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Karlsruher Rundschau


Titelseite der zweiten Nullnummer der Karlsruher Rundschau, Juni 1982, Stadtarchiv Karlsruhe 8/Ze 22.

Karlsruher Rundschau

Das Wochenblatt Karlsruher Rundschau entstand auf Initiative einiger Teilnehmer an einem Treffen Ende 1981, bei dem eine Gruppe von Karlsruherinnen und Karlsruhern über eine eigene Zeitung beriet. Da über die Ausrichtung keine Einigkeit erzielt werden konnte, gründete ein Teil den Gegendruck, ein anderer die Karlsruher Rundschau. Am 14. Mai 1982 erschien deren erste Nullnummer nach dem Vorbild der Kieler Rundschau und der Hamburger Rundschau, wo ebenfalls die Absicht im Vordergrund stand, den etablierten konservativen Monopolzeitungen eine Alternative zu bieten. Der in der Kriegsstraße 107 ansässige und zu Beginn des Jahres gegründete Verein für Pressevielfalt warb, die Rundschau, die unabhängig von einem Verleger oder einer Partei sei, mit einem Abonnement und dem Erwerb eines Anteils in Höhe von mindestens 500 DM zu unterstützen. Den Verein hatten Journalisten, Lehrer, Kaufleute, Rechtsanwälte und Grafiker gegründet, um eine fortschrittlichen und demokratischen Grundsätzen verpflichtete Zeitung herauszugeben. Diese werde für die Sicherung und Verwirklichung der Grund- und Freiheitsrechte, für Mitbestimmung, die Rechte der Frauen, für eine sozial und ökologisch stabile Umwelt und den Schutz der Verfassung eintreten. Zu den Gründern gehörten die drei ehemaligen Redakteure der Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) Jörg Brillen, Michael Dietrich und als presserechtlich verantwortlicher Redakteur Josef-Otto Freudenreich.

Die Rundschau war eine Kampfansage an die einzige Karlsruher Tageszeitung Badische Neueste Nachrichten (BNN), der man „Hofberichterstattung aus dem Rathaus, Bulletins aus den Chefetagen der Wirtschaft, Unterdrückung von Minderheiten und Minderheiten-Meinungen“ vorwarf. Die Rundschau dagegen, die ihren Redakteuren und Lesern gehöre, sei entschieden demokratisch.

Der für den Herbst 1982 angekündigte Start als Wochenblatt verzögerte sich allerdings bis 24. Februar des folgenden Jahres, nachdem Mitte Januar rund 1.150 Abonnements gewonnen waren. Dass die Zeitung überhaupt über einen längeren Zeitraum erscheinen konnte, war nur möglich, weil Redakteure und Mitarbeiter oft ohne Bezahlung gearbeitet hatten. Schwerpunkte waren unter anderem Berichte über die Friedensbewegung und Artikel zum Nationalsozialismus und zur Verfolgung der Juden.

Seit Anfang April 1982 trat an die Stelle des Vereins für Pressevielfalt die Karlsruher Rundschau Verlagsgesellschaft. Letztlich konnte sich die Karlsruher Rundschau trotz professioneller journalistischer Beiträge nicht neben der übermächtigen BNN behaupten, der Sprung zu einer Tageszeitung gelang nicht, am 1. Juni 1984 erschien die 75. Ausgabe als letzte mit dem Titelblatt „Die endliche Geschichte“. Wirtschaftliche Gründe waren dafür ausschlaggebend. Zuletzt lag das monatliche Defizit bei 30.000 DM. Die Zahl der Abonnenten war nicht in dem erforderlichen Maße gestiegen und vor allem war es nicht gelungen, genügend Anzeigen zu akquirieren.

Ernst Otto Bräunche 2021

Quelle

Karlsruher Rundschau, StadtAK 8/Ze 22.

Literatur

Ernst Otto Bräunche: "Schon wieder eine neue Zeitung!" Ein Überblick zur Entwicklung der Presselandschaft in Karlsruhe seit dem 18. Jahrhundert, in: Bewegte Zeiten. Beiträge zur Karlsruher Geschichte, hrsg. von Manfred Koch, Ubstadt-Weiher 2022, S. 187-216, S. 200-202 (= Forschungen und Quellen. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 21).