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Otto Härdle


Otto Härdle 1958, Stadtarchiv Bruchsal.

Otto Härdle

Volksschullehrer, Kraichgauer Heimatforscher, * 3. September 1900 Heidelsheim, † 24. September 1978 Karlsruhe, evangelisch, ∞ Berta Härdle, 3 Kinder.

Otto Härdle wurde in Heidelsheim als Sohn von Ratsschreiber Karl Härdle (1862-1949) geboren. Seine Mutter Elisabeth (1858-1926), geborene Schüßler, stammte aus Karlsruhe. Otto Härdle wuchs in einem pietistisch geprägten Milieu auf. Von 1907 bis 1911 besuchte er die Heidelsheimer Volksschule, von September 1911 bis September 1917 die Oberrealschule in Bruchsal. Von dort wechselte er auf das Lehrerseminar in Karlsruhe.

Die Ausbildung zum Lehrer unterbrach er im Sommer 1918, um sich freiwillig zum Kriegsdienst zu melden. Dabei kam er in den letzten Kriegstagen zu einem Kurzeinsatz vom 18. Oktober bis 16. November 1918 an der belgisch-französischen Grenze.

Von Januar 1919 bis Juli 1920 setzte er seine Lehrerausbildung fort. Es folgten Einsätze an verschiedenen Schulen in Nordbaden. Ab dem 15. Mai 1929 unterrichtete er an der Volksschule Karlsruhe. 1927 war er zusammen mit seiner Frau Berta, gleichfalls Lehrerin im badischen Schuldienst, in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) eingetreten. Von 1927 bis 1930/31 waren beide mit mehreren Artikeln und Leserbriefen in der sozialdemokratischen Zeitung Volksfreund in Erscheinung getreten.

Dieses engagiert und öffentlichkeitswirksame Agieren zugunsten der Sozialdemokratie brachte das Ehepaar früh in den Fokus der Nationalsozialistischen Partei Deutschlands (NSDAP). Am 18. August 1933 mussten sie nachts eine Hausdurchsuchung durch Polizei und SA über sich ergehen lassen. Aufgrund der sozialdemokratischen Vergangenheit hatte er 1936 große Schwierigkeiten, eine planmäßige Anstellung als Hauptlehrer zu erhalten.

Nach seiner Zeit als politischer Akteur für die Sozialdemokratie wurde er zum umtriebigen, sehr engagierten Heimatforscher. Ab 1932 vermittelte er in Lichtbildervorträgen seine geschichtlichen Erkenntnisse zu Heidelsheim sowie zum Kraichgau in Karlsruhe und in seiner Geburtsstadt.

Im Zweiten Weltkrieg war Härdle von Juli bis Oktober 1940 im Elsass in Straßburg und Poitiers stationiert. Anfang November verließ er wegen Unabkömmlichkeit als Lehrer das Heer zum Preis einer Anstellung im Elsass, ehe er ein halbes Jahr später wieder seine Lehrerstelle in Karlsruhe antreten konnte. Im September 1943 erfolgte die erneute Einberufung, die ihn in das italienische Verona und nach Bergamo führte. Im Mai 1945 kam er in amerikanische Kriegsgefangenschaft, die er vor allem nahe Neapel verbrachte. Im Juli 1946 kehrte er nach Karlsruhe zurück. Am 16. September 1946 ernannte ihn das Schulamt zum Rektor der Tullaschule II, die er erst im März 1966 mit Eintritt in den Ruhestand verließ. Im Juli 1947 sollte Härdle den Vorsitz einer Karlsruher Spruchkammer übernehmen, was er jedoch ablehnte, da er lieber Rektor und Lehrer bleiben wollte. Zudem lehnte er es ab, im Sinne einer moralischen Instanz über seine ehemaligen sowie künftigen Kolleginnen und Kollegen zu richten.

Otto Härdle wurde zur Unterscheidung von seinen beiden gleichfalls in Karlsruhe lebenden sowie im Schuldienst beziehungsweise in der Lehrerausbildung tätigen Brüdern Friedrich und Wilhelm als "Feier-Härdle" bezeichnet. Dies war keineswegs abwertend gemeint. Er war bekannt und geschätzt für seine Begabung, Feste zu organisieren und vor allem zu choreographieren, wobei er seine Schülerinnen in vielfältiger Weise einband. So war die Tullaschule II in Karlsruhe für ihre schulischen Feiern bekannt und geschätzt.

Bis zu seinem Tod 1978 war er mit großem Engagement als Heimatforscher für Heidelsheim, Bruchsal und den Kraichgau aktiv. 1960 erfolgte die Drucklegung der Heidelsheimer Ortschronik, was ihm zugleich die Ehrenbürgerwürde seiner Geburtsstadt einbrachte.

Otto Härdle war ein äußerst agiler Mensch, der sich auch während der Zeit des Nationalsozialismus – soweit ihm dies im Rahmen seiner Sorge um seine Familien und sein Leben möglich war – nicht zu sehr verbiegen ließ. Zumindest einen stillen, manchmal auch kleinen Widerstand riskierte er wiederholt. Er bleibt als engagierter Lehrer, umtriebiger Karlsruher Schulrektor sowie Heimatforscher in Erinnerung.

Jürgen Treffeisen 2023

Literatur

Jürgen Treffeisen: Otto Härdle 1900 – 1978. Heidelsheimer Heimatforscher, Bruchsaler Ehrenbürger, Karlsruher Schulrektor, Regionalverlag Ubstadt-Weiher 2022 (= Bausteine zur Geschichte der Stadt Bruchsal und ihres Umlandes Bd. 2).