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Wilhelm Jeremias Müller


Wilhelm Jeremias Müller, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 1052.

Wilhelm Jeremias Müller

Architekt, Baudirektor, * 2. Mai 1725 Eyrichshof/Lkr. Haßberge, † 19. April 1801 Karlsruhe, ∞ 1754 Anna Catharina Weckerlin, 3 Söhne, 1 Tochter.

Müller absolvierte vermutlich zunächst eine Zimmermannslehre, bevor er im markgräflich-ansbachischen Dienst eine erste architektonische Ausbildung erhielt. Ende der 1740er-Jahre wurde er von dem italienischen Architekten Leopoldo Retti zum Stuttgarter Schlossneubau herangezogen. Hier lernte er den Pariser Architekturberater Louis Philippe de la Guêpière und den jungen Kavalierarchitekten Albrecht Friedrich von Keßlau kennen, der von Markgraf Karl Friedrich 1749 zur weiteren Ausbildung in die Lehre Rettis geschickt worden war. Als Keßlau 1752 zum baden-durlachischen Baudirektor ernannt und mit der Totalrenovierung des Karlsruher Schlosses beauftragt wurde, berief er noch im selben Jahr Müller als Bauzeichner an das Hofbauamt. Kurz darauf wurde Müller, seit 1754 Bauinspektor, mit den Entwürfen und Ausführungen der Nebengebäude des Schlosses (Hofküche, Hofapotheke mit Bibliothek, Wasch-, Rauch- und Metzel-, Fisch- und Hühnerhaus, Schlossvorhof mit den Wachthäusern, Marstall-Anlage) betraut.

Des Weiteren entwarf er das eigene Wohnhaus an der Ecke Waldhornstraße/Vorderer Zirkel (1757/58), das im Erdgeschoss die fürstliche Zeichenstube beherbergte, und die Linkenheimer Toranlage mit Gefängnis und Kadettenhaus (Baubeginn 1766). Alle angeführten Gebäude zeigten noch deutlich den Einfluss von Keßlau, dessen Baustil von der klassisch-strengen Formensprache des französischen Barocks, dem „noble simplicité“, geprägt war. Mit Keßlau, Hofrat Johann Jakob Reinhard sowie den beiden Baumeistern Johann Heinrich Arnold und Johann Friedrich Weyhing arbeitete Müller bis 1768 die Richtlinien für die Stadterweiterung aus, die bereits die Herstellung der Karl-Friedrich-Straße mit dem Ettlinger Tor vorsah. Nach Arnolds Tod 1770 und dem Ausscheiden Keßlaus aus dem Staatsdienst 1771 stand Müller an der Spitze des baden-durlachischen Bauwesens und wurde 1791 zum fürstlichen Hofrat und 1797 zum Baudirektor ernannt.

Die Bauten, die er in den folgenden zwei Jahrzehnten schuf, zählen zu seinen Hauptwerken und machen ihn zum wichtigsten Vertreter des Louis-seize-Stils in Karlsruhe, jener Periode, die zwischen Spätbarock und Klassizismus (circa 1760-1790) eine schlichte zweckmäßige Architektur propagierte. Beispiele dafür sind der Neubau der Kleinen Kirche (1773-1776), das Durlacher Tor und das neue Jagdzeughaus (1777-1779), der Neubau der Landschreiberei (1783; Abbruch 1893), der Bau des Bürgerhospitals (1782-1788; Abbruch 1912), sowie die neue Kanzlei am Schlossplatz, von der nur der Archivbau (1788-1792) ausgeführt wurde. Die meisten seiner Bauten wurden durch Luftangriffe 1944 zerstört. Die Kleine Kirche und das ehemalige Zeughaus legen noch heute Zeugnis von seinem Wirken ab.

Katja Förster 2014

Literatur

Paul Bialek: Wilhelm Jeremias Müller. Der Baumeister des Louis XVI. in Karlsruhe, Diss. TH Karlsruhe 1955.