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Städtische Werfthallen I, II und III


Nordostansicht der Werfthalle I, um 1905, Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai), Nachlass Stürzenacker.
Werfthalle II mit Kathreiners Malzkaffeefabrik im Hintergrund, um 1914, Karlsruher Institut für Technologie.
Werfthalle III, Südfassade, um 1930, Bildarchiv Rheinhäfen Alb. 1/7b.
Werfthalle III, Südostansicht, um 1985, Foto: Marianne Stöhrlein.

Städtische Werfthallen I, II und III

Zu den ersten Hochbauten im Rheinhafen gehörten die Werfthalle I sowie das Verwaltungs- und Dienstwohngebäude. Mit der Planung der beiden Bauten, die Ende Juni und im September 1901 abgeschlossen waren, wurde das Städtische Hochbauamt unter der Leitung von Stadtbaurat Wilhelm Strieder beauftragt. Strieder delegierte die Aufgabe an seinen Mitarbeiter, Hochbauinspektor August Stürzenacker, der auch für die Planung und Bauleitung des nahe gelegenen städtischen Elektrizitätswerks (1899-1901) in der Honsellstraße verantwortlich zeichnete.

Die Werfthalle I entstand am Nordufer des Mittelbeckens und war 70 Meter lang, 23 Meter breit und etwa 10 Meter hoch. Sie verfügte über ein Keller-, Erd- und Obergeschoss mit einer Lagerfläche von rund 4.000 Quadratmetern. Für die Abfertigung der mit Schiff und Eisenbahn ein- und abgehenden Stückgüter gab es an der wasser- und der landseitigen Längsfront eine 1,8 bzw. 0,8 Meter breite Laderampe. Die Südfassade besaß außerdem eine auf erdgeschosshohen Mauerpfeilern lagernde Kranschiene und zwei Waaghäuser mit eingebauter Waage.

Der aus rotem Pfinztäler Bruchstein errichtete Bau wurde in der Mitte durch eine Brandmauer zweigeteilt. Die östliche Hallenhälfte wurde für Umschlag und Lagerung von Zollgütern, die westliche für die von Freigütern genutzt. Jede Hälfte besaß einen elektrischen Lastenaufzug für den Transport der Stückgüter zwischen den Stockwerken. Die nötigen Arbeitsräume – im Osten für Zoll- und Stadtverwaltung, im Westen für Eisenbahn und private Spediteure – waren an den Stirnseiten der an einen mittelalterlichen Wehrbau erinnernden Werfthalle I angeordnet, welche durch je zwei Pyramidendächer zu Kopfbauten stilisiert waren.

Da die Werfthalle I bereits 1902 für Umschlag und Lagerung vor allem zollfreier Stückgüter nicht mehr ausreichte, wurde bereits 1903 zwischen ihr und dem 1901/02 erbauten Getreidelagerhaus die Werfthalle II als einfacher Fachwerkbau errichtet. Die 63 Meter lange und 22 Meter breite Halle mit einer Nutzfläche von 1.250 Quadratmetern und einem an der östlichen Stirnseite vorgelagerten Backsteinbau für Arbeitsräume und einem Bad für die Hafenarbeiter hatten Stürzenacker und Strieder gemeinsam konzipiert. Ein elektrischer Portalkran und ein schwimmender Dampfkran erleichterten den Arbeitern die Abfertigung der ausschließlich zollfreien Güter. Da seit 1906 erneut Engpässe bei der Lagerung von Stückgütern bestanden, wurde der Fachwerkbau 1908 um 42 Meter nach Westen verlängert, was eine zusätzliche Lagerfläche von 1.010 Quadratmetern erbrachte. Nun wurde auch der Westseite ein einfacher Bürotrakt vorgelagert, in dem die Gesellschaft für Brauerei, Spiritus- und Presshefefabrikation vorm. Sinner, die im benachbarten Getreidelagerhaus den Großteil des Silospeichers gemietet hatte, einen der Geschäftsräume übernahm.

1911/12 entstand westlich des Getreidelagerhauses aus rotem Pfinztäler Bruchstein die Werfthalle III mit einer Länge von 72 Metern und einer Breite von 23 Metern. Mit Keller-, Erd- und zwei Obergeschossen verfügte sie über eine Lagerfläche von rund 7.000 Quadratmetern, vorwiegend für Zollgüter. Die langgestreckte Halle mit Mansardgiebeldach schloss im Osten mit einem ähnlich gestalteten Querbau von 23 Metern Länge ab, der die Verwaltung aufnahm. Der Hallenbau selbst war, wie bei der Werfthalle I, durch eine Brandmauer in eine West- (7 Fensterachsen) und Osthälfte (8 Fensterachsen) unterteilt und besaß an der wasser- und landseitigen Längsfront eine Verladerampe sowie an der Südseite zwei Waagen.

Im Zweiten Weltkrieg brannten die Werfthallen I und II fast vollständig aus. Während die Halle I 1946-1948 in veränderter Form wiederaufgebaut wurde, riss man den primitiven Fachwerkbau ab und errichtete stattdessen 1951 einen fünfgeschossigen Hallenbau mit rund 9.500 Quadratmetern Lagerfläche. Bei der Werfthalle III wurde im Krieg lediglich der Verwaltungstrakt zerstört, die zweigeteilte Lagerhalle dagegen konnte weiterhin genutzt werden. Beim Wiederaufbau 1950 wurde der Querbau formal in den Längsbau integriert. Seit 2000 stehen die beiden Werfthallen I und III und das Getreidelagerhaus als Sachgesamtheit unter Denkmalschutz.

Katja Förster 2016

Literatur

August Stürzenacker: Die Architektur der Hochbauten [des neuen Karlsruher Rheinhafens], in: Deutsche Bauzeitung, Jg. 36, Nr. 34, 26. April 1902, S. 215-218; Ulrike Schubart: Die Hochbauten des Karlsruher Rheinhafens von den Anfängen bis zum Zweiten Weltkrieg. Beispiele Karlsruher Industriearchitektur zwischen Historismus und Beginn der Moderne, in: Ernst Otto Bräunche (Hrsg.): Rheinhafen Karlsruhe 1901-2001, Karlsruhe 2001, S. 269-314, bes. S. 278-282 und S. 293-297 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Band 22).