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Gasthaus zum Rappen


Eckgebäude Kaiserstraße 95 mit wechselvoller Geschichte, kurz vor dem Abriss im Juni 1973, Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A25/154/4/40.

Gasthaus zum Rappen

Das Gasthaus zum Rappen war wohl schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als einstöckiges Fachwerkgebäude mit Mansardendach an der Ecke der Kronenstraße zur Langen Straße (heute Kaiserstraße) errichtet worden. 1752 verlängerte man jedenfalls die Konzession für seinen Wirt Heinrich Klett, da dieser sonst kein anderes Auskommen hatte. Außerdem hielt man damals das Gebäude als Wirtshaus für geeignet, da es mit zehn Gastbetten, Stallungen für 24 Pferde und zwei Kellern für 20 Fuder Wein und einer ausreichenden Anzahl an Räumlichkeiten ausgestattet war. Nach Kletts Tod 1761 ließ sein Schwager Peter Thein dieses Gasthaus abreißen und errichtete ein zweistöckiges Gebäude aus Stein nach der neuen, nun geltenden Bauordnung.

Nur vier Jahre später kam dieses in den Besitz der Gastwirtsfamilie Dollmätsch, die auch die Schildgerechtigkeit auf den Rappen erhielt. Der letzte Wirt des Rappens aus dieser Familie war Joseph Bernhard Dollmätsch, der 1812 Bürgermeister und 1816 Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe wurde und das Gasthaus nach 1818 verpachtete. Auf einer zeitgenössischen Lithographie im Besitz des Stadtarchivs, die die Häuserzeile um das benachbarte Hotel-Restaurant Goldener Ochse zeigt, ist am rechten Bildrand gerade noch die linke Seite des Rappens mit einer Laterne über dem Eingang zu sehen.

Von 1837 bis 1859 zunächst in Rheinischer Hof umbenannt, kam das Gasthaus nach 1860 in jüdischen Besitz. Der neue Wirt Jeremias Reutlinger taufte es wiederum nach seinem ursprünglich im Zirkel geführten Wirtshaus in Nassauer Hof um und bot dort koschere Küche an. Der neue Standort des Nassauer Hofs war dort ideal, befand sich doch die Synagoge direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite, Nach 1871 führte sein Schwiegersohn Bernhard Sinauer, der aus Grötzingen stammte, das Wirtshaus weiter und errichtete einige Jahre später an seiner Stelle ein neues dreistöckiges Backsteingebäude mit einem hohen Dachgeschoss im Gründerzeitstil, das sich auch für einen Hotelbetrieb eignete. Bis 1896 wurde der Nassauer Hof dort betrieben. Danach zog er zunächst in die Zähringerstraße und 1908 in das Gebäude Kriegsstraße 88 um, an dem eine Gedenktafel und Stolpersteine an das Schicksal der Karlsruher Juden im Nationalsozialismus erinnern, die sich damals dort aufgehalten hatten. 1938 wurde der Nassauer Hof in der so genannten Reichpogromnacht von SA und SS verwüstet. Zu dieser Zeit wohnten hier fast ausschließlich jüdische Gäste, die auf ihre Papiere für die Auswanderung warteten.

In der späten Kaiserzeit betrieb die Brauerei Riegeler im Eckgebäude Kaiserstraße/Kronenstraße die Gaststätte Meyerhof, die später zum ehemaligen Goldenen Ochsen wanderte. In den 1920er- und 1930er-Jahren verkaufte das Bekleidungsgeschäft Schneyer im ehemaligen Meyerhof sein Sortiment. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog wieder Gastronomie in das Gebäude ein, die aber eher zum Nachtleben im angrenzenden Dörfle gerechnet werden kann, denn die Häuserzeile in diesem Bereich der Kaiserstraße gehörte zum Gebiet der Altstadtsanierung und sollte über kurz oder lang abgerissen werden, was dann 1974 auch tatsächlich geschah. Vorher sorgte aber eine Filiale des Hamburger Star-Clubs, die in den 1960er-Jahren ins Gebäude einzog, noch einmal für Furore, die mit dem Auftritt bekannter Beatbands vor allem bei einem jugendlichen Publikum für Begeisterung sorgte. Heute befindet sich an seinem ehemaligen Standort immerhin wieder ein Café in dem dort 1991 errichteten Neubau am Kronenplatz.

Peter Pretsch 2023

Quellen

Generallandesarchiv Karlsruhe 206/3295, 422/444.

Literatur

Benedikt Schwarz: Alt-Karlsruher Wirtschaften, in: Die Pyramide, Beilage zum Karlsruher Tagblatt vom 10. Januar. 1926, S. 8, https://digital.blb-karlsruhe.de/blbz/periodical/pageview/2450780 (Zugriff am 20. September 2023); Hea-Jee Im: Karlsruher Bürgerhäuser zur Zeit Friedrich Weinbrenners, Mainz 2004, S. 236 (= Friedrich Weinbrenner und die Weinbrennerschule Bd. 4); Stefan Kirstetter: Der Karlsruher Star-Club in der Kaiserstraße 95, in: Blick in die Geschichte Nr. 121 vom 14. Dezember 2018, https://stadtgeschichte.karlsruhe.de/stadtarchiv/blick-in-die-geschichte/ausgaben/blick-121/star-club (Zugriff am 29. Juli 2023).