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St. Judas Thaddäus in Neureut


Teilansicht der Kirche St. Judas Thaddäus, 2010, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Erbacher 3786.
Innenaufnahme am Tag vor der Einweihung der Kirche St. Judas Thaddäus mit Blick auf Altarbereich und Empore, 1989, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A58/94/3/25.

St. Judas Thaddäus in Neureut

Auf dem Gebiet des heutigen Neureut (Teutschneureut, Welschneureut) lebten seit der Einführung der Reformation in Baden 1556 bzw. seit der Gründung von Welschneureut im Zuge der Ansiedlung von französischen Glaubensflüchtlingen durch Markgraf Friedrich VII. Magnus von Baden-Durlach 1699 fast ausschließlich evangelische Christen. Bis in die 1920er-Jahre wurde die dortige winzige katholische Gemeinde von der Pfarrei St. Peter und Paul in Mühlburg betreut, anschließend von der Kuratie Heilig Kreuz in Knielingen. Ab 1929 konnte das bisherige Unterlehrerzimmer in der alten Schule von Teutschneureut als Gottesdienstraum (St. Judas-Thaddäus-Kapelle) genutzt werden.

Durch den Zuzug von Heimatvertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten vermehrte sich die Zahl der Katholiken in Neureut nach Kriegsende um mehrere hundert Personen, für die die kleine Judas-Thaddäus-Kapelle deutlich zu wenig Platz bot. Daher wurde ab 1949 der umgebaute Saal des ehemaligen Gasthauses Zum Lamm für die Gottesdienste genutzt. Dieser diente den Katholiken in Alt-Neureut bis 1989 als Notkirche. Eine gewisse räumliche Entspannung entstand ab 1949 durch die Umsiedlung des größten Teils der Neureuter Katholiken in den neu entstehenden Ortsteil Kirchfeldsiedlung. Allerdings bot der umgebaute Lamm-Saal als Zentrum langfristig keine befriedigende Lösung, zumal es keine Gemeinderäume und keinen Kindergarten gab. Daher begann man 1963 im Neuen Zentrum Neureut mit der Suche nach einem geeigneten Baugelände für einen Kirchenneubau. Jedoch wurde erst 1980 ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Am 12. Dezember 1980 erhielt der österreichische Architekt Ottokar Uhl, damals Professor für Bauplanung und Entwerfen an der Fakultät für Architektur der Technischen Universität (TH) Karlsruhe, den ersten Preis für seinen Entwurf. Schwierigkeiten bei der Finanzierung und erzwungene Umplanungen, vor allem beim Kindergarten, Gemeindesaal und in der Wohnbebauung führten jedoch zu einer mehrjährigen Verzögerung. Im April 1988 konnten die Bauarbeiten am Bärenweg 40 schließlich beginnen. Am 3. Dezember 1989 erfolgte durch Erzbischof Oskar Saier die Weihe von Altar und Kirche des neuen Gemeindezentrums mit Kindergarten, Gemeinderäumen, Pfarramt und Pfarrwohnung. Damit ist St. Judas Thaddäus der jüngste katholische Kirchenbau in Karlsruhe.

In architektonischer Hinsicht besteht der Gebäudekomplex aus einem querrechteckig liegenden Teil (Kindergarten) und einem dreistufig sich erhöhenden Kasten (Kirchenraum), der in seiner Form an Speicherbauten für Tabak erinnert, die es am Oberrhein früher häufig gab. Der Eintritt in die Kirche erfolgt nicht direkt, sondern durch einen für Kindergarten und Kirche gemeinsamen Eingangsbereich über einen Innenhof, um den beide Gebäudeteile miteinander verbunden sind. Das Innere der Kirche ist in drei Räume unterteilt: die Taufkapelle, einen Raum zur Aufbewahrung der geweihten Hostien (Tabernakel) und einen Kappellenraum für Individual-Andachten mit Marienskulptur (Gruppengottesdienst). Der Altarbereich, bestehend aus Ambo, Dreisitz und Altar, ist komplett aus Holz gefertigt. Unweit davon, neben den Stuhlreihen der Gottesdienstbesucher, ist seit 1998 die Orgel platziert. Auf der Eingangsseite befindet sich zudem eine kleine und gegenüber eine größere Empore. Organisatorisch gehört die Kirche St. Judas Thaddäus zur Pfarrei St. Heinrich und Kunigunde. 2004 wurden die Pfarreien St. Heinrich und Kunigunde und St. Antonius in Eggenstein-Leopoldshafen zur Seelsorgeeinheit Karlsruhe-Hardt zusammengeführt und eine verbindliche Zusammenarbeit vereinbart. Im Rahmen der Neuorganisation der Kirchengemeinden im Erzbistum Freiburg wurden die bisherigen Gemeinden 2015 aufgehoben. Die dabei neu gebildete Katholische Kirchengemeinde Karlsruhe-Hardt umfasst nun die Pfarreien St. Heinrich und Kunigunde (mit St. Judas Thaddäus) und St. Antonius (mit St. Albertus Magnus). Die kirchenrechtliche Eigenständigkeit beider Pfarreien bleibt dabei bestehen.

René Gilbert 2019

Literatur

Ottokar Uhl/Bernd Selbmann: Noch ist alles offen – Raum als Instrument. Katholische Kirche St. Judas Thaddäus in Karlsruhe-Neureut, in: Kunst und Kirche 53 (1990), S. 20-25; Ottokar Uhl: Gottes Haus. Katholisches Gemeindezentrum Karlsruhe-Neureut, in: db – Deutsche Bauzeitung 125 (1991), Heft 10, S. 36-39; Meinrad Franz/Walter Zahner: Katholisches Gemeindezentrum St. Judas Thaddäus Karlsruhe-Neureut, Lindenberg 1998; Jürgen Krüger: Kirchen in Karlsruhe und die Synagoge, hrsg. von Günter Frank u. a., Ubstadt-Weiher 2015, S. 135 f.