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Karnevalsgesellschaft Alt-Karlsruhe


Karlsruher Briganten im Umzug von 1936, Abbildung in der Karlsruher Wochenschau Jan./Febr. 1936, Stadtarchiv Karlsruhe 8/StS 20/3652 DO.

Karnevalsgesellschaft Alt-Karlsruhe

Die Karnevalsgesellschaft Alt-Karlsruhe ging aus dem kleinbürgerlichen Milieu aus Handwerkern, Einzelhändlern und Wirten hervor, das sich in der ehemaligen Tagelöhnersiedlung Dörfle im Verlauf des 19. Jahrhunderts gebildet hatte. Das Bedürfnis nach Repräsentation und Belebung ihrer Geschäfte durch die Karnevalsaktivitäten war offensichtlich dort genauso vorhanden wie bei den Persönlichkeiten des Großbürgertums, die 1902 die Große Karnevalsgesellschaft Karlsruhe (Grokage) gegründet hatten. Die Gründung der KG Alt-Karlsruhe folgte nur ein Jahr später und neben den nun in Altstadtlokalen durchgeführten Damen-, Herren- und Fremdensitzungen beteiligte sich der Verein mit Motivwagen auch an den von der Grokage von 1903 bis 1909 organisierten Umzügen mit eigenen Motivwagen.

1913 konnte Vereinspräsident und Malermeister Jens Riedelbauch in der Gaststätte Zum grünen Berg, Kaiserstraße 33 (heute Wirtshaus Dörfle) das zehnjährige und 1928 das 25jährige Bestehen der Gesellschaft feiern. In der Presse wurde er häufig für seine humorvollen Redebeiträge gelobt, es traten aber in den Sitzungen auch auswärtige Büttenredner befreundeter Vereine aus Blankenloch, Rüppurr, Knielingen und Beiertheim auf. Außerdem gab es im Verein einen Damenelferrat, dessen Mitglieder sich ebenfalls als Büttenrednerinnen hervortaten.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden die Karnevalsaktivitäten neu organisiert und der Fastnachtsumzug sollte unter ein Motto gestellt werden. Dazu wurde im Dörfle die Altstadtgemeinde gegründet, der fortan die Karnevalsgesellschaften Alt-Karlsruhe, Fidele Geister, und die Gesellschaft Humoristika angehörten. Diese Vereine beteiligten sich 1935 an der Fasenacht im Pfannenstiel, die ihren Anfang angeblich im Dörfle genommen hatte, unter anderem mit einer Gruppe Karlsruher Briganten, die als Klatschweiber, Großmäuler, Landgrabensalamander und Marktfrauen kostümiert waren und wie in Mainz Schwellköpfe trugen. Ihre Elferratsmitglieder waren 1935 außerdem am Narrenbaumsetzen auf dem Marktplatz beteiligt. 1936 stand der Umzug unter dem Motto Brigantenzirkus, und die Altstadtvereine marschierten wieder in der gleichen Besetzung mit. Die Karnevalsgesellschaft Alt-Karlsruhe führte mit ihrem neuen Vorsitzenden Otto Riesterer aber weiterhin auch eigenständige Veranstaltungen durch, bis der Zweite Weltkrieg diesen ein Ende setzte.

In der Nachkriegszeit wollte man an diese Aktivitäten anknüpfen und der Verein wurde Mitglied im 1952 gegründeten Festausschuss Karlsruher Fastnacht. Der Neuanfang misslang aber offensichtlich, denn nur wenige Jahre später wurde die Gesellschaft aufgelöst. Ob dies mit der bevorstehenden Altstadtsanierung zusammenhing, die die Sozialstruktur des Stadtteils völlig verändern sollte, kann nur vermutet werden.

Peter Pretsch 2022

Literatur

Peter Pretsch: "Geöffnetes Narren-Turney". Geschichte der Karlsruher Fastnacht im Spiegel gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 16), Karlsruhe 1995.