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Jüdisches Spital


Jüdisches Spital

Bereits in den 1720er-Jahren entstand außerhalb der Stadt vor dem Mühlburger Tor das erste jüdische Spital. Noch der mittelalterlichen Tradition verhaftet, war es Herberge, Bettel-, Armen- und Krankenhaus für hiesige und fremde Juden zugleich. Als das Haus um 1739 abgerissen wurde, kamen diese bei Karlsruher Schutzjuden unter, was in der Stadt Stimmen nach der Wiedererrichtung eines jüdischen Spitals laut werden ließ. Daher wurde nach 1747 im ehemaligen Holzmesser-Häuschen vor dem Rüppurrer Tor wieder ein jüdisches Spital eingerichtet.

Die äußerst beschränkten Raumverhältnisse veranlassten die jüdische Gemeinde 1805, einen Spitalneubau in Angriff zu nehmen. Die Verhandlungen mit der Stadt zogen sich bis 1833 hin und dokumentieren für das 19. Jahrhundert ein geändertes Verständnis von Spital. Das Stadtbauamt unterschied bei seinen Einwänden deutlich zwischen Spital und Bettel- bzw. Armenhaus. Gegen einen Spitalbau im Sinne von Krankenanstalt beim Rüppurrer Tor hatte es nichts einzuwenden, ein jüdisches Bettel- und Armenhaus dagegen musste abseits, auf dem Lohfeld (heute Kapellenstraße) errichtet werden.

Im März 1833 wurde der Bauplan für das Israelitische Spital endgültig bewilligt. 1834 war das nach Plänen des Weinbrenner-Schülers Johann Christoph Hellner errichtete Spitalgebäude am südlichen Ende der Kronenstraße fertig gestellt. Gegen die von der Stadt zugeteilte Adresse Durlacher-Thor-Straße 115 legte die Gemeinde erfolgreich Einspruch ein; ab etwa 1837 wurde das Spital der Kronenstraße zugerechnet, in der sich auch die Synagoge und das Gemeindehaus der Israeliten befanden.

Das zweigeschossige klassizistische Gebäude mit Satteldach verfügte über mehrere unterschiedlich große Krankenzimmer, die jährlich mit circa 30-40 Kranken belegt waren. Mit seiner Eröffnung waren auch neue Statuten für Verwaltung und Organisation erlassen worden. Die Verwaltung oblag einer Kommission, welche dem Synagogenrat unterstand. Verköstigt und betreut wurden die Kranken von einem Spitalvater, der im Haus wohnte. Die medizinische Behandlung der Patienten übernahm ein Arzt aus dem nahe gelegenen Bürgerspital am Spitalplatz (heute Lidellplatz), wie es auch schon in der Vorgängereinrichtung gehandhabt worden war. Finanziert wurde das Spital durch Zuschüsse aus der jüdischen Gemeindekasse sowie jährliche Beitragszahlungen der jüdischen Gemeindemitglieder, die auch für ihre Dienstboten beitragspflichtig waren.

In der Rubrik "Krankenhäuser" wird das Israelitische Krankenhaus im Karlsruher Adressbuch von 1925 zum letzten Mal angeführt. In der Folgezeit wurde das Haus an jüdische Gemeindemitglieder vermietet, darunter auch an die Familie Niedermann des Holocaust-Überlebenden und Zeitzeugen Paul Niedermann. Ende der 1930er-Jahre diente das Haus vorübergehend als jüdisches Altersheim. Nach Kriegsende bis zur Wiederherstellung der Geschäftsstelle des Oberrats der Israeliten Badens in der Kriegsstraße 154 im Jahre 1949 war dessen Büro darin untergebracht. 1953 verkaufte die jüdische Gemeinde das ehemalige Spitalgebäude in der Kronenstraße 62 an das Land Baden-Württemberg, das darin das dritte Polizeirevier, Polizeiinspektion Ost, einrichtete. Im Zuge der Altstadtsanierung musste es dem Straßendurchbruch der Fritz-Erler-Straße weichen. Lediglich der kleine, mit Bäumen und Rundbänken gestaltete Platz vor der Heinrich-Hübsch-Schule in der Fritz-Erler-Straße 16 erinnert noch heute an den Standort des einstigen Spitals.

Katja Förster 2015

Quellen

GLA 206/255, 206/2201, 206/2213, 236/5311, 357/2583.

Literatur

Marie Salaba: Das jüdische Bettelhaus und das Hospital, in: Juden in Karlsruhe. Beiträge zu ihrer Geschichte bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung, hrsg. von Ernst Otto Bräunche/Manfred Koch/Heinz Schmitt, Karlsruhe 1988, S. 296-300 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 8), Buch zum Download (PDF) (Zugriff am 30. September 2022); Peter Pretsch: Das jüdische Altersheim und Hospital, in: Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge 2008-2013, Bd. 5, Karlsruhe 2013, S. 298 f.