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Sophienschule


Sophienschule

Unter der Leitung von Großherzogin Sophie gründeten 1831 Frauen in Karlsruhe einen Verein zum Zwecke der Wohltätigkeit und Fürsorge. Bereits 1832 übernahm der Verein, der seit dem Tod der Großherzogin 1865 als Sophien-Frauenverein firmierte, die öffentliche Suppenanstalt im Armenhaus in der Spitalstraße (heute Markgrafenstraße) 26 und 1840 richtete er unter Mitwirkung von Polizeiamt und Armenkommission im Gewerbehaus in der Spitalstraße 31 auch eine Nähschule ein, in der konfirmierte Töchter mittelloser Eltern in Bügeln und weiblichen Handarbeiten unterrichtet wurden. 1841 zählte die Sophienschule 53 Schülerinnen.

Seit 1876 stand die Schule unter dem Protektorat der Großherzogin Luise, die 1859 den Badischen Frauenverein gegründet hatte. Wegen der stetig wachsenden Schülerzahl wurde die Sophienschule 1882 in den südlichen Rathausflügel und 1891 in das neu erbaute Luisenhaus an der Ecke Rüppurrer-/Bahnhofstraße (heute Baumeisterstraße) verlegt. Seit 1892 unterstand sie als Fortbildungsschule für weibliche Handarbeiten dem städtischen Volksschulrektorat. Die Ausbildung für schulentlassene Mädchen im Alter von 14 bis 17 Jahren dauerte zwei Jahre: Im ersten Jahr entfielen 19 der 30 Wochenstunden auf Weißnähen, Weißsticken und Flicken und im zweiten Jahr 19 der 32 Wochenstunden auf Buntsticken und Kleidermachen. Zu den weiteren Unterrichtsfächern gehörten Musterschnittzeichnen, Materialien- und Stoffkunde, Freihandzeichnen, Farbenlehre, Literaturkunde und Turnen. Da zunehmend mehr Schülerinnen noch ein drittes Ausbildungsjahr absolvierten, um dann in eine Lehre zur Weißnäherin oder Kleidermacherin eintreten zu können, nahm die städtische Schulkommission zum Schuljahr 1911/12 auch noch Kostenberechnen, gewerbliches und geschäftliches Rechnen, Geschäftsaufsätze und Buchführung, Wirtschaftslehre und Bürgerkunde in den Lehrplan auf.

Schon bald reichten auch die Unterrichtsräume im Luisenhaus nicht mehr für die über 100 Schülerinnen aus, so dass seit Mitte der 1890er-Jahre einzelne Klassen in das Mühlburger Schulhaus in der Hardtstraße und das Hildahaus in der Scheffelstraße verlegt wurden, etwas später kamen noch Räume in der Gutenbergschule dazu. Erst mit der Zusammenlegung aller Klassen in die Südendschule II in der Graf-Rhena-Straße 18 1923 fand die Dezentralisierung der Näh- und Handarbeitsschule, die seit 1897 Frauenarbeitsschule (Sophienschule) hieß, ein Ende.

Ein im selben Jahr an das Kultusministerium gestellter städtischer Antrag, die dreijährige Lehranstalt als gewerbliche Fortbildungsschule anzuerkennen und der hiesigen Gewerbeschule anzugliedern, wurde abgelehnt, da den Schülerinnen der Lehrlingsstatus in einem gewerblichen Betrieb fehlte, was laut Ortsstatut Voraussetzung dafür gewesen wäre. Trotz des relativ hohen Schulgeldes stieg die Zahl der Schülerinnen weiter an. Zu Ostern 1914 zählte die Einrichtung 256, zu Ostern 1926 386 und zu Ostern 1935 474 Schülerinnen. Rund 20 Prozent davon kamen von auswärts, unter anderem von Auerbach, Dietelsheim, Eggenstein, Ettlingen, Ettlingenweier, Forchheim, Muggensturm, Söllingen, Waldprechtsweier, Weingarten, Wöschbach und Wössingen.

Zu Ostern 1938 wurde die Frauenarbeitsschule (Sophienschule) mit der 1882 vom Badischen Frauenverein ins Leben gerufenen Frauenarbeitsschule vom Deutschen Roten Kreuz in der Otto-Sachs-Straße 5, deren Lehrplan (Hand-, Maschinennähen, Kleidermachen, Weiß-, Buntsticken, Knüpfarbeiten, Spitzenklöppeln, Flicken, Kunststopfen, Putzmachen, Feinbügeln, Zeichnen sowie Deutsch, Rechnen, Buchführung, Turnen, Gesang, Lebenskunde) auch schwerpunktmäßig auf weiblichen Handarbeiten lag, zur Städtischen Hausfrauenschule vereint.

In dieser neuen Lehranstalt wurden schulentlassene Mädchen mit Blick auf ihre künftige Rolle als Frau und Mutter in der Familie und nationalsozialistischen Volksgemeinschaft auf den „Hausfrauenberuf“ vorbereitet, weshalb die hauswirtschaftlichen Fächer besondere Berücksichtigung fanden. Der Fokus lag nun mit acht Wochenstunden auf dem theoretischen und praktischen Kochunterricht. Häusliche Wohnungs- und Wäschepflege, Nähen und Flicken, Gartenarbeit, weltanschaulicher Unterricht, Gesang und Turnen rundeten die Ausbildung ab. Aus dieser Städtischen Hausfrauenschule, die zum Frühjahr 1940 in die Städtische Haushaltungsschule (Berufsfachschule) mit angegliederter Städtischer Frauenfachschule umgewandelt wurde, entwickelte sich die Gertrud-Bäumer-Schule, die 1996 gemeinsam mit der Helene-Lange-Schule in der Elisabeth-Selbert-Schule aufging.

Die ehemalige, 1938 aufgelöste Frauenarbeitsschule (Sophienschule) erfuhr im September 1948 nochmals eine Neubelebung. Die hauswirtschaftliche Ausrichtung der Hausfrauen- bzw. Haushaltungsschule seit 1938 hatte zur Folge, dass es in Karlsruhe nach 1945 keine Schule gab, an der Handarbeit gelehrt wurde. Das Stadtschulamt sah sich daher verpflichtet, „an die Tradition der ehemaligen Städtischen Sophienschule (Frauenarbeitsschule)“ anknüpfend, zum Herbst 1948 eine einjährige städtische Frauenarbeitsschule an die Städtische Haushaltungsschule anzuschließen, in der die Schülerinnen ein halbes Jahr in Weißnähen und ein halbes Jahr in Kleidermachen ausgebildet wurden. Weitere Fächer waren Schnittmusterzeichnen, Erlernen von Nähtechniken, Weiß- und Buntstickerei, Stoff- und Materialkunde und Entwerfen.

Katja Förster 2021

Quellen

StadtAK 1/H-Reg 4991, 5056, 5065, 4991; Badische Landeszeitung vom 21. Juni 1896 (Städtisches Schulwesen), https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/date/day/2935014?d=1896-06-21 (Zugriff am 10. April 2021); Der Führer vom 14. März 1938, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/date/day/3066784?d=1938-03-14 (Zugriff am 10. April 2021); Straßburger Neueste Nachrichten (Kreisausgabe Molsheim) vom 11. März 1943 (BDM-Mädel lernen richtig haushalten), https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/zeitungen/date/day/2836943?d=1943-03-11 (Zugriff am 10. April 2021).

Literatur

Friedrich von Weech: Karlsruhe. Geschichte der Stadt und ihrer Verwaltung, Bd. 2 (1830-1852), Karlsruhe 1898, S. 390-394, S. 426 f.; Bd. 3,1 (1852-1874), Karlsruhe 1904, S. 358-360 und Bd. 3,2 (1875-1900), Karlsruhe 1904, S. 792, S. 808-810, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/content/titleinfo/266472 (Zugriff am 10. April 2021); Otto Behrendt (Hrsg.): Karlsruhe. Das Buch der Stadt, Karlsruhe 1926, S. 85 f., https://digital.blb-karlsruhe.de/3294693 (Zugriff am 10. April 2021).