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Gaststätte „Zum Tivoli“


Gaststätte „Zum Tivoli“

Um 1883/84 stellte der Tonwarenfabrikant Adolf Jost seinen Ziegeleibetrieb in der Rüppurrer Straße 86 (seit 1887 Nr. 92) ein und ließ auf seinem bis an die Augartenallee (seit 1891 Nebeniusstraße) reichenden Grundstück ein erstes und 1887/88 ein zweites Mietwohnhaus, in dem er 1888 die Wirtschaft „Zum Tivoli“ eröffnete, errichten. Bereits 1889 verkaufte er das Anwesen Rüppurrer Straße 94 einschließlich des Lokals mit „Café mit Billard“ an den aus Rüppurr stammenden Gustav Vollrath, der von 1871 bis 1875 die Wirtschaft des Arbeiterbildungsvereins in der Wilhelmstraße 14 und von 1875 bis 1888 eine eigene Gaststätte in seinem Mietwohnhaus Nowackanlage 1 betrieben hatte. 1888 hatte Vollrath seinen Besitz mit der Absicht, in der Kaiserstraße 81/83 eine neue Wirtschaft zu eröffnen, verkauft, sich aber dann kurzfristig für das Kaufangebot von Jost entschieden.

Bis 1895 betrieb Vollrath das „Tivoli“ selbst. Danach verpachtete er es an verschiedene Wirte und verkaufte schließlich 1898 das gesamte Anwesen an die Karlsruher Brauereigesellschaft vorm. K. Schrempp, die den Gaststättenbetrieb an den Wirt und Metzger Ferdinand Weber verpachtete. Seit der Jahrhundertwende wurde das Lokal auch von verschiedenen Vereinen für ihre Versammlungen genutzt. Der Gesangsverein des Eisenbahnfahrpersonals Karlsruhe machte 1898 den Anfang, gefolgt vom 1. Karlsruher Faustballklub 1906 und dem Fußballklub Südstadt 1907. Als weitere Vereine sind die Bürgersellschaft Südstadt, die vor allem im Sommer die Gartenwirtschaft nutzte, der Katholische Männerverein der Südstadt (1916-1921), der Katholische Arbeiterverein Karlsruhe-Südstadt, der Eisenbahn-Gesangsverein Flügelrad (1925-1936) und der Gesangsverein Liedertafel Karlsruhe-Südstadt überliefert.

Spätestens 1922 wurde die Gaststätte namensgebend für die nahe gelegene Straßenbahn-Haltestelle der Linie 5. Der Verein für Bewegungsspiele Südstadt 1896 e. V. inserierte seit diesem Jahr „Sportplatz beim städt. Wasserwerk/Haltestelle Linie 5, Tivoli“. Auch die Karlsruher Ortsgruppe des Schwarzwaldvereins und verschiedene Turn- und Gesangsvereine gaben in den 1920er- und 30er-Jahren bei Ausflügen in den Durlacher Wald oder nach Ettlingen „ab Tivoli“ als Treff- bzw. Ausgangspunkt an.

Beim Bombenangriff auf die Südstadt am 27. Mai 1944 wurde das immer noch im Besitz der Brauerei Schrempp-Printz befindliche Anwesen Rüppurrer Straße 94 vollkommen zerstört. 1957/58 erwarb die Frankfurter Hausbaugesellschaft für Wohnungseigentum mbH das Grundstück und errichtete im folgenden Jahr einen mehrgeschossigen Neubau darauf, in dem Martha Knittel und Karlheinz Rothfuß 1959 die Gaststätte Tivoli eröffneten. Nach Inhaberwechseln wurde 1988 der Betrieb eingestellt. Der Platz in unmittelbarer Nähe zur einstigen Wirtschaft, der in der Weimarer Zeit bereits Tivoli genannt wurde, erhielt 2000 seinen Namen zurück.

Katja Förster 2020

Quellen

Karlsruher Adressbücher von 1878-1945, https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/bestaende/adressbuecher.de (Zugriff am 5. Dezember 2020) und 1958-1989; Karlsruher Tagblatt, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/titleinfo/2411037 (Zugriff am 5. Dezember 2020) vom 27. Juli 1871, 28. Juli 1875 und 22. September 1889; Badische Presse, https://digital.blb-karlsruhe.de/topic/view/3755226 (Zugriff am 5. Dezember 2020) zwischen 1871 und 1945; Badischer Beobachter, https://digital.blb-karlsruhe.de/topic/view/3755209 (Zugriff am 5. Dezember 2020) vom 14. Oktober 1916, 13. April 1918, 22. Februar 1919; Badische Presse vom 13. Januar 1922.