Ideologisierung der Lehrinhalte und die Gleichschaltung in den Schulen und Hochschulen voran. Mit seiner besonders strengen Umsetzung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums mussten auch zahlreiche vom Gesetz nicht betroffene jüdische Beamte aus dem Dienst ausscheiden. Als einer der ersten führte Wacker an den Hochschulen des Landes das Führerprinzip ein und entzog ihnen damit jegliches Recht auf Selbstbestimmung. Zudem meldete er im Herbst 1935 mit Stolz, dass sämtliche jüdischen Lehrer von den Volksschulen entfernt worden seien. Kirchenpolitisch nahm Wacker nach anfänglicher Zurückhaltung seit 1935 eine zunehmend kirchenfeindliche Haltung ein. So ermöglichte er den staatlichen Behörden, Religionslehrer abzusetzen und verfolgte eine kontinuierliche Zurückdrängung des klerikalen Einflusses auf die Politik einschließlich der Einstellung der staatlichen Zuwendungen an die Kirchen. Wackers Verbindung zur badischen Heimat fand Ausdruck in der Förderung regionaler Kultur und der Heimatvereine.

Unter Weiterführung seines badischen Ministerpostens wurde Wacker 1937 zum Leiter des Amtes Wissenschaft im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung berufen. Hier besorgte er maßgeblich die Etablierung des Führerprinzips in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, zu deren Erstem Vizepräsidenten er 1937 berufen wurde. Außerdem ernannte man ihn zum Stellvertreter des Präsidenten des neu gegründeten Reichsforschungsrats. Letztlich aber konnte sich Wacker in den Berliner Auseinandersetzungen zwischen Ministerien und Parteidienststellen nicht durchsetzen. Nachdem er nicht wie gewünscht zum Staatssekretär ernannt wurde, zog er sich am 1. Mai 1939 nach Karlsruhe zurück. Hier starb der überzeugte Nationalsozialist, Antisemitit und Anhänger der NS-Rasseideologie nach einem noch in Berlin erlittenen Herzinfarkt im Alter von 40 Jahren.

René Gilbert/Manfred Koch 2016

Quellen

GLA 231/3381, 234/5716, 5731-5732, 235/37452, 309/1112, 1124, 1171-1173, 466-22/6696, N Wacker, Otto.

Werk

Studien über die groteske Satire bei Johann Fischart, Diss. Freiburg 1927; Das Gesicht der Ortenau, in: Badische Heimat 22 (1935), S. 5-40; Ortenauer Mosaik, in: Mein Heimatland 24 (1937), S. 169-173; Wissenschaftspolitik und Nachwuchs – Rede gehalten auf der ersten großdeutschen Rektorenkonferenz am 7. März 1939, Graefenhainichen 1939.

Literatur

Katja Schrecke: Zwischen Heimaterde und Reichsdienst. Otto Wacker, Badischer Minister des Kultus, des Unterrichts und der Justiz, in: Die Führer der Provinz. NS-Biographien aus Baden und Württemberg, hrsg. von Michael Kißener und Joachim Scholtyseck, Konstanz 1999, S. 705-732; Hans-Georg Merz: Wacker, Otto, in: Badische Biographien NF Bd. IV, hrsg. von Bernd Ottnad, Stuttgart 1996, S. 300-305, http://www.leo-bw.de/web/guest/detail/-/Detail/details/PERSON/kgl_biographien/101778848/biografie; Ludger Syré: http://ns-ministerien-bw.de/2016/02/unser-bester-landsmann-aus-privaten-und-offiziellen-kondolenzschreiben-an-otto-wackers-witwe/; ders.: http://ns-ministerien-bw.de/2014/12/otto-wacker-kultus-und-justizminister/