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Evangelischer Volksdienst


Rückseite eines Flugblatts des Evangelischen Volksdienstes aus dem Reichspräsidentenwahlkampf 1932, Stadtarchiv Karlsruhe 7/PS Boess 482v.

Evangelischer Volksdienst

Evangelischer Volksdienst nannte sich der badische Ableger des Ende 1928 gegründeten konservativ-protestantischen Christlich-Sozialen Volksdienstes. Am 12. März 1928 trafen sich Vertreter des Christlichen Volksdienstes und der Evangelischen Volksgemeinschaft in Karlsruhe, um eine gemeinsame evangelische Liste bei der bevorstehenden Reichstagswahl zu besprechen. Diese kandidierte dann tatsächlich als Evangelischer Volksdienst (Christlich soziale Gesinnungsgemeinschaft), ohne einen nennenswerten Erfolg zu erzielen. Im nächsten Jahr zogen allerdings drei Abgeordnete des Volksdienstes, darunter der Karlsruher Heinrich Berggötz, in den badischen Landtag ein vor allem auf Kosten der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Dieser hatte der sich national und evangelisch-christlich gebende Volksdienst unter anderem deutschnational eingestellte Arbeiter und Angestellte abgeworben.

Ein protestantisches Gegenstück zur katholischen Zentrumspartei wurde der Volksdienst angesichts des nur geringen Erfolges nicht. In Karlsruhe wählten 1929 bei der Landtagswahl 4,6 Prozent den Volksdienst, bei der Reichstagswahl 1930 fünf Prozent und bei der Stadtverordnetenwahl 4,5 Prozent die evangelische Partei, was ausreichte mit dem Stadtoberrechnungsrat Eugen Kroenlein einen Stadtrat zu stellen. Kroenlein war zuvor von der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) zum Evangelischen Volksdienst gewechselt.

In der Endphase der Weimarer Republik verlor der Volksdienst deutlich Stimmen an die NSDAP, die er bekämpfte, wie unter anderem ein von dem Reichsbahnbetriebsassistenten Emil Bertsch verantwortlich herausgegebenes Flugblatt aus dem Reichspräsidentenwahlkampf 1932 belegt. Die Wahlergebnisse von 1929/30 konnte der Volksdienst nicht mehr erreichen. Wie die anderen Parteien wurde er nach der nationalsozialistischen Machtübernahme Mitte 1933 aufgelöst. Berggötz und Kroenlein schlossen sich als Mitglieder der Bekennenden Kirche nicht der NSDAP an. Berggötz wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Christlich Demokratischen Union (CDU) aktiv, für die er im Stadtrat saß, seine politische Laufbahn beendete er allerdings bei der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD).

Ernst Otto Bräunche 2021

Quelle

Karlsruher Tagblatt vom 15. März 1928, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/pageview/2558170?query=Volksdienst (Zugriff am 3. Mai 2021).

Literatur

Ernst Otto Bräunche: Residenzstadt, Landeshauptstadt, Gauhauptstadt. Zwischen Demokratie und Diktatur 1914-1945, in: Susanne Asche/Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt/Christina Wagner: Karlsruhe - Die Stadtgeschichte, Karlsruhe 1998 https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/literatur/stadtarchiv/HF_sections/content/ZZmoP1XI2Dw44t/Karlsruhe%20Die%20Stadtgeschichte.pdf (Zugriff am 2. Mai 2021).