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Schaerer-Werke


Belegschaftsfoto, aufgenommen bei der Feier anlässlich der Aufhebung der Besetzung des Karlsruher Rheinhafens durch französische Truppen, Aufnahme vom 24. Oktober 1924, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS XIVf 31.
Gesamtansicht der Schaerer-Werke, ca. 1930, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVf 43.

Schaerer-Werke

Zum 1. Juli 1906 übernahmen der Ingenieur Otto Schaerer und der Kaufmann Ferdinand Lindemeyer die Spezialabteilung für Werkzeugmaschinen der Firma Robert Bosch. Die Fabrikation wurde 1907 nach Karlsruhe in neu errichtete Fabrikationshallen in dem nur wenige Jahre zuvor eingeweihten Rheinhafen, in die Hansastraße 7-9 verlegt. 1908 trat als Teilhaber Carl Benckiser ein. 1919 schied Otto Schaerer aus, das Unternehmen wurde in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt, in die in den folgenden Jahren wechselnde Gesellschafter einstiegen. Die Produktion hochspezialisierter Drehbänke fand im In- und Ausland rege Nachfrage, so dass die Beschäftigtenzahl von etwa 200 vor dem Ersten Weltkrieg auf fast 500 vor dem Zweiten Weltkrieg durch Ausweitung der Produktion anstieg. Rückschläge gab es mit der Stilllegung der Produktion während der französischen Rheinhafenbesetzung 1923/24 und während der Weltwirtschaftskrise zu Beginn der 1930er Jahre. Die Friedensproduktion lag bei ca. 360 Maschinen und Ersatzteilen. 1943 erfolgte die Umwandlung in eine GmbH mit Übernahme der Geschäftsanteile durch die Mauser-Werke AG Günther Quandts. Geschäftsführer wurden die Diplomingenieure Kurt Fleck/Oberndorf, Vorstand der Mauser-Werke, und Werner Koch/Karlsruhe.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde in Karlsruhe unter anderem die 3,7 cm-Flak hergestellt. 1942 und 1944 wurde das Fabrikgelände bei Luftangriffen schwer zerstört. Die Betriebsanlagen wurden auf Anweisung der Wehrmacht noch in den letzten Kriegstagen im März 1945 nahezu komplett nach Gottmadingen ausgelagert. 1945 demontierte die französische Besatzungsmacht die verbliebenen Betriebsanlagen vollständig.

Die Schaerer-Werke erhielten im März 1946 die Wiederzulassung allerdings ohne ihre Geschäftsführer, die wegen ihrer Mitgliedschaft in der NSDAP für eine Weiterbeschäftigung nicht in Frage kamen. Sie begannen nach 1946 zunächst mit circa 15 Beschäftigten als kleiner Reparaturbetrieb unter der Leitung des Ingenieurs Friedrich Speck für Maschinen und mühten sich lange vergeblich, wieder an die Zeit als Maschinenfabrik anzuknüpfen. Die Firmenanteile wurden 1949 von der Stahlwerkbaufirma J. Gollnow & Sohn übernommen. Diese Firma hatte 1946 das ausgebombte Schaererwerksgelände nahezu komplett pachtweise zugewiesen bekommen und sah sich mit den Ansprüchen des Eigentümers konfrontiert, das komplette Fabrikgelände wieder zurückzugeben. J. Gollnow & Sohn verkaufte 1951 die Hälfte der Firmenanteile an die IWK AG (IWKA), die nun den früheren Geschäftszweig der Fertigung von Werkzeugmaschinen unter dem Markennamen Schaerer-Drehbänke im eigenen Betrieb in der Gartenstraße 71 ausführte und erweiterte. Die Schaerer-Werke in der Hansastraße mussten dagegen mit neuen Produkten versuchen, auf dem Markt zu bestehen.

Das mit hohem Aufwand entwickelte automatische Beier-Getriebe führte zu neuen Produktionshöhen mit circa 150 Beschäftigten 1956, konnte sich aber nicht durchsetzen. Die Ertragslage war unbefriedigend, so dass Liquiditätsprobleme die Folge waren. Die Fabrikation der Schaerer-Werke in der Hansastraße wurde eingestellt und das Firmengelände veräußert, so dass diese Schaerer-Werke-Tradition bereits in den 1960er-Jahren verschwand. Der Traditionsname bestand dennoch zunächst als Bereich der IWKA weiter. Bei den zahlreichen Umstrukturierungen der IWKA ging dieser schließlich seit 1981 in die IWK-Schaerer Werkzeugmaschinen GmbH über und wurde im Zuge der zahllosen Übernahmen und Verkäufe der zur Holding gewordenen IWKA AG in deren 1987 erworbene Boehringer Werkzeugmaschinen GmbH in Göppingen eingebracht. Diese wiederum wurde bei einer abermaligen Umstrukturierung der IWKA 2004 veräußert und ging in die MAG-Gruppe über. 2007 erwarb die im Landmaschinensegment tätige Mammut Werkzeugmaschinenfabrik GmbH aus dem mittelfränkischen Langenzenn zur Stärkung ihres Ersatzteil- und Servicegeschäftes den Ersatzteilvertrieb und Kundendienst der früheren Schaerer-Produktion. Damit verschwand der Name der Schaerer-Produkte endgültig.

Jürgen Schuhladen-Krämer 2016

Quellen

StadtAK 1/BOA 4280 und 4286; 1/H-Reg 6155; 1/Wi-ko Amt 129; 8/ZGS 78.4; GLA 237 Zug. 1967-19 Nr. 1647.

Literatur

Peter Dallhammer: Waffenforschung 1945: Visit to Mauser-Werke, Norderstedt 2020, S. 46.