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Industriewerke Karlsruhe-Augsburg AG (IWKA)


Luftbild der IWKA, 1965, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA IWKA Aaa 00.

Industriewerke Karlsruhe-Augsburg AG (IWKA)

Die IWKA hatte ihren Anfang in den auf 1889 bzw. 1872 zurückgehenden Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken AG (DWM), durch Umbenennung derselben 1949 in Industriewerke Karlsruhe AG (IWK). Anstelle der früheren, infolge der Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg nicht mehr möglichen, überwiegend militärischen Produkte, baute das Unternehmen zunächst konsequent den zivilen Produktionsbereich aus. Es wurde weltmarktführend in dem neuen Kernbereich der Verpackungsmaschinen und Industriepressen. Daneben produzierten die inzwischen wieder etwa 4.000 Arbeitskräfte im Karlsruher Werk zwischen Brauerstraße, Südendstraße, Lorenzstraße und Gartenstraße auch Drehbänke unter dem Namen Schaerer, ebenso Industrienähmaschinen, Maschinen für chemische Faserproduktion, Regelarmaturen, Extraktionsanlagen oder Leichtstahlflaschen. 1958 wurde das seit 1945 brachliegende Zweigwerk Grötzingen, auf dem gerade noch etwa 25 Beschäftigte Sport- und Viehbetäubungsmunition herstellten, wiederaufgebaut, vor allem eine Produktionshalle mit 5.000 Quadratmetern, da im Stammwerk die Kapazität erschöpft war. Mit der Gründung der Bundeswehr 1955 versprach man sich Großaufträge für Infanteriemunition. In den 1960er-Jahren folgten große Umstrukturierungsmaßnahmen mit Beschäftigtenabbau. Das Werk Grötzingen mit zuletzt 150 Beschäftigten wurde 1972 stillgelegt.

1970 erfolgte die Fusion mit dem ebenfalls zur Quandt-Gruppe gehörenden Augsburger Traditionsunternehmen Keller & Knappich GmbH (KUKA), das seine Schwerpunkte in Schweißanlagen und Wehrtechnik hatte und in den 1980er-Jahren die Schweißtechnik in den Roboterbau integrierte. Damit verbunden war die Änderung des Firmennamens in Industriewerke Karlsruhe-Augsburg AG (IWKA), der Firmensitz blieb Karlsruhe. 1979 begann die zehn Jahre zuvor erstmals angedachte Verlegung der Produktion nach Stutensee-Blankenloch auf das Areal der 1977 stillgelegten Nähmaschinenfabrik Singer. Im Karlsruher Werk verblieben nur noch die Stahlflaschen- und die militärische Minenproduktion. Sie wurden dann 1981 selbstständige Zweigbetriebe. Das Unternehmen schrieb immer wieder Verluste und strukturierte mit verschiedenen Konsolidierungsmaßnahmen ständig um mit Zu- und Verkäufen von Zweigunternehmen. Der Hauptaktionär, Herbert Quandt für die Quandt-Familie mit über 75 % Aktienanteil, gab 1980 den größten Teil seines Aktienpakets ab und ebnete so den Weg für eine Umstrukturierung, die 1981 zur Umwandlung der IWKA in rechtlich selbstständige Gesellschaften als GmbHs führte und die AG zu einer reinen Holdinggesellschaft machte. Diese reduzierte die zuvor acht Bereiche umfassende Firmengruppe mit Regler und Kompensatoren, Fahrzeuginstandsetzung, Chemiefasermaschinen, Verpackungs-, Umwelt-, Wehrtechnik, Schweißanlagen und Robotern immer weiter.

Die Industrieholding IWKA blieb im Bürogebäude in der Gartenstraße 71 und damit in Karlsruhe als äußerst schlanke Zentrale mit gerade 40 bis 50 Angestellten. Zivile und wehrtechnische Bereiche machten zu diesem Zeitpunkt die Hälfte des Umsatzes von rund 660 Millionen DM aus. Dieser überstieg 1987 in der Holding erstmals die Milliardenmarke. Währenddessen war die Zahl der Beschäftigten am lokalen Standort bereits 1976 auf unter 2.000 gesunken und fiel bis 1983 auf 900. Weitere Entlassungen durch Verkäufe und Fabrikationsverlagerungen folgten, während IWKA durch die KUKA-Tochterfirma in Augsburg weltführend in der Robotertechnik wurde und Umsatz- und Gewinnsteigerungen erfuhr. Seit den 1990er Jahren expandierte die Firmengruppe nach Osteuropa und China, der Umsatz erreichte 1999 fast 3,5 Milliarden DM. 1999 zog die Firmenzentrale aus der Gartenstraße nach Ettlingen, gedacht war übergangsweise, um auf dem letzten so genannten Filet-Stück des ehemaligen Firmenareals innerhalb von zwei Jahren einen Neubau für ihre IWKA-Hauptverwaltung zu errichten. 1999 erfolgte der Verkauf des wehrtechnischen Bereichs an die Rheinmetallgruppe und im Gegenzug der Erwerb von deren Verpackungstechnik. Die vier Hauptbereiche waren nun Roboter-, Automobil-, Prozess- und Verpackungstechnik, wobei nur letztere in Blankenloch produzierte.

Der 2003 mit dem Ziel, die Shareholderwerte zu steigern, eingestiegene US-Großinvestor Wyser-Pratte setzte zusammen mit Fondsbeteiligungsgesellschaften auf die Zerschlagung des Gesamtkonzerns und Konzentration auf die Robotertechnik und schaffte 2005 den Wechsel der Führungspositionen in Vorstand und Aufsichtsrat. 2006 kam der Beschluss zur Verlegung der IWKA-Zentrale nach Augsburg zur KUKA, deren Robotertechnik 70 % des Konzernumsatzes ausmachten. Der bis dahin immer noch nicht erfolgte Neubau der Zentrale an der Gartenstraße war damit endgültig hinfällig. Das nur dem Namen nach noch Karlsruher Traditionsunternehmen verschwand mit dieser Verlegung vollends, da der Firmenname IWKA abgelegt wurde und der Konzern seitdem als KUKA firmiert. In Blankenloch bestand die IWK Verpackungstechnik GmbH mit rund 330 Beschäftigten (2013) weiter, seit 2013 als Tochter des kanadischen Unternehmens ATS Company.

Das Firmenareal am ehemaligen Hauptsitz erlebte seit den 1990er-Jahren eine Konversion zu öffentlicher Verwaltung (unter anderem Bundesanwaltschaft, Arbeitsagentur), Dienstleistungen (unter anderem ATRIUM), Kultur und Kunst (unter anderem Zentrum für Kunst und Medien (ZKM), Städtische Galerie und Multiplex-Kino) sowie Wissenschaft (Hochschule für Gestaltung (HfG)). In Grötzingen entstand auf dem früheren Firmenareal das Wohngebiet Am Speitel.

Jürgen Schuhladen-Krämer 2019

Quellen

StadtAK 8/ZGS 78.4; 8/FA IWKA; zahlreiche Bauakten in 1/BOA; zahlreiche Akten zur Bauplanung des Areals seit 1960 in 1/H-Reg.

Literatur

Andrea Gnam: Block A der IWKA – Industriewerke Karlsruhe-Augsburg, in: Industrie-Architektur in Karlsruhe, Karlsruhe 1993, 2.Aufl., S. 105-116 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 6); Horst Zajonc: Die IWKA verlagern ihre Produktion. Die wechselvolle Nachkriegsgeschichte eines großen Industriebetriebs, in: Jenseits der Brauerstraße. Der Hallenbau A krönt eine neue Stadtlandschaft, Hrsg. Stadt Karlsruhe, Koordinierungsstelle Stadtsanierung, Karlsruhe 1997, S. 42-53.