Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 7: | Zeile 7: | ||
=Landtag der Republik Baden= |
=Landtag der Republik Baden= |
||
Der Landtag der Republik Baden war die Legislative (gesetzgebende Gewalt) für Baden in der Zeit der <lex id="ereig-0212">Weimarer Republik</lex> von 1919 |
Der Landtag der Republik Baden war die Legislative (gesetzgebende Gewalt) für Baden in der Zeit der <lex id="ereig-0212">Weimarer Republik</lex> von 1919 bis 1933 als Nachfolgeparlament der Badischen <lex id="ins-1519">Ständeversammlung</lex> des Großherzogtums Baden. Auf Betreiben des Karlsruher Juristen <lex id="bio-1222">Eduard Dietz</lex> wurde der Landtag im Einkammersystem mit einer Kollegialregierung etabliert. Sein Sitz befand sich im <lex id="ins-1355">Ständehaus</lex>. Zu seinen Aufgaben gehörte es Gesetze zu beschließen, die Exekutive zu kontrollieren sowie die Wahl bzw. Abwahl der Minister. |
||
Die <lex id="ereig-0285">Wahlen zum badischen Landtag</lex> fanden am 5. Januar 1919 (Verfassunggebende Nationalversammlung, Wahlbeteiligung 88,1 %), am 30. Oktober 1921 (Wahlbeteiligung 69,1 %), am 25. Oktober 1925 (Wahlbeteiligung 54,2 %) und am 27. Oktober 1929 (Wahlbeteiligung 61,4 %) statt. Dabei waren Frauen in Baden im Januar 1919 erstmals wahlberechtigt (aktiv und passiv). Das Mindestalter für das aktive und passive Wahlrecht betrug 21 bzw. 25 Jahre. In Baden amtierte von 1919 bis 1932 fast durchgehend eine Weimarer Koalition aus der linksliberalen <lex id="ins-0309">Deutschen Demokratischen Partei (DDP)</lex>, <lex id="ins-0330">SPD</lex> und <lex id="ins-0339">Zentrum</lex>. In der Endphase der Weimarer Republik war Baden das einzige Land im Deutschen Reich, das eine nicht nur geschäftsführende Regierung hatte. Diese stabilen Verhältnisse waren vor allem auf den Zeitpunkt der letzten Landtagswahl am 27. Oktober 1929 vor der <lex id="ereig-0210">Weltwirtschaftskrise</lex> zurückzuführen, die andernorts und auch in Baden seit 1930 zu einem deutlichen Anstieg der Wahlergebnisse der <lex id="ins-0324">Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP)</lex> führte. |
Die <lex id="ereig-0285">Wahlen zum badischen Landtag</lex> fanden am 5. Januar 1919 (Verfassunggebende Nationalversammlung, Wahlbeteiligung 88,1 %), am 30. Oktober 1921 (Wahlbeteiligung 69,1 %), am 25. Oktober 1925 (Wahlbeteiligung 54,2 %) und am 27. Oktober 1929 (Wahlbeteiligung 61,4 %) statt. Dabei waren Frauen in Baden im Januar 1919 erstmals wahlberechtigt (aktiv und passiv). Das Mindestalter für das aktive und passive Wahlrecht betrug 21 bzw. 25 Jahre. In Baden amtierte von 1919 bis 1932 fast durchgehend eine Weimarer Koalition aus der linksliberalen <lex id="ins-0309">Deutschen Demokratischen Partei (DDP)</lex>, <lex id="ins-0330">SPD</lex> und <lex id="ins-0339">Zentrum</lex>. In der Endphase der Weimarer Republik war Baden das einzige Land im Deutschen Reich, das eine nicht nur geschäftsführende Regierung hatte. Diese stabilen Verhältnisse waren vor allem auf den Zeitpunkt der letzten Landtagswahl am 27. Oktober 1929 vor der <lex id="ereig-0210">Weltwirtschaftskrise</lex> zurückzuführen, die andernorts und auch in Baden seit 1930 zu einem deutlichen Anstieg der Wahlergebnisse der <lex id="ins-0324">Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP)</lex> führte. |
||
Die Größe des Landtags resultierte aus einer von Bevölkerungszahl und Wahlbeteiligung abhängigen Zahl von Abgeordneten. Dabei erhielt jede Partei auf 10.000 in jedem Wahlkreis (1919 gab es vier, 1921 sieben und 1927 22 Wahlkreise in Baden) abgegebene Stimmen einen Abgeordneten. Dies führte zu einem Schwanken der Zahl der Sitze im Parlament entsprechend der Wahlbeteiligung. Blieben Parteien unter dieser Grenze, wurden alle auf sie abgegebenen Stimmen addiert und die Mandate gemäß einer Landesliste verteilt. So kamen auch Parteien wie die <lex id="ins-0321">Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)</lex>, die <lex id="ins-0333">Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD)</lex> oder die Wirtschaftliche Vereinigung des badischen Mittelstands in den Landtag, obwohl sie in keinem der Wahlkreise 10.000 Stimmen erhalten hatten. Die Größe des badischen Landtags betrug 1919 107 Abgeordnete, 1921 86 Abgeordnete, 1925 72 Abgeordnete und 1929 88 Abgeordnete. In die Verfassunggebende Nationalversammlung, die bis 1921 als erster Landtag fungiert hatte, wurden neun Frauen gewählt, darunter die Karlsruherinnen <lex id="bio-0037">Kunigunde Fischer</lex> und <lex id="bio-0602">Clara Siebert</lex>. |
Die Größe des Landtags resultierte aus einer von Bevölkerungszahl und Wahlbeteiligung abhängigen Zahl von Abgeordneten. Dabei erhielt jede Partei auf 10.000 in jedem Wahlkreis (1919 gab es vier, 1921 sieben und 1927 22 Wahlkreise in Baden) abgegebene Stimmen einen Abgeordneten. Dies führte zu einem Schwanken der Zahl der Sitze im Parlament entsprechend der Wahlbeteiligung. Blieben Parteien unter dieser Grenze, wurden alle auf sie abgegebenen Stimmen addiert und die Mandate gemäß einer Landesliste verteilt. So kamen auch Parteien wie die <lex id="ins-0321">Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)</lex>, die <lex id="ins-0333">Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD)</lex> oder die Wirtschaftliche Vereinigung des badischen Mittelstands in den Landtag, obwohl sie in keinem der Wahlkreise 10.000 Stimmen erhalten hatten. Die Größe des badischen Landtags betrug 1919 107 Abgeordnete, 1921 86 Abgeordnete, 1925 72 Abgeordnete und 1929 88 Abgeordnete. In die Verfassunggebende Nationalversammlung, die bis 1921 als erster Landtag fungiert hatte, wurden neun Frauen gewählt, darunter die Karlsruherinnen <lex id="bio-0037">Kunigunde Fischer</lex> und <lex id="bio-0602">Clara Siebert</lex>. |
||
Im Zuge der <lex id="ereig-0111">Machtübernahme</lex> durch die <lex id="ereig-0016">Nationalsozialisten</lex> wurde der badische Landtag nach dem Ergebnis der <lex id="ereig-0289">Reichstagswahl</lex> vom 5. März 1933 neu gebildet und im September 1933 aufgelöst. |
Im Zuge der <lex id="ereig-0111">Machtübernahme</lex> durch die <lex id="ereig-0016">Nationalsozialisten</lex> wurde der badische Landtag nach dem Ergebnis der <lex id="ereig-0289">Reichstagswahl</lex> vom 5. März 1933 neu gebildet und im September 1933 aufgelöst. |
||
Heute wird die Geschichte |
Heute wird die Geschichte des Landtags als ein herausragender Ort deutscher Demokratiegeschichte seit 1993 in der <lex id="ins-0824">Erinnerungsstätte Ständehaus</lex> präsentiert. |
||
<div style="text-align:right;">''René Gilbert/Ernst Otto Bräunche |
<div style="text-align:right;">''René Gilbert/Ernst Otto Bräunche 2023''</div> |
||
==Quellen== |
==Quellen== |
Aktuelle Version vom 20. Oktober 2023, 14:27 Uhr
Landtag der Republik Baden
Der Landtag der Republik Baden war die Legislative (gesetzgebende Gewalt) für Baden in der Zeit der Weimarer Republik von 1919 bis 1933 als Nachfolgeparlament der Badischen Ständeversammlung des Großherzogtums Baden. Auf Betreiben des Karlsruher Juristen Eduard Dietz wurde der Landtag im Einkammersystem mit einer Kollegialregierung etabliert. Sein Sitz befand sich im Ständehaus. Zu seinen Aufgaben gehörte es Gesetze zu beschließen, die Exekutive zu kontrollieren sowie die Wahl bzw. Abwahl der Minister.
Die Wahlen zum badischen Landtag fanden am 5. Januar 1919 (Verfassunggebende Nationalversammlung, Wahlbeteiligung 88,1 %), am 30. Oktober 1921 (Wahlbeteiligung 69,1 %), am 25. Oktober 1925 (Wahlbeteiligung 54,2 %) und am 27. Oktober 1929 (Wahlbeteiligung 61,4 %) statt. Dabei waren Frauen in Baden im Januar 1919 erstmals wahlberechtigt (aktiv und passiv). Das Mindestalter für das aktive und passive Wahlrecht betrug 21 bzw. 25 Jahre. In Baden amtierte von 1919 bis 1932 fast durchgehend eine Weimarer Koalition aus der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP), SPD und Zentrum. In der Endphase der Weimarer Republik war Baden das einzige Land im Deutschen Reich, das eine nicht nur geschäftsführende Regierung hatte. Diese stabilen Verhältnisse waren vor allem auf den Zeitpunkt der letzten Landtagswahl am 27. Oktober 1929 vor der Weltwirtschaftskrise zurückzuführen, die andernorts und auch in Baden seit 1930 zu einem deutlichen Anstieg der Wahlergebnisse der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) führte.
Die Größe des Landtags resultierte aus einer von Bevölkerungszahl und Wahlbeteiligung abhängigen Zahl von Abgeordneten. Dabei erhielt jede Partei auf 10.000 in jedem Wahlkreis (1919 gab es vier, 1921 sieben und 1927 22 Wahlkreise in Baden) abgegebene Stimmen einen Abgeordneten. Dies führte zu einem Schwanken der Zahl der Sitze im Parlament entsprechend der Wahlbeteiligung. Blieben Parteien unter dieser Grenze, wurden alle auf sie abgegebenen Stimmen addiert und die Mandate gemäß einer Landesliste verteilt. So kamen auch Parteien wie die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) oder die Wirtschaftliche Vereinigung des badischen Mittelstands in den Landtag, obwohl sie in keinem der Wahlkreise 10.000 Stimmen erhalten hatten. Die Größe des badischen Landtags betrug 1919 107 Abgeordnete, 1921 86 Abgeordnete, 1925 72 Abgeordnete und 1929 88 Abgeordnete. In die Verfassunggebende Nationalversammlung, die bis 1921 als erster Landtag fungiert hatte, wurden neun Frauen gewählt, darunter die Karlsruherinnen Kunigunde Fischer und Clara Siebert.
Im Zuge der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde der badische Landtag nach dem Ergebnis der Reichstagswahl vom 5. März 1933 neu gebildet und im September 1933 aufgelöst.
Heute wird die Geschichte des Landtags als ein herausragender Ort deutscher Demokratiegeschichte seit 1993 in der Erinnerungsstätte Ständehaus präsentiert.
Quellen
Die Protokolle der Regierung der Republik Baden, bearb. von Martin Furtwängler, Stuttgart 2012, S. IX-LXXVII (= Kabinettsprotokolle von Baden und Württemberg 1918 – 1933 I. Teil, Bd. 1); Die Protokolle der Regierung der Republik Baden, Das Staatsministerium April 1919 – November 1921, bearb. von Martin Furtwängler, 2 Teilbde. (= Kabinettsprotokolle von Baden und Württemberg 1918–1933 I. Teil, Bd. 2), Stuttgart 2016.
Literatur
Hans-Peter Becht: Handbuch der badischen Ständeversammlung und des badischen Landtags 1819-1933, 2 Teilbände, Stuttgart 2021 (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg); Ernst Otto Bräunche: Residenzstadt, Landeshauptstadt, Gauhauptstadt. Zwischen Demokratie und Diktatur 1914-1945, in: Susanne Asche/Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt/Christina Wagner: Karlsruhe - Die Stadtgeschichte, Karlsruhe 1998, S. 358-502, hier S. 437-446, Buch zum Download (Zugriff am 29. November 2022); Gerhard Kaller: Baden in der Weimarer Republik, in: Handbuch der baden-württembergischen Geschichte Bd. 4, hrsg. im Auftrag der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg von Hansmartin Schwarzmaier und Meinrad Schaab, Stuttgart 2003, S. 23-72, hier S. 24-37; Michael Braun: Der Badische Landtag 1918-1933, Düsseldorf 2009.