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Margarethe Schellenberg


Margarethe Schellenberg

Margarethe Schellenberg, um 1939, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS IV 68/13.
Margarethe Schellenberg, um 1939, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS IV 68/13.

Kunstmalerin, Kostümbildnerin, * 23. November 1890 Karlsruhe, † 3. Januar 1970 Karlsruhe, ev., ledig.

Die Tochter des Oberregierungsrats Ernst Schellenberg wurde bereits 1912 von Intendant August Bassermann am Großherzoglichen Hoftheater Karlsruhe eingestellt und schon ein Jahr später "auf allerhöchsten Entschluss" zur Leiterin des Kostümwesens "in künstlerischer Hinsicht" ernannt. Sie bezeichnete sich selbst als Kunstmalerin. Wo sie ausgebildet wurde, ist nicht bekannt. Da Frauen damals noch ein Studium an der Karlsruher Kunstakademie verwehrt war, hatte sie ihre Qualifikation wohl entweder an der staatlich geförderten privaten Malerinnenschule oder an der für Schülerinnen seit 1907 geöffneten Kunstgewerbeschule erworben. Beide Einrichtungen boten auch Kurse im Kostümzeichnen an.

Nachdem sie ihr Organisationstalent unter Beweis gestellt hatte, wurde Schellenberg 1919 zur Leiterin der Kostümabteilung am nunmehrigen Landestheater ernannt und baute dessen Fundus nicht nur mit eigenen Entwürfen kontinuierlich aus. Bei zahlreichen Theaterinszenierungen wie Opern Richard Wagners und Wolfgang Amadeus Mozarts oder Schauspielaufführungen von Stücken William Shakespeares, von denen auch viele Fotos im Generallandesarchiv Karlsruhe überliefert sind, wurde sie fortan als Kostümbildnerin genannt und ihre Leistungen auch in Presseberichten hervorgehoben. Als sich das Theater in den 1920er-Jahren der Moderne öffnete und zum Beispiel auch die Dreigroschenoper von Bertolt Brecht aufführte, erwies sie sich als wandlungsfähig und stattete auch solche Aufführungen mit Kostümen nach ihren Entwürfen aus.

Daneben gab sie an der Kunstakademie Kurse in Bühnenkostümentwurf, an der seit 1919 auch Frauen studieren durften. Zudem lieferte sie Kostümentwürfe auch für auswärtige Theater und Auftritte der Tanzschule von Olga Mertens-Leger. Der seit 1926 amtierende Intendant Hans Waag nahm sie gemeinsam mit dem Bühnenbildner Torsten Hecht auf eine Reise nach Paris mit, um die dortigen Revuen zu studieren, wo der Star der Folies Bergère Josephine Baker, aber auch die junge Marika Rökk als Tänzerinnen auftraten. Nach diesem Vorbild sollte das neue Fastnachtskabarett am Landestheater inszeniert werden, das sich tatsächlich seit 1928 als Kassenschlager erwies.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden allerdings die beteiligten Akteure jüdischer Abstammung wie der Schauspieler Hermann Brand und der Kapellmeister Joseph Krips sowie der in Ungnade gefallene Intendant Waag entlassen. Margarethe Schellenberg versuchte dieser Säuberung zu entgehen, indem sie in Parteiorganisationen wie der NS-Frauenschaft als einfaches Mitglied eintrat, was allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Spruchkammerverfahren und zu ihrer vorübergehenden Entlassung aus dem Staatstheater führen sollte. Aufgrund der Fürsprache befreundeter Kolleginnen und Kollegen wurde sie aber bald darauf wiedereingestellt und baute den Kostümfundus wieder auf, der bei dem Bombenangriff im September 1944, dem das Theatergebäude zum Opfer fiel, ebenfalls zerstört worden war.

1953 ging Schellenberg in den Ruhestand, war aber weiter freiberuflich tätig, etwa für die Freilichtbühne in Ötigheim, zu deren Aufführungen sie die Kostüme entwarf. Auch für die erste weibliche Karlsruher Tanzgarde, die Tulpengarde der Karnevalsgesellschaft Badenia, entwarf sie 1955 die Heyduckenuniform, die bis heute fast unverändert immer wieder für die naturgemäß häufig wechselnden Mitglieder dieser Formation nachgeschneidert wird. Als Schellenberg im 80. Lebensjahr starb, wurde sie in einem Nachruf der Badischen Neuesten Nachrichten entsprechend gewürdigt.

Peter Pretsch 2024

Quellen

GLA 57a/2163, 465h/27678; BNN vom 14. Januar 1970 (Nachruf).

Literatur

Peter Pretsch: Geöffnetes Narrenturney. Geschichte der Karlsruher Fastnacht im Spiegel gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen, Karlsruhe 1995, S. 106 f., 150 f. (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 16); Karlsruher Theatergeschichte. Vom Hoftheater zum Staatstheater, bearb. von Günther Haass u. a, Karlsruhe 1982.