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Karlsruher Fußballverein 1891 e.V. (KFV)


KFV-Mannschaft 1909 (v. l. n. r.): Max Schwarze, Curt Hüber, Adolf Dell, Ernst Hollstein, unten Gottfried Fuchs, Hermann Bosch, Max Breunig, Fritz Tscherter, Hans Ruzek, Fritz Förderer, Julius Hirsch, Stadtarchiv Karlsruhe 8/SpoA 5312.
Richtfest des neuen KFV-Clubhauses, 20. Dezember 1968, Stadtarchiv Karlsruhe 8/SpoA 1285.

Karlsruher Fußballverein 1891 e.V. (KFV)

Der KFV wurde 1891 unter anderen von dem Fußballpionier Walther Bensemann gegründet. Auf einem ca. 20.000 Quadratmeter großen Gelände am Rande der heutigen Nordweststadt wurde am 1. Oktober 1905 der Fußballplatz bei der Telegraphenkaserne eingeweiht, auf dem nahezu alle europäischen Spitzenmannschaften spielten. Das knapp 10.000 Zuschauer fassende Stadion verfügte erstmals über aufgeschüttete Zuschauerränge, moderne Umkleidekabinen mit Duschen und erhielt 1907 eine eigene Zuschauertribüne sowie 1909 ein modernes Vereinsheim. Hier fand am 4. April 1909 das erste erfolgreiche Länderspiel einer Deutschen Nationalmannschaft (1:0 gegen die Schweiz) statt. Zu den regelmäßigen Besuchern im neuen Stadion gehörte Prinz Max von Baden, unter dessen Protektion der im Wesentlichen bürgerlich strukturierte Verein seit 1904 stand.

Nach der Jahrhundertwende schrieb der Verein deutsche Fußballgeschichte: 1901-1905 und 1910-1912 Süddeutscher Meister; 1. Mai 1910 in Köln mit sechs Nationalspielern unter dem englischen Trainer William Townley Deutscher Meister (1:0 gegen Holstein Kiel); 1912 im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 1:0 Niederlage gegen Holstein Kiel.

Das Stadion war seit 1906 auch Schauplatz von Leichtathletikveranstaltungen, die der Verein bis 1913 Internationale Olympische Spiele nannte. Der KFV-Nationalspieler Max Breunig war einer der erfolgreichen Leichtathleten im Speer-, Diskus- und Schleuderballwerfen sowie im Kugelstoßen. In den 1920er-Jahren verfügte der Verein über starke Sprintstaffeln und dominierte zeitweise das Leichtathletikgeschehen in Karlsruhe. Die ehemalige KFV-Athletin Lina Batschauer gewann über 800 m in Amsterdam die erste olympische Goldmedaille für Deutschland.

An seine Glanzzeit konnte der KFV nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr anknüpfen. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 gehörte er zu den Vereinen, die gleich bereit waren, Juden auszuschließen. Betroffen war davon der ehemalige Nationalspieler Julius Hirsch, Mitglied der Meistermannschaft von 1910, einer der besten Stürmer seiner Zeit und neben Gottfried Fuchs einer von nur zwei jüdischen deutschen Nationalspielern. Hirsch kam dem Ausschluss zuvor und trat aus dem KFV aus. 1943 wurde er in Auschwitz ermordet.

Der KFV musste im Zweiten Weltkrieg um seine Existenz bangen, als sein Sportplatz durch Fliegerangriffe zerstört wurde. Nach 1945 spielte er zunächst in der neu gegründeten Oberliga, stieg aber nach einem Jahr ab. 1951 erreichte die Mannschaft das Endspiel um die deutsche Amateurfußballmeisterschaft (2:3 gegen 1860 Bremen). In dieser Mannschaft spielte auch letztmals ein Nationalspieler, der Stürmer Kurt Ehrmann. Nach dem Konkurs des Vereins und dem Abriss des 1969 gebauten Vereinsheims im Juni 2006 wurde der traditionsreiche Platz verkauft und es entstand auf einem Teil des alten Stadions das Seniorenheim Haus Karlsruher Weg. Ein Teil des Sportplatzes wird seitdem vom Karlsruher Fußball-Club West (KFC West) genutzt. Der KFV wurde trotz des Konkurses offiziell nie aufgelöst und nahm 2007 den Spielbetrieb in der Kreisklasse C wieder auf.

Seit dem 15. Mai 2010 erinnert eine Stele vor dem Haus Karlsruher Weg an die große Fußball­tra­­di­tion in Karlsruhe mit dem Gewinn der Deutschen Meister­­schaft des KFV sowie seinen beiden jüdischen Fußball­na­tio­nal­­spie­­lern Julius Hirsch und Gottfried Fuchs. Am 14. Mai 2013 beschloss der Karlsruher Gemeinderat die Umbenennung eines Teils des Karlsruher Wegs in Julius-Hirsch-Straße, und die Bennennung des kleinen Platzes neben der Julius-Hirsch-Straße nach Gottfried Fuchs.

Ernst Otto Bräunche 2015

Literatur

Ernst Otto Bräunche: Fußballhochburg Karlsruhe, in: Sport in Karlsruhe. Von den Anfängen bis heute, hrsg. vom Stadtarchiv Karlsruhe durch Ernst Otto Bräunche und Volker Steck, Karlsruhe 2006, S. 168-218 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Band 28); Josef Frey (Bearb.): 90 Jahre Karlsruher Fußballverein. Eine illustrierte Chronik, Karlsruhe 1981; 100 Jahre Karlsruher Fußballverein. Fortsetzungs- und Ergänzungsband zur Chronik 90 Jahre Karlsruher Fußballverein - ein Kapitel Karlsruher + Deutscher Fußballgeschichte, bearbeitet von Josef Frey mit Beiträgen von Ludolf Hyll, Karlsruhe 1991; Illustrierte Chroniken der Karlsruher Sportvereine: http://web2.karlsruhe.de/sportarchiv/detail.php?verein=KFV (Zugriff am 28. August 2015); https://karlsruher-fv.de/der-kfv/geschichte/ (Zugriff am 5. September 2022); Stele zu den jüdischen Fußballern des KFV, https://stadtgeschichte.karlsruhe.de/erinnerungskultur/erinnerungskultur-im-oeffentlichen-raum/stele-des-kfv (Zugriff am 5. September 2022).