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Badischer Landesbote

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Der Badische Landesbote Kreuzstraße 8/Ecke Kaiserstraße, vor 1885, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oXIVe 238.

Badischer Landesbote

Karlsruhe wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit dem Erscheinen etlicher neuer Parteizeitungen zu einer Zeitungsstadt. Zu ihnen gehörte der Badische Landesbote. Karlsruher Anzeiger und Handelsblatt, der zunächst ein "farbloses", das heißt ein nicht parteipolitisch ausgerichtetes Blatt war, das am 1. Dezember 1873 erstmals im Verlag von Krapf und Glück erschien. Ludwig Krapf war zuvor Redakteur der nur kurzlebigen Badischen Volkszeitung (1871-1874). Als "liberal, kern-deutsch, kurz, bündig und sehr unterhaltungsreich" charakterisierten die Herausgeber das neue Blatt, das im März 1874 in einer Auflage von 2.200 Exemplaren mit Sitz Ecke Kaiser-/Kreuzstraße erschien. Als das Haus Ende der 1880er Jahre abgebrochen wurde, zog die Zeitung in die Kaiserstraße 110.

1876 übernahm der Kaufmann Adolf Hektor Dillinger die Zeitung, Krapf blieb aber Teilhaber. Mit der Einstellung von Hermann Lippe als Chefredakteur im Jahr 1878 wurde aus dem farblosen ein linksliberales Blatt. Der Landesbote hatte es zunächst im nationalliberal dominierten Karlsruhe schwer, war aber nach dem Erlass des Sozialistengesetzes die einzige Tageszeitung, die sich gegen dieses von Bismarck zur Bekämpfung der Sozialdemokratie initiierte Gesetz wandte und so auch Arbeiter als Leser fand. Da der Landesbote zunehmend die Nationalliberale Partei angriff, unterstützte diese die dezidierte Konkurrenzgründung Kleine Presse, aus der wenige Jahre später die Badische Presse wurde. Diesen Angriff überstand der Landesbote noch ohne nennenswerte Einbußen, gravierender war die Verlegung des sozialdemokratischen Volksfreunds von Offenburg nach Karlsruhe, mit der nach 1890 viele Arbeiter als Leser verlorengingen.

Als sich die kurz zuvor gegründete Freisinnige Partei Anfang der 1890er Jahre entschloss, eine eigene Zeitung herauszugeben, übernahm sie im Frühjahr 1893 den Landesboten. Der langjährige Redakteur Hermann Lippe, der zuletzt verstärkt für die Frankfurter Zeitung schrieb, wurde durch Bruno Wagner als politischer Redakteur ersetzt. 1894 gründete die Partei die Badische Verlagsdruckerei. Da der erwünschte Erfolg ausblieb, übernahm 1895 der Verleger der renommierten Frankfurter Zeitung Leopold Sonnemann das Blatt, das nun dezidiert demokratisch wurde. Ein Rückblick auf die Geschichte des Badischen Landesboten hielt fest, dass die Situation dennoch für ein reines Parteiblatt angesichts der zunehmenden Konkurrenz der "Generalanzeigerpresse" immer schwieriger wurde. Ein Brand in der Druckerei führte dann letztlich zum Konkurs des Landesboten im Jahr 1909. Nur weil die drei linksliberalen Parteien, die sich 1910 zur Fortschrittlichen Volkspartei zusammenschlossen, die Badische Verlag G.m.b.H. gründeten, überlebte die Zeitung, die aber nunmehr nicht in einer eigenen Druckerei, sondern in der der Badischen Landeszeitung herausgegeben wurde. Neuer Chefredakteur wurde Johann Rathje, der 1913 von dem späteren Landtagsabgeordneten der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) Karl Dees abgelöst wurde. Den hoffnungsvollen Neubeginn stoppte jäh der Erste Weltkrieg, als das Inseratengeschäft als Haupteinnahmequelle fast völlig zum Erliegen kam.

Deshalb stellte die linksliberale Zeitung zu Beginn des Jahres 1915 "für die weitere Dauer des Krieges" ihr Erscheinen ein, da nur kapitalkräftige Zeitungsunternehmen die akute kriegsbedingte Notlage überstehen könnten, zu denen das reine "Parteiunternehmen" Badischer Landesbote nicht gehörte. Allerdings hoffte man auf einen Neuanfang nach Ende des Krieges, sicher ohne zu ahnen, dass dieser noch fast vier Jahre andauern sollte. Da der Landesbote auf Dauer eingestellt blieb, verfügte die linksliberale DDP in der Weimarer Republik über keine eigene Tageszeitung in Karlsruhe, da die nationalliberale Badische Presse zunehmend konservativer wurde und die rechtsliberale Deutsche Volkspartei (DVP) unterstützte.

Ernst Otto Bräunche 2021

Quellen

Karlsruher Zeitungen 1873/74, https://digital.blb-karlsruhe.de/zeitungen/topic/view/2965491 (Zugriff am 15. Dezember 2021); Badischer Landesbote 1874-1915, StadtAK 8/Ze 6; Badischer Landesbote vom 31. Dezember 1914, Artikel Aus der Geschichte des "Badischen Landesboten" und "An unsere Leser".

Literatur

Ernst Otto Bräunche: "Schon wieder eine neue Zeitung!" Ein Überblick zur Entwicklung der Presselandschaft in Karlsruhe seit dem 18. Jahrhundert, in: Manfred Koch (Hrsg.): Bewegte Zeiten. Beiträge zur Karlsruher Geschichte, Ubstadt-Weiher 2022, S. 187-216 (= Forschungen und Quellen. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 21).