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Versailler Vertrag


Deutsches Propagandaplakat von 1919 gegen die durch den Versailler Vertrag erzwungenen Gebietsabtretungen, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS X 1180.

Versailler Vertrag

Der Versailler Vertrag beendete offiziell den Ersten Weltkrieg und wurde am 22. Juni 1919 im Reichstag mit 237 gegen 138 Stimmen gebilligt und sechs Tage später im Spiegelsaal von Versailles unterzeichnet. Der Vertrag wies Deutschland die Alleinschuld am Krieg zu und trat am 10. Januar 1920 in Kraft. Deutschland, das im Krieg selbst weitgehende annexionistische Ziele verfolgt hatte, musste ein Siebtel seines Territoriums mit einem Zehntel seiner Bevölkerung abgeben.

Unter anderem fiel das 1871 annektierte Elsass-Lothringen wieder an Frankreich. Damit verlor die Karlsruher Industrie ein wichtiges Absatzgebiet. Generell traf die vorübergehende Unterbrechung der Auslandsbeziehungen die exportorientierte Maschinenindustrie besonders hart. Der Industriestandort Karlsruhe im Schatten der Grenze zu Frankreich war für Investoren fortan auch nicht mehr attraktiv, der kontinuierliche Aufschwung der Stadt der Vorkriegszeit wurde jäh unterbrochen. Außerdem verlor die Stadt ihre Garnisonen, da die Friedensbedingungen die Entmilitarisierung des Rheinlands mit einer 50 km breiten Zone ohne Militär vorsahen.

Als die Bedingungen des Versailler Vertrages bekannt wurden, ordnete die badische Regierung, dem Beispiel der Reichsregierung folgend, am 9. Mai Volkstrauer an und untersagte alle "Lustbarkeiten" in der Zeit vom 10. bis 17. Mai 1919. Die Stadtverwaltung und die politischen Parteien mit Ausnahme der USPD (die KPD existerte in Karlsruhe praktisch noch nicht) riefen für den 13. Mai zu einer Protestversammlung in der Festhalle auf, in der die Friedensbedingungen für unannehmbar erklärt wurden. Diese Bedingungen belasteten die Weimarer Republik auch aufgrund der Deutschland auferlegten Reparationszahlungen nachhaltig und blieben ein Thema vieler politischer Versammlungen und Veranstaltungen. Wie andernorts wurden die demokratischen Parteien, deren Politiker den von den Siegermächten diktierten Frieden unterzeichnen mussten, von den rechtsgerichteten Parteien, vor allem von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), für die Niederlage im Ersten Weltkrieg und deren Folgen verantwortlich gemacht.

Ernst Otto Bräunche 2012

Literatur

Ernst Otto Bräunche: Residenzstadt, Landeshauptsstadt, Gauhauptstadt. Zwischen Demokratie und Diktatur 1914-1945. in: Susanne Asche/Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt/Christina Wagner: Karlsruhe - Die Stadtgeschichte, Karlsruhe 1998, S. 358-502, S. 381-454, Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 26. Juli 2022).