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Gertrud-Bäumer-Schule


Bronze Reflek(x)tion mit den Skulpturen Gertrud Bäumers und Friedrich Naumanns vor dem Haupteingang, Foto: Arthur Mehlstäubler, Stadtarchiv Karlsruhe 11/DigA 43/145 DO.

Gertrud-Bäumer-Schule

Die Gertrud-Bäumer-Schule geht auf die Städtische Hausfrauenschule zurück, die 1938 aus der Vereinigung der städtischen Frauenarbeitsschule (Sophienschule) mit der Frauenarbeitsschule vom Deutschen Roten Kreuz hervorging. Beide Schulen waren bis zu diesem Zeitpunkt Handarbeitsschulen gewesen, an denen schulentlassene Mädchen und junge Frauen in Jahres- oder dreimonatigen Tages- und Abendkursen in Hand-, Maschinen- und Weißnähen, Kleidermachen, Weiß- und Buntsticken, Flicken und Bügeln ausgebildet wurden. Geschäftsaufsätze, Buchführung, Kostenberechnung, Bürger- bzw. Lebenskunde rundeten den Unterricht ab.

Bei der Städtischen Hausfrauenschule, die in den Räumen der bisherigen Frauenarbeitsschule (Sophienschule) in der Südendschule II untergebracht war, stand nun nicht mehr weibliche Handarbeit, sondern mit Blick auf die künftige Rolle der Frau und Mutter in der Familie und der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft die hauswirtschaftliche Ausbildung im Vordergrund, bei der dem Kochunterricht einschließlich der Ernährungs- und Nahrungsmittellehre die größte Bedeutung zukam. Weitere Fächer zur Vorbereitung auf den „Hausfrauenberuf“ waren Haushaltungskunde, Hausarbeit (Waschen, Bügeln), Gesundheitspflege (Kranken- und Säuglingspflege), Handarbeit, Gartenbau und Blumenpflege, weltanschaulicher Unterricht, Deutsch, Rechnen, hauswirtschaftliche Buchführung, Turnen und Gesang. Zur Rektorin der neuen Lehranstalt wurde die bisherige stellvertretende Leiterin der Karlsruher Mädchenfortbildungsschule, Hedwig Hauer, ernannt.

Bereits zu Ostern 1940 wurde die zweijährige Städtische Hausfrauenschule in eine „Städtische Haushaltungsschule (Berufsfachschule)“ umstrukturiert. Diese bestand aus einer einjährigen Haushaltungsschule mit Ganztagsunterricht für Volkschulabsolventinnen. Mädchen, die einen sozialpädagogischen oder hauswirtschaftlichen Beruf anstrebten, konnten nach Abschluss der Haushaltungsschule die angeschlossene einjährige Kinderpflege- und Haushaltsgehilfinnenschule (Berufsfachschule) besuchen. Außerdem wurde der Haushaltungsschule noch eine zweijährige Städtische Frauenfachschule mit 36 Wochenstunden angegliedert, deren erste Klassenstufe in einen A-Zug für Schülerinnen der Mittel- und Oberschule und einen B-Zug für Absolventinnen der Haushaltungs-, Kinderpflege- und Haushaltsgehilfinnenschule sowie der dreijährigen hauswirtschaftlichen Berufsschule (heute Helene-Lange-Schule) unterteilt war. Nach einem einjährigen Praktikum – sechs Monate in einem größeren Haushalt und sechs Monate in einem Großbetrieb – konnte die zweite Klassenstufe der Frauenfachschule (Fachklasse II) durchlaufen werden, die mit der Staatsprüfung in Hauswirtschaft abschloss, welche die Voraussetzung für eine Tätigkeit als Hauswirtschaftsleiterin, -lehrerin oder in einem sozialen und pflegerischen Beruf bildete. Zu Ostern 1944 zählte die Städtische Haushaltungs- und Frauenfachschule 375 Schülerinnen, von denen 225 auf die Haushaltungs-, 18 auf die Kinderpflege- und 132 auf die Frauenfachschule entfielen. Als bei den Luftangriffen am 5. und 28. September 1944 das Doppelschulhaus in der Graf-Rhena-Straße 18 getroffen und der Westflügel mit den vier Lehrküchen großenteils zerstört wurde, musste zum Monatsende der Unterricht eingestellt werden.

Zum 1. Oktober 1946 nahm die Städtische Haushaltungs- und Frauenschule unter der Leitung von Karola Baader, die seit 1924 als Lehrerin an der Karlsruher Fortbildungsschule tätig war, den Unterricht in beschränktem Umfang wieder auf. Die Haushaltungsschule (vier Klassen mit je 26 Schülerinnen) war in der Tullaschule und die Klassen I a und I b der Frauenfachschule mit 32 und 27 Schülerinnen im Stadtschulamt in der Kreuzstraße 15 untergebracht. Im September 1947 wurde auch wieder eine Kinderpflegerinnenklasse eröffnet.

Parallel zur einjährigen Haushaltungsschule als Vorstufe zu einer hauswirtschaftlichen Berufsausbildung wurde im September 1948 – „an die Tradition der ehemaligen Städtischen Sophienschule (Frauenarbeitsschule)“ anknüpfend – eine städtische Frauenarbeitsschule eingerichtet, in der Schülerinnen ein halbes Jahr in Weißnähen und ein halbes Jahr in Kleidermachen unterrichtet wurden. Die Frauenarbeitsschule bildete die Vorstufe für den im Herbst 1949 neu geschaffenen gewerblichen Zweig der Frauenfachschule, der nach zwei Schuljahren und einem einjährigen Zwischenpraktikum mit der Staatsprüfung in Nadelarbeit abschloss und eine Ausbildung zur Damenschneiderin, zur Modezeichnerin oder für eine leitende Stelle im Konfektionsbereich ermöglichte. Zum gewerblichen Zweig der Frauenfachschule gehörte auch das zweijährige Staatliche Seminar als Vorstufe für ein Lehramt in Handarbeit, Hauswirtschaft und Leibesübungen.

Nach notdürftigen Instandsetzungsarbeiten konnten die Klassen der Städtischen Haushaltungs- und Frauenfachschule 1948 in die Südendschule II zurückkehren. 1952 wurde die Schule dem Oberschulamt unterstellt. Steigende Schülerzahlen und eine veraltete Ausstattung führten bereits 1954 die Dringlichkeit eines modernen Schulhausneubaus vor Augen. Anfang der 1960er-Jahre stand mit dem als künftiges Berufsschulzentrum ausgewiesenen Beiertheimer Feld das Baugelände fest. Dennoch entstanden noch drei Schulhausneubauten auf dem Areal zwischen der Brauerstraße im Osten, der Steinhäuserstraße im Westen, der Südendstraße im Norden und der Hermann-Veit-Straße im Süden, bevor im September 1984 die Lehranstalt endlich ihr neues Schulhaus in der Steinhäuserstraße 27 beziehen konnte (Einweihung 5. Dezember 1984).

Trotz der äußerst unzulänglichen Raumsituation und Ausstattung in der Südendschule II wurden die Bildungs- und Berufsausbildungsmöglichkeiten der Haushaltungs- und Frauenfachschule stetig ausgebaut: 1960 kamen der Lehrgang zur staatlich geprüften Wirtschafterin, 1966 die zweijährige hauswirtschaftlich-pflegerische und sozialpädagogische Berufsfachschule und 1968 das Frauenberufliche Gymnasium dazu. 1973 wurde die Schule nach der Politikerin und Frauenrechtlerin Gertrud Bäumer benannt. Zum Schuljahr 1977/78 wurden erstmals auch Schüler in die Einrichtung aufgenommen, weswegen man den geschlechterspezifischen Zusatz „Frauen-“ in den betreffenden Abteilungen tilgte. Der offizielle Name lautete beim Bezug des für 700 Schülerinnen und Schüler konzipierten Neubaus im September 1984, dessen drei eingeschossige Trakte die Form eines Fächers bilden, an den ein dreigeschossiger Nordwesttrakt für Klassenzimmer und Verwaltung anschließt, Gertrud-Bäumer-Schule / Hauswirtschaftliche Berufsfach- und Fachschule und Berufliches Gymnasium. Seit 1987 bereichern zwei Skulpturen die Schulanlage: Zum einen die Bronze Reflek(x)tion von Jürgen Goertz vor dem Haupteingang, welche Gertrud Bäumer mit ihrem Mentor und Parteikollegen Friedrich Naumann zeigt, und zum anderen die aus Marmor (Figur) und Granit gefertigte Plastik „Stein ist … doch was ist außer Stein“ von Hans Vaupel im begrünten Innenhof. Zum Schuljahr 1996/97 verschmolz die Gertrud-Bäumer-Schule mit der benachbarten Helene-Lange-Schule, einer ebenfalls hauswirtschaftlich-pflegerisch und sozialpädagogisch ausgerichteten Lehranstalt, zur Elisabeth-Selbert-Schule.

Katja Förster 2021

Quellen

StadtAK 1/H-Reg 4991, 5056, 5065; Der Führer vom 14. März 1938 (Schülerinnen stellen aus. Eine interessante Schau in der Südend-Schule), https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/date/day/3066784?d=1938-03-14 (Zugriff am 10. April 2021); Badische Neueste Nachrichten (BNN) vom 28. Dezember 1946 (Aus der Stadtratssitzung), https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/date/day/4639238?d=1948-12-28 (Zugriff am 10. April 2021).

Literatur

Festschrift der Gertrud-Bäumer-Schule Karlsruhe, hrsg. von der Gertrud-Bäumer-Schule und dem Verein der Gertrud-Bäumer-Schule e. V., Karlsruhe 1984; Jahresberichte der Gertrud-Bäumer-Schule 1984/85-1995/96, hrsg. vom Verein der Gertrud-Bäumer-Schule in Zusammenarbeit mit Schuldirektion; BNN vom 20. Dezember 1947 (Schülerinnen kochen für Studenten. Von der Schülerin der Frauenfachschule zur Wirtschaftsleiterin), 2. September 1949 (Was vermittelt die Frauenfachschule), 11. September 1981 (Oberbürgermeister Dullenkopf: „35 Millionen Mark – eine Investition in unsere Jugend“. Gestern Grundsteinlegung für die neue Gertrud-Bäumer-Schule), 6. Dezember 1984 (Oberbürgermeister übergab feierlich neues Gebäude der Gertrud-Bäumer-Schule. Zeit der Notlösungen nun offiziell beendet).