Menü
Suche

Ochsentorstraße


Beginn der Ochsentorstraße an der Pfinztalstraße, 2018, Foto: Feitenhansl.
Ochsentorstraße Höhe Jägerstraße, links Nr. 17 (Restaurant "Pablos"), 2018, Foto: Feitenhansl.
Bierbrauerei Max Genter, Ochsentorstraße 18, 1928, Pfinzgaumuseum U I 661.
Gastwirtschaft Zum Pflug, Ochsentorstraße 24, 1943, Pfinzgaumuseum U I 1537.
Torwächterhaus am Ochsentor, 2000, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Erbacher 2992.

Ochsentorstraße

Die Straße verläuft als Haupterschließungsstraße des Endrisviertels in Durlach von der Pfinztalstraße im Süden zur Pfinzstraße nach Norden. Ihr Name bezieht sich auf das Ochsentor, welches in der früheren Stadtmauer das Ende der Straße darstellte. Als die staufische Kernstadt Ende des 14. Jahrhunderts im Nordosten um besagtes Endrisviertel erweitert wurde, hieß die Straße Große Rappengasse (vom Gasthaus Rappen), später Adlerstraße (vom Gasthaus Adler). Seit der Eingemeindung Durlachs nach Karlsruhe 1938 trägt sie ihren heutigen Namen. Sie ist mit einer langen Reihe traufständiger Modellhäuser aus der Zeit nach dem Stadtbrand 1689 bis ins 19. Jahrhundert bestanden und stellt einen Teil des rechtwinkligen Straßensystems der spätmittelalterlichen Stadterweiterung dar. Der Charakter einer dicht mit Handwerker- und Gasthäusern besetzten Straße ist noch heute nachvollziehbar.

Die Schmiede an der Ecke zur Königstraße wurde 1706 von dem Hufschmied Peter Geibel neu erbaut. Der zweigeschossige Walmdachbau in Spornlage besitzt im Obergeschoss eine Fachwerkwand mit Ziermotiven. Damit setzte sich der Erbauer über die Gestaltungsvorschriften der Modellbauverordnung hinweg, die ausschließlich verputzte Wände vorsahen. 1985 bis 2017 befand sich hier das Gasthaus Alte Schmiede (Nr. 4). Wenige Häuser weiter stand einst das Gasthaus Rappen, welches 1698 abbrannte. Das wiederaufgebaute Gebäude erwarb Markgraf Friedrich Magnus von Baden-Durlach (1647-1709), um dort 1699 das Durlacher Pädagogium einzurichten. Nach dem Wegzug des Gymnasium Illustre in die neue Residenzstadt Karlsruhe 1724 unter Markgraf Karl Wilhelm (1679-1738) verblieb das Pädagogium als reduziertes Gymnasium in Durlach. 1781 wurde es in die damalige Hauptstraße (heute Pfinztalstraße) verlegt (Nr. 9).

Zwei langgestreckte, zweigeschossige Modellhäuser mit rundbogigen Torfahrten prägen die Ostseite der Straße im zentralen Bereich, wo sie sich platzartig aufweitet. Ihre Größe weist jeweils auf die Sondernutzung als Gasthaus bzw. auf die gehobene Stellung der Erbauer. Das Gasthaus Zum Genter wurde 1711 zunächst als Wohnhaus des Kammerrats Kaufmann errichtet, bevor 1835 eine Bierwirtschaft, 1888 die Brauerei Genter einzog. Ab 1922 gab es Bier der Dortmunder Union-Brauerei und der Brauerei Beckh aus Pforzheim. Die Hofseite weist freiliegendes Fachwerk mit einem bemerkenswerten Laubengang auf (Nr. 18). An der Ecke zur Jägerstraße dominiert das neunachsige Gasthaus Zum Pflug die Szenerie. Es wurde kurz nach 1700 errichtet, der Keller des Nebengebäudes in der Jägerstraße stammt noch von 1661. Die Wirtschaft wurde 1723 von Johann Georg Hager im Obergeschoss des Hauptgebäudes eingerichtet, dort, wo heute noch das schmiedeeiserne Wirtshausschild hängt. Im 19. Jahrhundert zog die Wirtschaft in das Erdgeschoss (Nr. 24).

Ebenfalls im Bereich der Jägerstraße setzen zwei einander gegenüberstehende Bauten mit Fachwerk eigene Akzente, das Eckhaus zur Jägerstraße (Jägerstraße 60) und das heutige Gasthaus Pablos (Ochsentorstraße Nr. 17). Dessen Straßenfassade wird im Obergeschoss durch freiliegendes Fachwerk mit Zierformen in den Brüstungsfeldern hervorgehoben, womit wie beim Gasthaus „Alte Schmiede“ (Nr. 4) die damalige Gestaltungsverordnung über verputzte Wände bewusst ignoriert wurde. Es wurde 1706 ebenfalls von einem Hufschmied erbaut (Wendel Goldschmid) und blieb bis mindestens 1842 im Besitz der Familie. Erst seit 1983 wird es als Gasthaus genutzt (zunächst unter dem Namen Funzel, heute Pablos).

Im Bereich des früheren Ochsentors steht das zugehörige Wachhaus, welches vom Torwärter zugleich als Wohnhaus genutzt wurde (Nr. 32). Um 1800 erbaut, ersetzte es einen spätmittelalterlichen Vorgängerbau auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Das Tor selbst wurde 1571 neu errichtet. Ob es von einem Turm überbaut war wie die anderen Stadttore, oder nur aus einem schlichten Durchlass bestand, ist nicht bekannt. Erst der abermalige Neubau von 1753 stellte einen Turm dar. Er wurde 1845 zusammen mit dem Bienleinstor abgerissen (Nr. 28). Nördlich angrenzend wurden 1984 bei Straßenarbeiten zwei Brückenbögen über den Stadtgraben aus der Zeit vor dem Durlacher Stadtbrand 1689 entdeckt.

In der Ochsentorstraße stehen die Häuser Nummer 4, 5, 8, 9, 11, 17, 17a, 18, 19, 24, 26, 28 unter Denkmalschutz. Auch die ehemalige Brücke über den Stadtgraben, von der man nur noch den oberen Teil der Brückenbögen sehen kann, ist denkmalgeschützt.

Roland Feitenhansl 2018

Quelle

Datenbank der Kulturdenkmale https://web1.karlsruhe.de/db/kulturdenkmale/index.php?stadtteil=Durlach&vid=190 (Zugriff am 7. Mai 2020).

Literatur

Dieter Vestner: Durlach. Seine Geschichte, seine Straßen, seine Wirtschaften, seine Vereine, Karlsruhe-Durlach 1993; Susanne Asche/Ernst Otto Bräunche/Jochen Karl Mehldau: Straßennamen in Karlsruhe, Karlsruhe 1994 (= Karlsruher Beiträge Nr. 7); Susanne Asche/Olivia Hochstrasser: Durlach. Staufergründung - Fürstenresidenz - Bürgerstadt, Karlsruhe 1996 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 17), Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 19. Oktober 2022); Wolfgang Seidenspinner: Durlach, Karlsruhe 2003 (= Archäologischer Stadtkataster Bd. 24); Christian Edel: Durlach - Ein historischer Rundgang, Karlsruhe 2004; Lisa Brackmann/Anke Mührenberg: Gastwirtschaften in Durlach vom Mittelalter bis heute, Karlsruhe 2008 (= Begleitheft zur Ausstellung im Pfinzgaumuseum, 29.7.2008-25.1.2009).