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Gewerbeverein Karlsruhe


Glückwunsch des Gewerbevereins Karlsruhe anlässlich der Vermählung des Großherzogs von Baden, Friedrich II. mit Großherzogin Hilda, 1895, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS X 395.

Gewerbeverein Karlsruhe

Die losen Treffen einiger Karlsruher Gewerbetreibender zum Informationsaustausch über Neuerungen und Entwicklungen im Gewerbewesen führten am 20. Dezember 1831 zur Gründung des Karlsruher Gewerbevereins. Zu den über 40 Gründungsmitgliedern gehörten unter anderen Kaufmann Christian Griesbach, Stadtbaumeister Karl Kuentzle, Bierbrauer Karl Eypper, Schreinermeister Heinrich Himmelheber, Bildhauer Jakob Meyerhuber sowie der Lithograf und Steindruckereibesitzer Peter Wagner. Letzterer wurde zum ersten und Kuentzle zum zweiten Vereinsvorsitzenden gewählt.

Ziel der Organisation war die Hebung und Belebung des Karlsruher Gewerbestandes, was vor allem, wie man in den vom Staatsministerium genehmigten Statuten lesen kann, durch eine gegenseitige Belehrung und Unterstützung in allen die Industrie und Gewerbe betreffenden Gegenständen und eine produktive Zusammenarbeit mit den betreffenden Behörden erreicht werden sollte. Als Gründe für die derzeit schwierige Lage des Gewerbewesens führten die Mitglieder 1) die unzureichende Ausbildung der Gewerbetreibenden und die daraus resultierende Unfähigkeit, ein eigenes Geschäft zu führen, 2) einige der freien Entwicklung des Gewerbes nachteilige staatliche Verordnungen (Zollverhältnisse) und 3) das mangelhafte städtische Gewerbegesetz an. Um die Ausbildung zukünftiger Handwerker und Techniker zu verbessern, forderten sie eine Verbesserung des Volksschulunterrichts sowie die Gründung einer städtischen Gewerbeschule, die 1834 erfolgte. Außerdem kooperierte der Verein seit seiner Konstituierung mit der Polytechnischen Schule.

Seit 1833 verfolgte er die Errichtung einer Gewerbehalle, in der nicht nur die Bibliothek und die ständig wachsende Modell- und Rohstoffsammlung untergebracht werden, sondern die auch den örtlichen Handwerkern als Ausstellungs- und Verkaufsfläche dienen sollte. In den für das Gewerbewesen wichtigen Fragen bezog der Verband von Anfang an Stellung. So legte er bezüglich der Diskussion über die Aufhebung des Zunftzwanges und die Einführung einer allgemeinen Gewerbefreiheit dem Stadtamt bereits 1836 ein Gutachten vor, in dem er sich für einen Mittelweg auf der Grundlage einer Gewerbeordnung aussprach. Die Ernsthaftigkeit, mit welcher der Verein wirtschaftspolitische Fragen anging, führte dazu, dass er seit 1860 sowohl von staatlicher als auch von städtischer Seite regelmäßig vor dem Erlass neuer Verordnungen zu Stellungnahmen herangezogen wurde.

Seit 1847 bemühte sich der Verein um die Gründung einer Leihkasse für Gewerbetreibende, was ihm 1855 mit der Errichtung der Handwerkerbank bzw. Gewerbebank (heute Karlsruher Volksbank) auch glückte. Seit 1859 – im selben Jahr übernahm Prinz Wilhelm von Baden das Vereinsprotektorat – setzte er sich für die Errichtung einer Höheren Bürgerschule ein, die sich an Jugendliche richtete, die einen Beruf ergreifen wollten, der zwar umfassendere Vorkenntnisse als die Volksschule, aber kein Universitätsstudium voraussetzte. 1863 konnte die Schule in einem Schulhausneubau im Inneren Zirkel eröffnet werden.

Seit den 1830er-Jahren stellte der Verband für geprüfte Erzeugnisse badischer Gewerbetreibender Zeugnisse aus. Durch diese Gutachten wirkte er weit über die Grenzen der Residenzstadt hinaus, was noch durch eine rege Ausstellungstätigkeit, die neben lokalen Verkaufsausstellungen vor allem große Landesausstellungen umfasste, verstärkt wurde. So organisierte er 1838, 1846 und 1861 die Industrie-Ausstellung für das Großherzogtum Baden, an der 1838 rund 220, 1846 289 und 1861 969 Aussteller teilnahmen. Bei der Landes-Industrie-Ausstellung 1861 wurde der Karlsruher Gewerbeverein selbst mit der großen goldenen Medaille für die Förderung von Landwirtschaft, Gewerbe und Handel ausgezeichnet. 1877 führte der Verein die Allgemeine Kunst- und Gewerbeausstellung im Großherzogtum Baden durch und 1881, anlässlich der Silbernen Hochzeit des Großherzogpaares, eine kunstgewerbliche Landesausstellung. Wegen seiner großen Verdienste um die letztgenannte Ausstellung wurde Gustav Kachel, Direktor der Kunstgewerbeschule, 1882 zum Ehrenmitglied der Organisation ernannt. Aus der kunstgewerblichen Sektion des Karlsruher Gewerbevereins ging 1885 der Badische Kunstgewerbeverein hervor.

Seit der ersten Weltausstellung im Londoner Glaspalast 1851 beschickte der Verein regelmäßig die globalen Präsentationen mit eigenen Ausstellern, die nach der Rückkehr nicht nur über die neuesten Entwicklungen in Industrie und Technik berichteten, sondern auch stets innovative Erzeugnisse mitbrachten und den Vereinsmitgliedern vorführten. Die Beschickung dieser europäischen und außereuropäischen Veranstaltungen erfolgte generell in Absprache mit den anderen daran teilnehmenden badischen Gewerbevereinen, allen voran denen in Mannheim, Freiburg, Lahr und Furtwangen.

Seit 1857 traten der Karlsruher und Mannheimer Verein für die Gründung eines Landesverbandes ein. Die konstituierende Versammlung in der Landesgewerbehalle Karlsruhe fand allerdings erst am 1. Dezember 1877 statt. 1878 erfolgte der Beitritt des Karlsruher Gewerbevereins in den badischen Landesverband der Gewerbevereine und 1879 in den Mittelbadischen Gauverband, dem auch die Gewerbevereine Bretten, Bruchsal, Bühl, Eppingen, Ettlingen und Pforzheim angehörten.

In der Vereinstätigkeit spielten auch die Unterstützung und Förderung der Lehrlinge eine wichtige Rolle. Seit 1860 veranstaltete der Verein jährlich eine Lehrlingsarbeiten-Ausstellung, bei der die besten Stücke prämiert wurden, seit 1885 mit anschließender Lehrlingsprüfung. Auch an der Eröffnung eines Lehrlingsheims 1896 hatte der Verein entscheidenden Anteil.

Mit dem Inkrafttreten des Handwerkergesetzes in Baden am 1. April 1900 und der Gründung der Karlsruher Handwerkskammer am 17. Dezember 1900 in der Landesgewerbehalle begann die Zusammenarbeit des gemeinnützigen Gewerbevereins mit der unter staatlicher Aufsicht stehenden Organisation. Verstärkt wurde diese noch durch personelle Verflechtungen; zum Beispiel war der Vereinsvorsitzende und Gauvorsitzende Hofblechnermeister Ludwig Anselment ab 1904 auch zweiter Vorsitzender der Handwerkskammer.

Während des Ersten Weltkriegs gingen die Vereinsaktivitäten zurück. 1920 rief der Verband ein Ortskartell für das selbständige Handwerk von Karlsruhe und Umgebung ins Leben, welches nur bis 1922 Bestand hatte. Seit 1927 firmierte der Verein als Gewerbe- und Handwerkerverein Karlsruhe, der, nachdem er 1931 noch sein 100-jähriges Jubiläum gefeiert hatte, schon kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten aufgelöst wurde.

Katja Förster 2021

Quellen

Gewerbeverein Karlsruhe (Hrsg.): Die Geschichte des Vereins 1831-1906 als Festschrift zu der am Sonntag, den 13. Januar 1907 stattfindenden Jubel-Feier des 57jährigen Bestehens, bearb. von Julius Emele, Karlsruhe [1907]; Das 80-jährige Jubiläum des Gewerbevereins Karlsruhe, in: Karlsruher Zeitung vom 31. Oktober 1911, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/date/day/1790223?d=1911-10-31 (Zugriff am 10. April 2021); 100 Jahre Gewerbeverein Karlsruhe, in: Karlsruher Wochenschau, 1931, H. 9, S. 28 f., https://digital.blb-karlsruhe.de/blbihd/periodical/pageview/3640824 (Zugriff am 10. April 2021).