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Friedrich Weinbrenner


Friedrich Weinbrenner, undatierte Lithographie, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS III 1694.

Friedrich Weinbrenner

Architekt, * 24. November 1766 Karlsruhe, † 1. März 1826 Karlsruhe, ev., ∞ 1798 Margarete Arnold, 2 Töchter, 1 Sohn.

Weinbrenner machte erste Berufserfahrungen als Architekt im väterlichen Zimmereibetrieb. Nachdem er sich 1787-1789 in der Schweiz aufgehalten und nach Karlsruhe zurückgekehrt war, studierte er 1790-1792 in Wien, Dresden und Berlin Architektur. Ein Italienaufenthalt 1792-1797 unter anderem mit archäologischen Studien in Rom, Neapel und Paestum vollendete seine weitgehend autodidaktische Ausbildung. Nach seiner Rückkehr arbeitete Weinbrenner in Karlsruhe, Straßburg und Hannover. Ab August 1800 wieder in Karlsruhe folgte er 1801 Wilhelm Jeremias Müller als Baudirektor und höchster Baubeamter Badens.

Die Aufgabe von Weinbrenner bestand hauptsächlich im Ausbau von Karlsruhe zur Residenz eines deutschen Mittelstaates, der in der Folge des Bündnisses Badens mit Napoleon entstand. Stadterweiterung, Behördenbauten, Kirchen und Wohnhäuser mussten geplant und realisiert werden. Dazu bildete Weinbrenner in seinem seit 1807 vom Großherzog geförderten „Bau-Bureau“ die nötigen Fachkräfte aus und wirkte so Schule bildend für die badische Architektur der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1832 wurden das „Bau-Bureau“ und das „Ingenieur-Bureau“ von Johann Gottfried Tulla in die Polytechnische Schule integriert.

Der Residenzstadt Karlsruhe gab Weinbrenner das klassizistische städtebauliche Gepräge, das im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört und danach im Zentrum mit den Fassaden rekonstruiert wurde. Weinbrenner stellte dem feudalen Bereich mit dem Schloss und dem Schlossplatz ein bürgerliches Zentrum mit den Bauten am Marktplatz und an der Karl-Friedrich-Straße gegenüber. Die Mittelachse der Karl-Friedrich-Straße gestaltete er als via triumphalis mit Platzanlagen, die sich in ihrer Größe und Gestalt in Richtung Schloss hin entwickeln: Ettlinger-Tor-, Rondell-, Markt- und Schlossplatz. Weinbrenner entwarf auch größtenteils die Bebauung der Plätze und der sie verbindenden Straßen. Dazu gehörten das Ettlinger Tor (1803), das Markgräfliche Palais (1803-1813), das Rathaus (1805-1808, 1821-1825), die evangelische Stadtkirche (1807-1816) mit seitlich flankierenden Gebäuden (1803-1805, 1823/24) und vierstöckige Wohn- und Geschäftshäuser am Marktplatz (1802-1812). Für die Plätze entwarf Weinbrenner Brunnen und Denkmäler: Pyramide (1822), Marktbrunnen (Großherzog-Ludwig-Denkmal) und Großherzog-Karl-Denkmal (1832). Darüber hinaus baute Weinbrenner weitere bedeutende Gebäude in der Residenzstadt: Synagoge (1798), Hoftheater (1807/08), katholische Stadtkirche St. Stephan (1808-1814), Ständehaus (1820-1822, vollendet von Friedrich Arnold), Münze (1826/27).

Den Bau von Wohnhäusern wollte Weinbrenner zur Steigerung der stadträumlichen Wirkung durch die Vorgabe von Modellhäusern, in den Randlagen ein- bis dreistöckig, im Zentrum fünfstöckig, systematisieren. Um der unterschiedlichen Bebauung der Langen Straße (Kaiserstraße) ein einheitliches Gesicht zu geben, schlug Weinbrenner vergeblich vor, die Häuser auf gleiche Höhe zu bringen. Den Fassaden sollte ein durchlaufender Arkadengang vorgeblendet werden. Weinbrenner wirkte darüber hinaus in vielfältiger Weise im ganzen Großherzogtum Baden.

Neben seinen Bauten erinnern in Karlsruhe an ihn: Weinbrennerstraße (1897), Weinbrennerplatz (1955) und Weinbrennerschule (2007). 2010 wurde zudem eine Weinbrennergesellschaft gegründet und die Stadt verleiht mit anderen Institutionen die Weinbrennerplakette.

Arthur Mehlstäubler 2012

Werk

Denkwürdigkeiten, Karlsruhe 1958; Architectonisches Lehrbuch, 3 Teile, Tübingen/Karlsruhe 1810–1825.

Literatur

Arthur Valdenaire: Friedrich Weinbrenner: Sein Leben und seine Bauten, 4. Aufl., Karlsruhe 1984; Gottfried Leiber: Friedrich Weinbrenners städtebauliches Schaffen für Karlsruhe, 2 Bde., Karlsruhe 1999/Mainz 2002; Hea-Jee Im: Karlsruher Bürgerhäuser zur Zeit Friedrich Weinbrenners, Mainz 2004 172 (= Friedrich Weinbrenner und seine Schule, Band 4); Ulrich Maximilian Schumann: Friedrich Weinbrenner: Klassizismus und "praktische Ästhetik", Berlin 2010; Ders.: Friedrich Weinbrenners Weg nach Rom. Bauten, Bilder und Begegnungen, Karlsruhe 2008 (= Schriften des Museums für Literatur am Oberrhein Bd. 3 und Häuser- und Baugeschichte. Schriftenreihe des Stadtarchivs Karlsruhe Bd. 7).