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Eugen Fischer


Eugen Fischer, Bild aus: Badische Heimat 1967, S. 88.

Eugen Fischer

Mediziner, Anthropologe, NS-Rassehygieniker, * 5. Juni 1874 Karlsruhe, † 9. Juli 1967 Freiburg i. Br., gottgläubig, ∞ 1901 Else Walter, 2 Töchter, 1 Sohn.

Eugen Fischer war der Sohn eines Kaufmanns und wuchs in Freiburg i. Br. auf, wo er 1884-1893 das Großherzogliche Gymnasium besuchte. Nach dem Abitur diente er 1893/94 als Einjährig-Freiwilliger im 1./113. Infanterieregiment Freiburg und nahm parallel ein Medizinstudium auf, das er 1893-1898 in Freiburg und München absolvierte und mit der Promotion bzw. dem ärztlichen Staatsexamen bei Robert Wiedersheim mit Bestnoten abschloss.

Anschließend erhielt Fischer eine Stelle als wissenschaftlicher Assistent bei seinem Doktorvater, bei dem er sich 1900 auch habilitierte. 1904 wurde er zum Titularprofessor ernannt. Durch eine 1908 durchgeführte Forschungsreise nach Deutsch-Südwestafrika, bei der Fischer Erkenntnisse über menschliche Vererbung und Rassenmerkmale zu gewinnen hoffte, fand er zu seinem bevorzugten Arbeitsfeld, der Anthropologie. Die dabei gemachte Schlussfolgerung, dass Mischlinge gegenüber der indigenen Bevölkerung höherstehend und deswegen Ehen zwischen Afrikanern (Schwarzen) und Europäern (Weißen) zu verbieten seien, machte Fischer zu einem Wegbereiter der Rassentheorie der Nationalsozialisten.

In der Folge vertrat Fischer den Standpunkt der angewandten Rassenhygiene, was 1909 in der Gründung der Freiburger Ortsgruppe für Rassenhygiene zum Ausdruck kam. 1912 wurde Fischer außerordentlicher Professor und 1913 Erster Prosektor der Universität Würzburg. 1913 kehrte er in gleicher Eigenschaft nach Freiburg zurück. Im selben Jahr übernahm er den Vorsitz des 1909 gegründeten Heimatvereins Badische Heimat, der ihn 1929 zum Ehrenvorsitzenden ernannte.

Im Ersten Weltkrieg lehrte Fischer als Professor und diente gleichzeitig als Stabs- und Chefarzt der Reserve, zuletzt 1917 als Leiter der Chirurgischen Abteilung im Orthopädischen Reservelazarett Ettlingen. 1918 folgte Fischer Wiedersheim als Ordinarius für Anatomie an der Universität Freiburg nach. Berufungen nach München (1918, 1925) und Wien (1921) lehnte er ab.

In der Zeit der Weimarer Republik leitete Fischer mehrere Forschungsprojekte zur Untersuchung menschlicher Überreste in Freiburg, im Kloster Lorsch, auf der Insel Reichenau sowie auf den Kanaren und in etruskischen Grabkammern in Italien. 1927 wurde Fischer zum ersten Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Vererbungslehre und Eugenik in Berlin-Dahlem sowie zum Ordinarius für Anthropologie der Universität Berlin berufen. 1933-1935 amtierte er als Rektor der Universität Berlin, unterstützte im März 1933 den Aufruf "Die Berliner Hochschullehrer für Adolf Hitler" und sorgte für die Entlassung jüdischer Wissenschaftler. Fischer vertrat öffentlich die Ansicht, die Bekämpfung der Juden diene nicht der Ausschaltung geistiger und wirtschatlicher Konkurrenz, sondern der Rettung der deutschen Rasse vor Fremdrassigem. Dem würden auch hochachtbare und wertvolle Menschen zum Opfer fallen, es gelte aber ein ganzes Volk zu retten. In mehreren Funktionen wirkte Fischer während der NS-Zeit in der Rassenforschung, als oberster Erbegesundtheitsrichter und für Zwangssterilisationen.

Nachdem Fischer 1919-1927 Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) gewesen war, trat er zum 1. Januar 1940 in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein. 1942 wurde Fischer emeritiert. In seinem Spruchkammerverfahren wurde er 1947 als Mitläufer eingestuft und musste eine Geldsühne von 300 Reichsmark bezahlen. 1954 erhielt er von Gebhard Müller die Rechtsstellung eines Emeritus der Universität Freiburg und damit eine Pension. Darüber hinaus wurde Fischer zum Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Konstitutionsforschung (1951), der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft (1952) und der Deutschen Gesellschaft für Anatomie (1954) ernannt. Bereits zu seiner aktiven Zeit war er mit der Rudolf-Virchow-Medaille (1934), der Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft (1939) sowie der Hans-Thoma-Medaille und dem Adlerschild des Deutschen Reiches (1944) ausgezeichnet worden.

René Gilbert 2016

Quellen

Staatsarchiv Freiburg F 108/1 Nr. 433, 456 E Nr. 2934; Hauptstaatsarchiv Stuttgart EA 3/150 Bü 533.

Werk

Anatomische Beschreibung des Beckens des Orang-Utans. Beiträge zur Anatomie des Orang-Utans, Diss. Freiburg 1898; Das Primordialcranium von Talpa europaea. Ein Beitrag zur Morphologie des Säugetierschädels, Habil.-Schrift Freiburg 1900; Die Rehobother Bastards und das Bastardisierungsproblem beim Menschen, Jena 1913; Das Problem der Rassenkreuzung beim Menschen, Freiburg 1914; Rasse und Rassenentstehung beim Menschen, Berlin 1927; Der völkische Staat, biologisch gesehen, Berlin 1933; Begegnungen mit Toten. Aus den Erinnerungen eines Anatomen, Freiburg 1959.

Literatur

Johann Schaeuble: Eugen Fischer 5.6.1874-9.7.1967, in: Badische Heimat 47 (1967), S. 89-93; Horst Ferdinand/Kurt Erich Maier: Fischer, Eugen Franz Leopold, in: Baden-Württembergische Biographien, Bd. III, hrsg. von Bernd Ottnad und Fred L. Sepaintner, Stuttgart 2002, S. 78-85; Niels C. Lösch: Rasse als Konstrukt. Leben und Werk Eugen Fischers, Frankfurt a. M. 1997.