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Deutsche Vaterlandspartei


Plakat der Deutschen Vaterlandspartei 1917, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS X 1294.

Deutsche Vaterlandspartei

Nach der Gründung der für einen Siegfrieden eintretenden Deutschen Vaterlandspartei durch den späteren Putschisten Wolfgang Kapp am 2. September 1917 in Berlin folgte am 19. Oktober 1917 die Gründung einer Ortsgruppe in Karlsruhe in einer von den Vorsitzenden mehrerer Karlsruher Deutschtumsvereine einberufenen Versammlung. Den Vorsitz übernahm der Geheime Studienrat Dr. Ernst Boesser, Lehrer und später Leiter der Kadettenschule, einer der umtriebigsten Akteure der völkischen Nationalisten. Auch namhafte Vertreter der "streng-konservativen" Richtung - so der Preußische Gesandte - gehörten zu den Gründungsmitgliedern. Genannt werden der Bauingenieur und Stadtplaner Prof. Reinhard Baumeister sowie der Funktionär des Bundes der Landwirte und Peter Hoffmann Douglassche Domänenrat a. D. und der , beide mehrfach Kandidaten der konservativen Parteien bei Reichstags- und Landtagswahlen. Hoffmann rief am 31. Oktober 191 als Vorstand der Konservativen Partei deren Mitglieder zum Beitritt auf. Weiter engagierten sich in der Vaterlandspartei der alldeutsche preußische Major a. D. Albert Theodor Kreßmann oder der Zentrumsgegner und Historiker Arthur Böthlingk. Zudem hatten unter anderen der Maler und Direktor der Kunsthalle Hans Thoma, die Schritstellerin Alberta von Freydorf, der Schriftsteller Fritz Römhildt (Romeo), der Direktor der Landesbibliothek Theodor Längin oder der Landesgerichtspräsident Adolf Trefzer, 1919 erster Vorsitzender der Deutschen Volkspartei (DVP), den Aufruf unterzeichnet.

Am 18. Dezember 1917 fand eine erste große Versammlung statt. Im großen Saal der Eintracht sprachen der Vorsitzende Boesser und als Gastredner der Vorsitzende der badischen Vaterlandspartei, der Psychiater und Neuropathologe Prof. Dr. Alfred Hoche aus Freiburg, der vor allem wegen seiner 1920 veröffentlichten Schrift "Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens" als einer der Wegbereiter der Euthanasie der Nationalsozialisten gilt.

Auch in Karlsruhe unterstützten neben ausgesprochen völkischen Personen in erster Linie das konservative und rechtsliberale Bürgertum die Neugründung. Die Resonanz auf Veranstaltungen dieser Partei war insgesamt aber eher mäßig. Es gelang ihr nicht, "die eigentlichen Volkskreise mit ihren Zielen vertraut zu machen, bei diesen gilt die Vaterlandspartei lediglich als Partei der Kriegsverlängerer und Annexionisten ins Unangemessene", wie der preußische Gesandte nach Berlin meldete. Die Vaterlandspartei trat zu den Wahlen 1919 nicht an und löste sich auf.

Ernst Otto Bräunche 2023

Quelle

Hans-Jürgen Kremer: Das Großherzogtum Baden in der politischen Berichterstattung der preußischen Gesandten 1871-1918, 2. Bde., Stuttgart 1990 und 1992, Bd. 2 (= Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A, Quellen Band 43); Karlsruher Zeitungen 1917-1919, https://digital.blb-karlsruhe.de/zeitungen/topic/view/2965491 (Zugriff am 2. Oktober 2023); Badische Warte vom 31. Oktober 1917 https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/newspaper/item/44CH44YJCTYYDLXYEN6R6MQVSLVRWXGW?zdb_id=3041638-3&query=alldeutsch&hit=2&issuepage=4 (Zugriff am 3. April 2024).

Literatur

Ernst Otto Bräunche: "Eine neue Zeit der Freiheit ist angebrochen". Politik und Parteien in der Weimarer Republik, in: Aufbrüche und Krisen. Karlsruhe 1918-1933, hrsg. vom Stadtarchiv Karlsruhe durch Ernst Otto Bräunche/Frank Engehausen/Jürgen Schuhladen-Krämer, Karlsruhe 2020, S. 17-67, S. 21 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 35).