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Johann (Hans) Anton Friedrich Lorenz Kühlwein


Hans Kühlwein, Foto aus: Norbert Rieder: Prof. Dr. Hans Kühlwein, 20.6.1911-19.1.1988, in: Veröffentlichungen für Naturschutz und Landschaftspflege in Baden-Württemberg 63 (1988), S. 533.

Johann (Hans) Anton Friedrich Lorenz Kühlwein

Botaniker, Biologe, Professor, * 20. Juni 1911 Landshut, † 19. Januar 1988 Karlsruhe, kath., ∞ 1937 Margit Else Rottländer, 2 Töchter, 1 Sohn.

Hans Kühlwein besuchte die Volks- und die Oberrealschule in Landshut und legte 1931 das Abitur ab. Einer alten Forstbeamtenfamilie entstammend, zeigte er schon als Jugendlicher großes Interesse für biologische Fragestellungen. Er begann ein Studium der Forstwirtschaft in München, wechselte aber bald zu den reinen Naturwissenschaften. Beim damaligen Rektor der Universität Würzburg, Paul Brandscheidt, schloss er 1936 das Studium mit der Promotion ab. Anschließend erhielt Kühlwein bis 1939 eine Stelle als Hilfsassistent am Institut für angewandte Botanik der Universität Würzburg. Auf Empfehlung seines Lehrers Hans Burgeff wurde er 1940 planmäßiger Assistent am botanisch-mikrobiologischen Institut der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe, das damals vom Regierungsbotaniker Wilhelm Schwartz geleitet wurde, nachdem der Lehrstuhl für Botanik und Mikrobiologie seit dem Tod Ludwig Kleins 1928 nicht mehr besetzt worden war.

Um seine Stellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter nicht zu gefährden, trat Kühlwein 1937 in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein und wurde Mitglied im Kraftfahrcorps der SA. Seinen Kriegsdienst leistete er als Funker, Sanitäter und Biologe im bakteriologischen Labor der Luftwaffe in Clichy bei Paris. Nach einer überstandenen Typhus-Erkrankung arbeitete er ab 1943 als kriegsunabkömmlicher wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut in Karlsruhe weiter. Noch im selben Jahr führte er die Evakuierung des Instituts in das Schloss Saaleck bei Hammelburg/Unterfranken durch. Um die Jahreswende 1945/46 kehrte Kühlwein mit dem Institut nach Karlsruhe zurück und wurde vom damaligen Rektor der TH, Rudolf Plank, beauftragt, vertretungsweise das Botanisch-Mikrobiologische Institut mit botanischem Garten zu leiten und die Lehrveranstaltungen wieder aufzunehmen. 1947 wurde er von der Spruchkammer Karlsruhe als Mitläufer eingestuft und zur Zahlung einer Geldsühne verpflichtet.

Im Mai 1948 habilitierte sich Kühlwein für die Fächer Botanik und Pharmakognosie. Im April 1950 wurde er zum Oberassistenten und im Februar 1951 zum Regierungsbotaniker ernannt. Nach dem Tod des Direktors des Botanischen Instituts, Ulrich Weber, wurde Kühlwein 1954 zunächst zum außerplanmäßigen Professor und Direktor des Botanisch-Mikrobiologischen Instituts berufen. 1961 folgte die Berufung zum Ordinarius. Bis zu seiner Emeritierung 1979 schärfte Kühlwein das naturwissenschaftliche Profil der TH Karlsruhe, mit der Planung und Neuanlage des botanischen Gartens am Fasanengarten 1956-1958, mit dem Einsatz für die Einrichtung eines ersten zoologischen Lehrstuhls 1962, für die Einführung des Vollbiologiestudiums für Lehramtskandidaten 1967, für die Schaffung eines zweiten Lehrstuhls für Botanik 1970, für die Vergrößerung des biologischen Fachbereichs auf sechs Lehrstühle und für dessen Erweiterung um die Teilgebiete Mikrobiologie und Genetik sowie für die 1976 erfolgte Einführung des Studiengangs Diplom-Biologie. Kühlwein war 1969-1971 Dekan der neu geschaffenen Fakultät für Bio- und Geowissenschaften.

Wissenschaftlich beschäftigte sich Kühlwein vornehmlich mit Fragen der Physiologie von Pollen, Pilzen und Mikroorganismen. Seine grundlegenden Erkenntnisse über die Myxobakterien machten ihn international bekannt. Eine Besonderheit von Kühlweins erfolgreicher Lehrtätigkeit waren seine botanischen Exkursionen, bei denen er auch die kulturhistorischen Aspekte der die Pflanzen umgebenden Landschaft mit einbezog, was die Exkursionen zu landeskundlichen Ausflügen aufwertete.

Fast 30 Jahre engagierte sich Kühlwein als Erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (Pilzkunde) und mehrere Jahre als Schriftleiter der von ihr herausgegebenen Zeitschrift für Mykologie. Als Präsident richtete er 1960 die Jahrestagung der Deutschen Botanischen Gesellschaft in Karlsruhe aus. 1947-1987 amtierte Kühlwein als Naturschutzbeauftragter der Stadt Karlsruhe und gehörte zu den bekanntesten Kritikern der regen Bautätigkeit in den 1950er- und 1960er-Jahren unter Oberbürgermeister Günther Klotz. Insbesondere prangerte er die Errichtung der Ölraffinerien im Rheinhafen und den damit einhergehenden Verlust schützenswerter Auenlandschaft an. Für sein Werben um die Ausweisung des Altrheins als erstes Karlsruher Naturschutzgebiet sowie sein Eintreten für den Erhalt des Weingartener Moores und des Grötzinger Bruchwalds erhielt Kühlwein 1987 das Bundesverdienstkreuz.

René Gilbert 2016

Quellen

GLA 465h/8258; KIT-Archiv 28002/263.

Werk

Zur Physiologie der Pollenkeimung, insbesondere zur Frage nach dem Befruchtungsvorgang bei Gymnospermen, Diss. Würzburg 1936; Beiträge zur Biologie und Entwicklungsgeschichte der Myxobakterien, Habil.-Schrift Karlsruhe 1948; Über keimungsfördernde Substanzen in Pollen und Narben, Berlin/Heidelberg 1948; Der Hausschwamm und andere Holzzerstörer, 1949; Antibiotika aus höheren Pilzen, 1949.

Literatur

Norbert Rieder: Prof. Dr. Hans Kühlwein, 20.6.1911-19.1.1988, in: Veröffentlichungen für Naturschutz und Landschaftspflege in Baden-Württemberg 63 (1988), S. 533 f.; Hans Haas: Professor Dr. Hans Kühlwein zum Gedenken, in: Zeitschrift für Mykologie 54 (1988), S. 197 f.; Ewald Sprecher: Nachruf in Deutsche Apotheker Zeitung, 128. Jg. Nr. 5 vom 04.02.1988; Hartmut Lichtenthaler: Hans Kühlwein 1911-1988, in: Botanica acta 101 (1988), S. A 14 f.; Hartmut Lichtenthaler/Reinhard Fischer: Mitteilung und Einladung des KIT, Fakultät für Chemie und Biowissenschaften, zum Festkolloquium anlässlich des 100. Geburtstags von Prof. Dr. Hans Kühlwein am 27.06.2011.