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Joseph Gottlieb Kölreuter


Joseph Gottlieb Kölreuter

Botaniker, * 27. April 1733 Sulz am Neckar/Lkr. Rottweil, † 11. November 1806 Karlsruhe, ev., ∞ 1775 Karoline Auguste Süß, 7 Kinder.

Der Sohn eines Apothekers Joseph Gottlieb Kölreuter besuchte in Sulz die Lateinschule und begann mit 15 Jahren ein Medizinstudium in Tübingen. Nach einem Studienjahr in Straßburg (1753/54) kehrte er nach Tübingen zurück und wurde dort 1755 mit einer in Latein verfassten Arbeit über Käfer und seltene Pflanzen zum Doktor der Medizin promoviert. Vermutlich auf Empfehlung seines Mentors Johann Georg Gmelin erhielt Kölreuter 1756 eine Stelle als Adjunkt an der Russischen Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg, wo er zoologische Studien über Fische, Vögel und Insekten betrieb. Mit seinen 1759 erstmals unternommenen Kreuzungsversuchen bei Pflanzen gewann er einen von der russischen Zarin Katharina I. ausgelobten Preis.

Im Sommer 1761 kehrte Kölreuter nach Deutschland zurück. Hier setzte er zunächst in Berlin und Leipzig sowie in seiner Heimatstadt und in Calw bei seinem Studienfreund Joseph Gärtner seine Pflanzenversuche fort. Im Herbst 1763 folgte Kölreuter dem Ruf des Markgrafen Karl Friedrich, als fürstlicher Rat und Professor der Naturgeschichte die Direktion der Fürstlichen Gärten in Karlsruhe zu übernehmen. Der an der Botanik interessierte Monarch versprach sich von Kölreuters Anstellung sowohl eine Verbesserung der Artenvielfalt in den durch Misswirtschaft der vorangegangen Jahre vernachlässigten Gartenanlagen als auch einen Nutzen für die Landwirtschaft.

Meinungsverschiedenheiten zwischen dem als eitel geltenden Kölreuter und den beiden gegen ihn intrigierenden Ober- und Hofgärtnern verhinderten eine fruchtbare Arbeit. 1769 gab Kölreuter daher die Direktion der Fürstlichen Gärten ab und setzte bis 1776 seine Experimente im Garten seines Vermieters in der Waldhornstraße und dann im eigenen Haus in der Kronenstraße fort. Da dieses keinen Garten hatte, unternahm er seine Versuche mit Topfpflanzen. 1791 wurde Kölreuter pensioniert. Nach dem Tod seiner Frau 1801 musste er finanziell vom Hof unterstützt werden und wurde 1805 zum Oberhofrat ernannt, doch bereits ein Jahr später starb er an einem schweren Lungenleiden.

Kölreuters bleibendes Verdienst besteht in seiner planvollen Ausführung von Versuchsreihen, mit denen er die „Sexualität“ der Pflanzen, das heißt die Übertragung von Eigenschaften durch den Blütenstaub endgültig beweisen konnte. Außerdem trug er durch die Herstellung von Pflanzenkreuzungen (Bastarden), die er als Erster nach wissenschaftlichen Methoden durchführte, zum besseren Verständnis über den Bau der Pollenwand und die Funktion des Pollenschlauches bei. Für die moderne Botanik wird dies als der Beginn genetischer Erkenntnisse und blütenökologischer Einsichten angesehen.

1908 wurde die Koelreuterstraße in Grünwinkel nach ihm benannt.

René Gilbert 2015

Quellen

Generallandesarchiv Karlsruhe 206/877-879, 1343-1344, 69 Koelreuter (Familienarchiv Kölreuter).

Werk

Dissertatio inauguralis medica de insectis coleopteris, nec non de plantis quibusdam rarioribus cum icône, Diss. Tübingen 1755; Vorläufige Nachrichten von einigen das Geschlecht der Pflanzen betreffenden Versuchen und Beobachtungen, nebst Fortsetzungen 1, 2 und 3, 1761-1766.

Literatur

Johannes Behrens: Joseph Gottlieb Koelreuter. Ein Karlsruher Botaniker des 18. Jahrhunderts, in: Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins Karlsruhe 11 (1894), S. 268-320; Hans Kugler: Kölreuter, Joseph Gottlieb, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Bd. 12, Berlin 1980, S. 325 f.; Siegfried Rietschel: Joseph Gottlieb Koelreuter (1733-1806), ein bedeutender Karlsruher Botaniker des 18. Jahrhunderts, in: Carolinea 71 (2013), S. 13-23.