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Karl Holl


Karl Holl

Germanist, Wirtschaftsfunktionär, Verwaltungsleiter, * 26. Mai 1886 Heidelberg, † 25. November 1971 Heidelberg, ev., ∞ 1919 Bertha Hofmann, 2 Töchter.

Karl Holl wuchs als Sohn eines Schreinermeisters in Heidelberg auf und legte dort 1905 das Abitur ab. Er studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie in Heidelberg und Berlin und schloss das Studium 1909 mit der Promotion ab. Anschließend ging Holl nach London, um am British Museum seine Studien fortzusetzen. Parallel unterrichtete er als Lektor für deutsche Sprache an der Technischen Hochschule Bromley bei London. Nach einer Assistenzzeit wurde Holl 1912 außerordentlicher Professor für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Liverpool, und 1913 gleichzeitig Professor am University College Reading, wo er ein Seminar für deutsche Sprache und Literatur aufbauen sollte.

Als bekennender Nationalist meldete sich Holl kurz nach Kriegsausbruch zum Heeresdienst, den er bis 1918 leistete (Eisernes Kreuz I + II Klasse). Bereits während des Krieges bewarb sich Holl für die Zeit nach dem Krieg um eine Stelle an der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe, die ihm nach seiner 1917 eingereichten Habilitationsschrift in Form eines Lehrauftrags in deutscher Literaturgeschichte und einem Lektorat in englischer Sprache bewilligt wurde. 1919 erfolgte seine Ernennung zum Privatdozenten, 1920 die zum außerordentlichen Professor. Einen im selben Jahr ergangenen Ruf an die Universität Peking lehnte er ab.

1924 erhielt Holl einen Lehrstuhl für Literaturgeschichte an der TH Karlsruhe. Sein Arbeitsschwerpunkt lag auf der Geschichte des Lustspiels und der Geschichte des deutschen Dramas. Neben seinen akademischen Verpflichtungen übernahm Holl auch hochschulbezogene Aufgaben wie den Vorsitz des Karlsruher Studentendiensts. Als Vorsitzender trieb er den Bau des Studentenhauses maßgeblich voran. Folgerichtig erhielt der Gebäudevorplatz 1931 den Namen Karl-Holl-Platz. Außerdem amtierte er für zwei Amtszeiten von 1931 bis 1933 als Rektor.

Im Rahmen einer verstärkt technischen Ausrichtung der TH musste Holl seinen Lehrstuhl 1936 aufgeben und wurde in den Ruhestand versetzt. Neben dieser offiziellen Begründung dürfte Holls Engagement in der Politik als Mitglied der Karlsruher Deutschen Demokratischen Partei (DDP) seine Abberufung begünstigt haben. Auch die Bezeichnung des Platzes vor dem Studentenhaus nach ihm wurde zurückgenommen.

Durch seine guten Kontakte in die Wirtschaft, die er als Mitglied des Aufsichtsrats (seit 1919) der Heidelberger Brauerei seines Schwiegervaters hatte, gelang Holl der direkte Wechsel in die Wirtschaft. Er arbeitete bis 1940 als unabhängiger Berater in der Automobilindustrie. 1940 wurde Holl zum Bevollmächtigten des Vorstands der Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken AG in Karlsruhe ernannt. Sein im selben Jahr erfolgter Eintritt in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ist angesichts der Tatsache, dass Holl eine liberal-demokratische Grundeinstellung besaß und zudem Juden bei der Emigration nach England unterstützte, mehr aus opportunistischen und weniger aus ideologischen Gründen zu erklären. Bis Kriegsende übte Holl weitere wichtige Funktionen in der Wehr- und Rüstungsindustrie aus.

Im Juni 1945 bekam er von der US-amerikanischen Militärregierung die Leitung des Landeskommissariats Mannheim-Heidelberg (später zusammengefasst mit dem Landesbezirk Karlsruhe zum Landesbezirk Baden) übertragen. Das Verschweigen seiner NSDAP-Mitgliedschaft führte freilich zu seiner Absetzung am 3. September 1945. Das anschließende Verfahren vor der Spruchkammer Heidelberg endete mit seiner Einstufung als Mitläufer. Holl arbeitete danach in Heidelberg als Unternehmer (Autosilo GmbH).

Für seine literaturgeschichtliche Arbeit erhielt Holl den Orden vom Zähringer Löwen sowie 1931 die Goethe-Plakette des Freien Deutschen Hochstifts in Frankfurt a. M.

René Gilbert 2015

Quellen

KIT-Archiv 21011/182, 28002/199, 28021/88; GLA 235/2114, 4355, 30465, 456 E Nr. 5084, 465a/59/3/5809, 481/946; Universitätsarchiv Heidelberg H-IV-75713.

Werk

Zur Geschichte der Lustspieltheorie von Aristoteles bis Gottsched, Diss. Heidelberg 1909; Grundlagen der deutschen Aesthetik des 18. Jahrhunderts, in: Neue Jahrbücher für das klassische Altertum Geschichte und deutsche Literatur 31 (1913), S. 721-731; Goethes Vollendung in ihrer Beziehung zu Byron und Carlyle, Habil.schrift Karlsruhe 1917; Schiller und die Komödie, Leipzig 1925 (Rede); Gotthold Ephraim Lessing – Gedächtnisrede zu seinem 200. Geburtstage gehalten in der Aula der Technischen Hochschule Karlsruhe am Tage der Reichsgründungsfeier 1929, Karlsruhe, 1929; Die Technische Hochschule: Bildungsanstalt oder Fachschule?, Karlsruhe 1931 (Rektoratsrede).

Literatur

Gerhard Lüdtke (Hrsg.): Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender auf das Jahr 1925, 1. Jg., Berlin/Leipzig 1925, Spalte 417; Wilhelm Kosch (Begr.): Deutsches Theaterlexikon, Bd. 1, Klagenfurt 1953, S. 831; Uwe Japp: Karl Holl, in: Christoph König: Internationales Germanistenlexikon 1800-1950, Bd. 2, Berlin 2003, S. 790-792; Tobias Seidl: Personelle Säuberungen an der Technischen Hochschule Karlsruhe 1933-1937, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 157 (2009), S. 429-492, S. 479 f.; Tobias Seidl: Holl, Karl Christian Clemens, in: Baden-Württembergische Biographien, Bd. V, hrsg. von Fred L. Sepaintner, Stuttgart 2013, S. 192-195.