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Gustav Wolf


Gustav Wolf

Maler, Druckgraphiker, * 26. Juni 1887 Östringen/Lkr. Karlsruhe, † 18. Dezember 1947 Greenfield/Massachusetts/USA, jüd., ∞ 1939 Leona Steiner, kinderlos.

Gustav Wolf, jüngstes Kind eines Papierfabrikanten, besuchte das Gymnasium in Bruchsal und erhielt wegen seiner früh erkannten künstlerischen Begabung privaten Kunstunterricht bei der Karlsruher Malerin Emilie Stephan. 1904-1906 studierte er an der Kunstgewerbeschule Karlsruhe Architektur und nahm erneut privaten Kunstunterricht bei Hans Thoma. Nach dem Tod des Vaters 1906 brach er das Studium ab und unternahm mehrere Jahre ausgedehnte Studienreisen nach Florenz, Rom, Neapel, Paris, Amsterdam, Portugal, Palästina und in die Schweiz.

Am Ersten Weltkrieg nahm Wolf als Füsilier beim Reserve-Infanterie-Regiment 201 in Flandern und Nordfrankreich teil und wurde dabei 1915 am Oberschenkel schwer verwundet, sodass er ein Jahr im Reservelazarett Gelsenkirchen verbringen musste. Durch die Kriegsinvaliden-Arbeitsvermittlung arbeitete Wolf 1916 kurzzeitig als Hilfslehrer in Schwerin, kehrte aber bald nach Karlsruhe zurück, wo er bis 1920 als freischaffender Künstler tätig war. 1919 gründete Wolf unter anderen mit dem Dichter Alfred Mombert, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband, in Heidelberg die Gemeinschaft „Die Pforte“, die Bücher, Plakate und andere Druckerzeugnisse nach eigenen Vorstellungen herausgab. 1920/21 hatte Wolf eine Professur für Druckgraphik an der Badischen Landeskunstschule inne. Anschließend arbeitete er wieder als freischaffender Künstler. 1927 gehörte er zu den Mitbegründern der Badischen Secession und schuf 1932/33 das Deckenfresko im Vortragssaal der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Außerdem amtierte er als Vorstand des Vereins für Originalradierung Karlsruhe. Weitere Studienreisen führten ihn in den 1920er-Jahren nach Spanien, Marokko, Frankreich, Polen, Griechenland und in die Tschechoslowakei. Ab 1933 lebte Wolf, um sich der nationalsozialistischen Judenverfolgung zu entziehen, überwiegend in der Schweiz, Italien und in Griechenland. 1938 verließ Wolf sein Heimatland endgültig und emigrierte in die USA. Dort unterrichtete er am Smith College in Cummington/Massachusetts und an der Northfield School for Girls in Northfield/Massachusetts als Zeichenlehrer. Einen Ruf nach Kriegsende ergangenen Ruf als Professor an die Kunstakademie Karlsruhe konnte er krankheitsbedingt nicht mehr annehmen.

Wolfs Bilder zeigen hauptsächlich phantastisch-farbintensive Traumlandschaften, die – mit Elementen aus der Romantik angereichert – Wolfs schwankende Gemütszustände und visionäre Erscheinungen widerspiegeln. Bereits 1908 hörte der zeitlebens unter Depressionen leidende Künstler mit der Malerei auf und wandte sich der Druckgraphik zu, dabei in erster Linie dem Holzschnitt. In seinen Mappenwerken setzte sich Wolf wiederholt mit seinen Visionen, seinen persönlichen Kriegserlebnissen sowie seinen religiösen Überzeugungen auseinander. In seinem Spätwerk wurde die erzwungene Emigration zum Leitthema.

In seiner Heimat nach Kriegsende fast vergessen, stellte die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe 1982 Wolfs druckgraphisches Gesamtwerk aus, wodurch sein Name in der Öffentlichkeit wieder mehr Bekanntheit erlangte. Nach umfassender Sanierung eines der ältesten Fachwerkhäuser in seinem Geburtsort Östringen wurde dort 1994 die Gustav-Wolf-Kunstgalerie eröffnet, die den künstlerischen Nachlass von Gustav Wolf bewahrt.

René Gilbert 2016

Quellen

GLA 235/7141, 480/28702, N Beringer 459; Nachlass im Museum der Stadt Östringen.

Werk

Selbstbildnis, Bleistift 1911; Triptychon zur Ehrenbürgerurkunde der Stadt Karlsruhe für Hans Thoma, Deckfarben auf Pergament 1919; Selbstbildnis, schwarze Kreide 1935/36; Selbstbildnis, schwarze Kreide 1947 (alle vier Staatliche Kunsthalle Karlsruhe); Druckgraphikserien: Confessio - Worte und Zeichen 1908/09; Zehn Holzschnitte 1910; Am Anfang/Genesis 1913/14; Blätter vom lebendigen Sein 1918 (Badische Landesbibliothek Karlsruhe); Zehn Worte des Anfangs 1928/29; Vision of Manhattan 1941/42; Das Buch Hiob 1943/44; To the Psalms 1947.

Literatur

Johann Eckart von Borries (Bearb.): Gustav Wolf. Das druckgraphische Werk, hrsg. von der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, Karlsruhe 1982; Barbara Brähler: Gustav Wolf, Schöpfer visionärer Kunst. Gustav-Wolf-Kunstgalerie, Östringen 1995; Barbara Brähler: Gustav Wolf (1887-1947) – eine Weltanschauung in Bildern. Werkverzeichnis des künstlerischen Nachlasses in Östringen, Heidelberg 2000; Barbara Brähler: Wolf, Gustav, in: Badische Biographien NF Bd. V, hrsg. von Fred L. Sepaintner, Stuttgart 2005, S. 295-297; Stefan Bachstädter: Gustav Wolf, in: Jüdische Persönlichkeiten im Kraichgau, Heidelberg/Ubstadt-Weiher 2013, S. 309-313.