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Gotthold Eugen Mayer


Gotthold Mayer, Foto aus: Heinrich Lamprecht: 40 Jahre Badische Beamtenbank, Karlsruhe 1962.

Gotthold Eugen Mayer

Postbeamter, Gründer der Badischen Beamtenbank, NS-Gegner, * 18. Mai 1887 Sprantal/Stadt Bretten, † 7. Februar 1970 Langensteinbach/Lkr. Karlsruhe, ev., ∞ 1914 Anna Maria Magdalena Eisert (1890-1972), 2 Töchter.

Gotthold Mayer, ältestes von vier Kindern des späteren Durlacher Volksschulrektors Gotthilf Mayer, besuchte die Volksschule Bretten und anschließend die Oberrealschule Bruchsal. Seine berufliche Laufbahn begann er 1903 als Schreibgehilfe beim Postamt Flehingen. Ab 1914 arbeitete Mayer für den Reichsverband Deutscher Post- und Telegrafenbeamter, 1920 wurde er Vorsitzender der Bezirks-Postgewerkschaft für das Land Baden. Während des Ersten Weltkriegs war Mayer Vorsteher der Feldpostsammelstelle Karlsruhe.

Wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Not in der Frühphase der Weimarer Republik, insbesondere aber wegen der geringen Kreditwürdigkeit von Beamten, gründete Mayer mit Kollegen am 12. November 1921 eine "eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung zum Zwecke der geldwirtschaftlichen Förderung aller Mitglieder des Landeskartells Baden des Deutschen Beamtenbundes". Diese bestand aus 33 Gründungsmitgliedern und nahm als Badische Beamten-Genossenschaftsbank eGmbH am 1. Januar 1922 in einem kleinen Raum des Hauses Nowackanlage 19 ihre Arbeit auf, wobei Mayer erster Vorstandsvorsitzender wurde. Mit einer bemerkenswerten Begabung als Bankier und einem Talent zu Menschenführung bei gleichzeitig bescheidenem Auftreten gelang es Mayer in den folgenden Jahren, eine enorme Zahl an Mitgliedern für sein Geldinstitut zu gewinnen. Bereits am Jahresende 1922 hatte die Bank 7.800 Mitglieder, 1923 waren es 20.204 Mitglieder, und 1930 schon 58.541.

Wegen des Vorwurfs Untreue und Vergehen gegen das Genossenschaftsgesetz wurde Mayer Ostern 1933 verhaftet. Obwohl die Haltlosigkeit dieser Behauptung rasch erwiesen war, hielt die Justiz auf Betreiben der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) den NS-Gegner Mayer dennoch sechs Monate in Haft. Im Januar 1934 stellte der Untersuchungsrichter beim Landgericht Karlsruhe schließlich die völlige Unschuld Mayers fest. Dennoch musste die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen fortsetzen, bis das Verfahren aufgrund der sogenannten Hindenburg-Amnestie im Oktober 1934 niedergeschlagen und Mayer damit die formelle Rehabilitierung verweigert werden konnte. Seiner Stellung in der Bank verlustig und einem beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren entgegensehend, verzog Mayer mit seiner Familie nach Berlin. Dort gelang es ihm 1935, durch persönliche Vorsprache beim Reichspostministerium das Disziplinarverfahren gegen eine vorzeitige Zurruhesetzung einzutauschen. Anschließend arbeitete Mayer in untergeordneter Funktion bei der ebenfalls von ihm gegründeten Reichszentralkasse der Beamtenbanken. Außerdem gründete er in Berlin eine lokale Beamtenbank, die nach Kriegsende mit der Volksbank Berlin-Friedrichsstadt fusionierte.

Im Dezember 1945 kehrte Mayer mittellos nach Karlsruhe zurück und übernahm nach seiner Rehabilitierung im Januar 1946 erneut die Leitung der Beamtenbank. Für seine politisch motivierte Haftzeit wurde ihm eine Entschädigung von 600 DM zuerkannt. Eine Wiedergutmachung lehnte das zuständige Landesamt dagegen ab, weil Mayer durch seine Tätigkeit in Berlin "keinen Schaden im wirtschaftlichen Fortkommen" gehabt habe. Mit Innovationen bei der Geldanlage und charakterlicher Integrität führte Mayer die Bank durch die Währungsreform hinein in die Wirtschaftswunderzeit der Bundesrepublik. Zuletzt als Ehrenvorsitzender, beteiligte sich Mayer bis wenige Tage vor seinem Tod noch am laufenden Geschäftsbetrieb. Geehrt wurde Mayer mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse und der Schulze-Delitzsch-Gedenkmedaille in Gold.

René Gilbert 2017

Quellen

GLA 243/990-997; 480/4844 (1-2).

Literatur

Heinrich Lamprecht: 40 Jahre Badische Beamtenbank, Karlsruhe 1962; Wolfgang Leiser: Mayer, Gotthold Eugen, in: Badische Biographien NF Bd. I, hrsg. von Bernd Ottnad, Stuttgart 1982, S. 207-209, https://www.leo-bw.de/detail/-/Detail/details/PERSON/kgl_biographien/1012286436/Mayer+Gotthold+Eugen (Zugriff am 10. Mai 2022).